Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Keichō-Sanriku-Erdbeben gilt als Tsunami-Erdbeben, da es bei moderater Stärke einen großen Tsunami mit einer maximalen Auflaufhöhe von 20 Metern auslöste. Im offiziellen Bericht über dieses Beben, niedergeschrieben im Jahr 1612, wird der Begriff
tsunami
vermutlich zum ersten Mal in der japanischen Geschichtsschreibung benutzt.
Ein weiteres Tsunami-Erdbeben war das Meiji-Sanriku-Erdbeben vom 15. Juni 1896. Über 22.000 Menschen fielen dem folgenden Tsunami zum Opfer. Viele Familien waren in der Abendstunde zu Hause versammelt, um gemeinsam einen Feiertag der Shinto-Religion zu begehen. Sie maßen den geringen Erschütterungen wenig Bedeutung bei, zumal es in den vergangenen Monaten immer wieder leichte Beben gegeben hatte. Niemand ahnte, dass dieses Beben einen der verheerendsten Tsunamis in der japanischen Geschichte ausgelöst hatte. Eine halbe Stunde nach dem Beben traf die erste Welle auf die Küste auf, wenige Minuten darauf die zweite, mit Höhen bis zu38 Metern. Ungewöhnlich viele Tote wurden mit zerschmetterten Gliedern und Schädeln gefunden; ein Zeugnis für die Wucht des Tsunamis. Die meisten Fischer dagegen befanden sich abends auf der See. Sie spürten auf dem offenen Meer nichts von dem Tsunami und kehrten am nächsten Morgen ahnungslos heim in eine Szenerie des Schreckens.
Keine vierzig Jahre später kam es erneut zu einer Katastrophe an der Sanriku-Küste. Am 2. März 1933 erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 8,4 die Region Tōhoku. Der Tsunami, der kurz darauf die Küste traf, zerstörte 7000 Häuser und forderte 3000 Menschenleben. Erstmals wurde die völlige Verwüstung, die ein Tsunami in Japan angerichtet hatte, auf Film gebannt.
Die größte Katastrophe an der Sanriku-Küste aber war das Tōhoku-Erdbeben mit Tsunami am 11. März 2011. Von Seismologen wurde zwar längst wieder ein besonders starkes Erdbeben in dieser Region erwartet – dass es jedoch die Magnitude 9,0 überschreiten und damit zum stärksten Erdbeben in der Geschichte Japans werden würde, hatte niemand geahnt. Das Epizentrum lag ca. 70 Kilometer östlich der Oshika-Halbinsel in der Region Tōhoku, in einer Tiefe von 32 Kilometern; die Bruchlinie zog sich über eine Länge von 400 Kilometern hin. Die Tsunamiwelle, die das Beben mit Plattenbewegungen von bis zu 7 Metern in der Vertikalen auslöste, erreichte eine maximale Auflaufhöhe von 38 bis 40 Metern und strömte in der Region um Sendai bis zu 10 Kilometer weit ins Land.
Angesichts der globalen Bedrohung, die die Zerstörung des Kernkraftwerks Fukushima mit der Kernschmelze dreier Reaktoren bedeutete, ist zumindest außerhalb von Japan der Tsunami in den Hintergrund gerückt. Das Gebiet um Fukushima aber wird auf viele Jahrzehnte unbewohnbar sein; zahllose Familien sind bis in die folgenden Generationen von diesem dreifachen Desaster Erdbeben–Tsunami–Nuklearkatastrophe betroffen. Die Region Tōhoku ist bis heute eine Trümmerwüste, die Überlebenden sind auf Jahre traumatisiert.
Einzelbilder gingen um die Welt: eine Frau, die in den Trümmern hockt, nach Glasfläschchen und Lippenstiften wühlt – hierstand einmal ihr Kosmetikgeschäft. Ihr Mann wurde vom Tsunami in den Tod gerissen, der Sohn ist verschollen. Oder ein alter Mann, der unter zersplitterten Balken ein Fotoalbum hervorzieht. Es hat die Flut überstanden und ist die einzige Erinnerung, die ihm von seiner Familie bleibt. Junge Eltern, die mit Baggern den meterdicken Schlamm durchwühlen – ein Jahr nach der Katastrophe suchen sie noch immer nach ihren Kindern. Vier Kilometer im Landesinnern liegt die Grundschule in Ishinomaki, die bis auf die nackten Mauern zerstört wurde. Direkt neben dem Pausenhof erhebt sich ein steiler Hügel, den Kindern war er vom Botanikunterricht, vom Sport und von kleinen Ausflügen vertraut. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich hier nach dem Beben in Sicherheit zu bringen; doch aus unerklärlichen Gründen ließen die dreizehn Lehrer die Kinder am Nachmittag des 11. März im Schulhof warten – bis der Tsunami kam. 74 von 108 Grundschulkindern starben an diesem Tag. Einige Eltern graben bis heute auf dem Schulgelände, um wenigstens die Leiche ihres Kindes zu finden.
Der Tōhoku-Tsunami von 2011: Die schwarzen Wassermassen treffen mit unvorstellbarer Gewalt aufs Land.
Kein Tsunami ist so viel und so ausführlich gefilmt worden wie der Tōhoku-Tsunami. Die Bilder haben sich unauslöschlich eingeprägt: eine unheilvolle schwarze Masse, die sich
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