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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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weiter. Der Mann schien härter als Stahl zu sein. Wie jemand, der eine große Aufgabe vollenden mußte, ehe andere Dinge ihn daran hinderten.
    In den Karten hatten sich die ersten Mängel bemerkbar gemacht. Die angegebenen Entfernungen stimmten nicht immer, und Abweichungen von einigen Tagesritten waren keine Seltenheit. Nigoel hörte hinter sich einen dumpfen Fall, ein Poltern, und hielt sein Pferd an. Ein Reiter lag unter seinem Pferd begraben. Bodur erlöste das Tier mit der Lanze von seinen Qualen.
    »Wieder ein Pferd weniger. Verteilt die Lasten«, sagte Nigoel und ritt weiter. Von rechts nahte eine kleine Staubwolke. In einem holprigen Galopp löste sich Ances aus dem Staub. Stumm schüttelte er den Kopf.
    »Kein Wasser!«
    Dann kam die Nacht. Die einhundertachtzigste Nacht seit dem Fest auf Venya. Die Ritter und fünf andere Männer führten je ein Buch mit sich; jeder Tag war darin von zehn verschiedenen Gesichtspunkten geschildert. Zeichnungen ergänzten die Berichte. Wenn nur eines dieser Bücher wieder in den Besitz Lavon Hercals zurückkam, war die Reise ein voller Erfolg gewesen. Die zehn Männer hüteten die Lederbände wie ihren Augapfel.
    Plötzlich sank die Sonne, und der riesige Mond nahm ihren Platz ein. Erschöpft fielen die Männer von den Tieren und schliefen auf der Stelle ein. Die gnadenlose Kälte der Hochsteppe peinigte die Männer, aber sie vergaßen wenigstens ihren Durst.
    Man konnte nicht einmal ein Feuer anmachen.
    Die Grassteppe hätte sofort zu brennen begonnen, und das wäre der sichere Tod gewesen. Noch ehe die Sonne aufging, weckte Pilok Nigoel.
    »Komm«, sagte er finster, »einer der Männer ist tot.«
    Der Mann lag in gekrümmter Haltung am Boden, sein Gesicht zeigte eine bläuliche Färbung. Die Hände hielt er gegen den Hals gepreßt.
    »Schlangenbiß«, sagte Pilok.
    »Bei der nächsten Rast muß das Gras um das Lager entfernt werden«, ordnete Nigoel an. Dann strahlte wieder die Sonne, und der Ritt wurde fortgesetzt.
    Mittag ...
    Immer noch kein Wasser. Die Reiter saßen ab und zogen die Tiere hinter sich her; sie waren zu schwach. Taumelnd wankten die achtunddreißig Mann weiter.
    Imar bemerkte als erster die Staubwand, die sich am Horizont erhob und auf sie zukam. Dann blieben auch die anderen Männer stehen und starrten aus roten Augen auf die seltsame Erscheinung. Dann sahen sie die Pferde. Erst einen weißen Hengst, der aus dem Staub auftauchte und vor den fremden Reitern nach rechts abschwenkte. Donnernd folgte ihm die Herde. Dann war der Spuk vorbei, und nur noch der Staub blieb in der Luft.
    »Wo es Wildpferde gibt«, sagte Ances, der sich zwischen Bodur und Nigoel geschoben hatte, »muß es auch Wasser geben.«
    »Richtig«, bemerkte Pilok. »Also in diese Richtung.«
    Mit neuer Kraft stolperten die Männer und ihre Tier weiter. Plötzlich hörten sie wilde Rufe hinter sich, und als sie sich umdrehten, sahen sie drei Reiter auf sich zukommen. Sie hatten sich aus der Staubwolke gelöst und ritten jetzt auf die Spitze des Zuges zu.
    »Also doch keine Wildpferde!« sagte Ances lächelnd. »Dachte ich es doch!«
    Die Fremden ritten näher und blieben einige Meter vor Nigoel und Bodur stehen. Sie sahen ähnlich aus wie der Kaufmann Turan Gay und waren mit weißem Staub bedeckt. Sie ritten ohne Sattel, und ihre einzige Waffe war der kleine Reiterbogen. Imar, der auf dem langen Weg bis zu dieser fremden Küste versuchte hatte, die Sprache dieses Landes zu erlernen, bat die Chongalen um Wasser.
    Einer der Reiter zog einen Pfeil aus dem Köcher, drehte sich um und schoß den Pfeil ab. Das Geschoß gab einen lauten Heulton von sich und verschwand. Ein Mittel zur schnellen Benachrichtigung?
    Nigoel hatte recht gehabt.
    Zwei andere Reiter kamen herbeigaloppiert und brachten zwei große Schläuche voll kühlen Wassers. Gierig stürzten sich die Männer auf die Schläuche. Während das Wasser weitergereicht wurde, standen die Chongalen da und betrachteten die für ihre Begriffe riesigen Westländer. Nigoel begann mit den Reitern ein Gespräch. Es zeigte sich, daß sie in unmittelbarer Nähe der Wasserstelle waren. Und in der Nähe des großen Sommerlagers des Chans. Die Pferdeherden gehörten zu diesem Lager. Den Rittern wurde angeboten, das Lager aufzusuchen.
    Nigoel dankte im Namen seiner Leute.
    Die Steppe wurde hügelig, Wälder lösten das Staubgras ab, saftige Weideflächen erschienen. Ein Reiter galoppierte davon, um sie anzumelden, und überall weideten Pferdeherden.

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