TTB 101: Die große Explosion
gekommen?«
»Weil wir wissen wollten, warum ihr euch plötzlich nach all den Jahren an uns erinnert.«
»Aus Gründen der hohen Politik.«
»Das sind doch nur zweideutige Redensarten«, fuhr Tor Hamarverd ihn an. »Soll ich Ihnen mal was sagen?«
»Na, was denn?«
»Wenn Terra der Ansicht ist, daß wir miteinander Handel treiben sollten – okay. Es gibt eine Menge Dinge, die wir gut gebrauchen können. Augenblicklich zum Beispiel wären wir daran interessiert, zehn Tonnen frisches Eidechsenfleisch gegen Waffen, Ersatzteile und Munition einzutauschen. Mögen Sie?«
»Nein.«
»Aber wenn Terra herkommen und Unruhe stiften will, könnt ihr abhauen und sonst was tun. Uns verschleppt ihr nicht wieder auf einen anderen Planeten. Hier sind wir, und hier bleiben wir, und wenn die Terraner eine große Lippe riskieren wollen, dann sollen sie nur kommen. Ihr habt unsere Ahnen nicht dazu bringen können, daß sie für euch einen Finger rühren, und uns kriegt ihr ebensowenig dazu.«
»Und wer hat Sie ermächtigt, für den ganzen Planeten zu sprechen?« fragte der Botschafter.
»Ich spreche für die Hamarverd-Burg; die anderen sollen für sich selber sprechen. Aber was die sagen werden, weiß ich jetzt schon.« Er machte eine verächtliche Geste. »Die Müllers und die Yantoffs sind geistig etwas zurückgeblieben, aber selbst die sind nicht so dumm, für die Terraner zu arbeiten.«
»Ist es euch nie in den Sinn gekommen«, fragte Grayder, »daß euer Planet eines Tages von Wesen erobert werden könnte, die uns Terranern nicht im entferntesten ähnlich sind?«
»Zum Beispiel?«
»Irgendeine fremde Lebensform, die auf Eroberung aus ist.«
»Zum Beispiel?«
»Das bleibt abzuwarten«, wich Grayder aus.
»Na, dann warten wir eben«, sagte Hamarverd.
»Dann könnte es zu spät sein.«
»Das ist unsere Sorge, nicht eure.«
Wieder einmal unterbrach Shelton. »Glaubt ihr, Terra sieht untätig zu, wie schwache, unterbevölkerte, von Menschen ihrer eigenen Rasse bewohnte Planeten einer nach dem anderen erobert werden?«
»Und wer sollte sie erobern?«
»Eine fremde Lebensform, wie der Captain ja schon sagte.«
»Er hat mir nichts gesagt, das des Hörens wert wäre«, erwiderte Hamarverd. »Er hat gesagt, daß irgendwelche Ungeheuer uns überfallen, wenn wir nicht aufpassen. Okay, wir wissen, wer diese Ungeheuer sind.«
»Die Terraner, nehme ich an«, erkundigte sich der Botschafter.
»Ganz recht, Fettsack.«
Zu den anderen gewandt, sagte der Botschafter: »Was der Kerl da sagt, kann die allgemeine Ansicht auf diesem Planeten wiedergeben oder auch nicht. Das festzustellen, indem wir zwanzigtausend oder mehr Festungen aufsuchen, haben wir keine Zeit. Das würde Jahre dauern.«
»Ich furchte, Sie haben die Lage erkannt, Exzellenz«, stimmte Grayder zu. »Es scheint, daß wir es hier mit einer ungeheuren Anzahl winziger, unabhängiger Völker zu tun haben, jedes nur wenige hundert Köpfe stark. Es gibt weder Einigkeit unter ihnen, noch eine zentrale Autorität. Jedes regiert für sich.«
»Uns gefällt das so«, warf Hamarverd ein. »Wir wollen es gar nicht anders. Am wenigsten aber so, wie es auf Terra ist.«
»Ihr wißt nichts, oder so gut wie nichts von Terra«, erklärte der Botschafter. »Ihr habt seit vierhundert Jahren nichts mehr von uns gehört. Die Dinge haben sich geändert.«
»Hier auch, Fettsack.«
»Aber nicht zum Besseren, wie ich sehe. Ihr habt einen faulen Kompromiß geschlossen zwischen dem alten Familien- und dem früheren Gangsystem. Das Resultat sind kleine Klans mit planlos zusammengewürfelten Stützpunkten, die ihre Jagdgründe haben – und weiter nichts. Keinen Komfort, keine Sicherheit, kein Fortschritt, keine Moral.«
»Und keine Steuern, keine Arbeit, keine staatliche Kontrolle«, fügte Hamarverd hinzu.
Der Botschafter tat dies mit einer verächtlichen Handbewegung ab. »Gebt dem Kerl sein Drillichzeug. Er braucht es. Und zweifellos wären auch ein paar Stück Seife angebracht.«
Mißtrauisch fragte Hamarverd: »Seife? Was ist das?«
»Ein Zeug, das den Geruch beseitigt.«
»Welchen Geruch?«
»Sie nehmen ihn natürlich nicht mehr wahr. Sie haben zu lange damit gelebt«, sagte der Botschafter. »Ich aber kann mir schon vorstellen, warum sich eure Frauen immer weitervertauschen lassen. Der Mensch gibt ja die Hoffnung nicht auf.«
Finster fragte Hamarverd: »Wollen Sie sich lustig machen über mich, Sie dickbäuchiger Frosch?«
»Das genügt!« fuhr Grayder scharf dazwischen.
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