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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Maria Koldau
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24. Dezember 1854 auf seinen Reisfeldern oberhalb des Dorfes Hiro (heute Hirogawa). Nach dem Beben konnte er sehen, wie sich ein gewaltiger Tsunami der Küste näherte – gleichzeitig beobachtete er voll Entsetzen, wie die Menschen seines Dorfes zum Strand liefen, fasziniert vom plötzlichen Rückgang des Wassers. Um sie zu warnen, setzte er auf seinen Feldern die hohen Garben aus Reisstroh in Brand. Die Dorfbewohner sahen das Feuer auf dem Hügel und liefen hinauf, um eine Feuersbrunst von ihrem Dorf abzuwenden – auf diese Weise entkamen sie dem Tsunami. Über Generationen erzählte man sich in Japan diese Geschichte vom rechtschaffenen Handeln des Goryo Hamaguchi; durch den Schriftsteller Lafcadio Hearn wurde sie auch im Westen bekannt. Noch 2004 berichteten ältere Japaner, dass sie wegen der Geschichte von den Reisfeldern, die sie einst in der Schule gelesen hatten, sofort wussten, was sich da ankündigte, als am 26. Dezember das Wasser an der thailändischen Küste plötzlich weit zurückging.
    Auch die Vulkane Japans haben heftige Tsunamis ausgelöst. 1741 brach der Vulkan auf der Halbinsel Oshima im Westen der Nordhauptinsel Hokkaido aus. Ein Teil des Hangs rutschteins Meer, und dies löste einen Tsunami aus. Der gleiche Vorgang ereignete sich am 21. Mai 1792 am Unzen-Vulkan auf der Insel Kyūshū im Südwesten Japans. Der Unzen, bis heute Japans gefährlichster Vulkan, ist ein ganzer Komplex aus mehreren Gipfeln und Kratern. Ende 1791 kündigten mehrere Erdbeben eine neuerliche Aktivität des Vulkans an, im Februar brach der Fugen-dake aus, einer der Vulkangipfel des Unzen-Komplexes. Monatelang floss Lava die Hänge herab, während sich die Erdbeben fortsetzten. Am 21. Mai brach dann mit einem Mal die gesamte Ostflanke des Mayuyama-Gipfels ab und rutschte mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern durch die Stadt Shimibara hindurch in die Ariake-See, ein langgezogenes Binnenmeer an der Westseite der Insel Kyūshū. Der Tsunami, der dadurch entstand, erreichte auf der gegenüberliegenden Seite der Ariake-See eine Wellenhöhe von 57 Metern. Dann schwappte er zurück und traf die bereits schwer zerstörte Stadt Shimibara. Rund 15.000 Menschen starben – ein Drittel durch die Hangrutschung, ein Drittel durch den Megatsunami auf der anderen Seite der Ariake-See in der Provinz Higo, ein Drittel, als der Tsunami zurück auf Shimibara traf.
    Am schwersten aber wird in Japan immer wieder die Sanriku-Küste im Nordosten der Hauptinsel Honshū von Tsunamis getroffen. Dies liegt nicht nur an der Subduktionszone, die sich östlich der Küste entlangzieht, sondern auch an den zahllosen Buchten, die durch Resonanz und Brechung die Höhe und Kraft von Tsunamiwellen vergrößern. Das schwerste Sanriku-Erdbeben mit Tsunami ist auch das jüngste und folgenschwerste in der japanischen Geschichte: das Tōhoku-Erdbeben mit Tsunami am 11. März 2011. Geowissenschaftler haben jedoch Spuren von ähnlich verheerenden Katastrophen in den letzten drei Jahrtausenden gefunden.
    Einer der frühesten dokumentierten japanischen Tsunamis folgte auf das Jōgan-Erdbeben am 9. Juli 869. Es gehörte zu den stärksten Erdbeben in der Geschichte Japans. Die Verwerfung, die am Meeresboden in nur 1 Kilometer Tiefe mit einer Breite von bis zu 100 Kilometern und über 200 Kilometern Länge entstand,löste einen Tsunami aus, der vermutlich eine Höhe von 8 Metern erreichte. Die Chronik
Nihon Sandai Jitsuroku
aus dem Jahr 901 bietet eine Beschreibung, wie der Tsunami das Land überflutet:
    Am 26. Tag des 5. Monats [9. Juli 869] ereignete sich in der Provinz Mutsu ein starkes Erdbeben mit seltsamen Lichterscheinungen am Himmel. Menschen schrien und weinten, sie lagen auf dem Boden und konnten sich nicht erheben. Einige wurden von zusammenstürzenden Häusern getötet, andere von Erdrutschen. […] Dann begann das Meer zu tosen wie Donner. Die Wasseroberfläche erhob sich plötzlich, und große Wellen griffen das Land an. Sie wüteten wie ein Albtraum und erreichten sofort die Burgstadt [Tagajō]. Die Wellen fluteten Tausende von Metern ins Land, und man konnte nicht sehen, wie groß die verwüstete Fläche war. Die Felder und Straßen sanken gänzlich ins Meer. Ungefähr eintausend Menschen ertranken in den Fluten, denn es gelang ihnen nicht, vom Strand weg und auf die Hügel zu fliehen.
    750 Jahre später, am 2. Dezember 1611, erschütterte erneut ein Erdbeben die Region an der Sanriku-Küste. Das

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