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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Schein eines Kohlefeuers sah Nigoel den genauen Plan einer Riesenstadt.
    »Das ist die ›Stadt der Mitte‹!« sagte er überwältigt. Der Chan nickte heftig, »Werdet ihr mir helfen?«
    Stille ...
    Draußen ritt der Ausrufer vorbei und sang mit eintöniger Stimme etwas herunter. Der Blick des Chan ließ keinen Zweifel an der Gefährlichkeit der Szene. Nigoel betrachtete sinnend die Mauern, die Größe der Stadt. Konnte diese rätselhafte Stadt berannt werden?
    »Ich weiß es nicht, Fürst«, sagte Nigoel. »Ich muß erst mit meinen Männern beraten.«
    »Wieviel Krieger brauchst du?«
    »Wieviel hast du?«
    »Hunderttausend oder das Doppelte!«
    »So viele?«
    »Wenn es nötig sein sollte, rufe ich meine vier Heere zusammen. Das sind vierhunderttausend Mann, die euch helfen werden. Sie sind in weniger als sechs Tagen hier. Und das ist keine Lüge!«
    Nigoel Imar war voller Fragen. Er stand langsam von seinem Sitzkissen auf.
    »Ich werde mit meinen Männern beraten.«
    »Tue das, und sprich gut mit ihnen. Überlege, was du ihnen sagst. Dann komme zurück und unterbreite mir deinen Plan. Reicher Lohn ist dir zugesichert.«
    Der Chan machte ein Zeichen, und zwei Krieger geleiteten Nigoel hinaus.
    Lähmende Müdigkeit überfiel Nigoel, als er zu seinem Zelt zurückkehrte. Seine Leute umringten ihn mit Fragen, aber wie ein halb Schlafender winkte Nigoel ab. »Morgen, bei Sonnenaufgang!« versprach er. Gräßliche Bilder einer wütenden Schlacht zogen durch seinen Traum.
    Das winzige Feuer in der Mitte des roten Zeltes flackerte auf, als die fürstliche Wache eine Gestalt hineinbrachte und neben dem Lager zu Boden stieß. Imar wurde ruckhaft wach und hatte das Schwert in der Hand, als er fragte:
    »Wer ist da?«
    »Ein Geschenk des Großen Chans«, sagte die Wache und verließ das Zelt. Um seine Verlegenheit zu überbrücken, warf Nigoel einige der schwarzen Steine ins Feuer, die hier als Brennmaterial verwendet wurden. Er benutzte Chongalisch, als er sagte:
    »Wie heißt du, Mädchen?« Er beugte sich nieder und hob die Sklavin auf. Sie war leicht, schwarzhaarig und hatte wunderschöne Mandelaugen.
    »Sinam«, sagte sie mit heller Stimme.
    Der Chan machte ausgesprochen stilvolle Geschenke, dachte Nigoel. Er steckte sein Schwert wieder neben den Kopfteil des Lagers und setzte sich neben Sinam auf die Bettkante.
    »Ich bin Nigoel Imar, ein Ritter aus den Westländern«, sagte er und blickte das leichtbekleidete Mädchen an. Zitternd, denn die Luft im Zelt war kalt, hockte sie da. Imar griff nach seinem weiten, weißen Mantel und legte ihn dem Mädchen um. Sie lächelte ihn an.
    »Ich habe von euch Riesen gehört«, sagte sie. »Mein Vater erzählte mir davon.«
    »Dein Vater – wer ist er?« fragte Nigoel.
    Das Mädchen schwieg. Dann weinte sie.
    »Ich bin die Tochter des Herrschers über die ›Stadt der Mitte‹. Ich wurde gefangengenommen, als meine Brüder und ich auf der Jagd waren. Die Chongalen machten alles nieder, außer mir. Der Chan ahnt nicht, daß ich die Tochter des Herrschers bin. Ich werde es ihm auch nicht sagen.«
    Nigoel starrte das Mädchen fassungslos an. Wirre Gedanken schossen durch seinen Kopf. Das war unmöglich! Und er sollte die »Stadt der Mitte« berennen und schleifen ...
    »Ich hoffe«, sagte er langsam und nachdenklich, »daß du schweigen kannst, besonders dann, wenn es nicht nur um deinen Kopf geht.«
    Sinam nickte ernst.
    »Meine Männer und ich sollen deine Heimatstadt mit Hilfe der Truppen des Chans überfallen und erobern. Noch binnen der nächsten drei Monate.«
    »Das darf nicht wahr sein«, stammelte Sinam.
    »Doch, so ist es«, sagte Nigoel.
    »Du mußt meinen Vater warnen«, flüsterte das Mädchen eindringlich. Nigoel lachte kurz und verzweifelt auf. Dann sah er düster in die Glut des kleinen Feuers.
    »Warnen! Wie stellst du dir das vor?«
    »Ich habe einen Plan ...« Atemlos lauschte der Ritter den Worten des Mädchens. Endlich nickte er.
    »So könnte es gehen«, murmelte er. »Ich muß es morgen meinen Männern sagen. Die Freude wird nicht gerade groß sein.«
    Die Punkte in seinen grauen Augen wechselten die Farbe. Wie ein Träumender spielte der Ritter mit seinem Dolch. Auf den Hügeln um das gigantische Lager heulten umherstreifende Wölfe. Das glimmende Feuer sah wie ein böses Auge auf das Geschehen im Zelt. Sinam saß da und hatte die Arme um den Hals des Ritters gelegt und weinte. Es war sehr still im Zelt. Wegen der Gefahr, in der die beiden Menschen schwebten,

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