TTB 106: Der dritte Planet
einigen Schwierigkeiten – schließlich war es Sonntag – fünfundzwanzig Pfund Reis, falls die Gäste nicht genug mitbringen sollten.
Als nächstes eilte er zu dem Haus seiner Braut und klingelte Sturm.
Mrs. O'Shea öffnete die Tür. »Wo ist Ihre Tochter?« fragte Frank.
»Sie können jetzt nicht zu ihr«, sagte Mrs. O'Shea.
»Ich muß aber«, forderte Frank. Er drängte sich an Mrs. O'Shea vorbei und rannte die Treppe hinauf.
Seine Braut saß nur mit einem Unterrock bekleidet auf ihrem Bett und putzte die Schuhe, die sie tragen wollte.
Sie sprang auf. »Was ist denn in dich gefahren?« rief sie.
»Gib mir einen von deinen Schuhen«, keuchte er. »Ich hätte beinahe nicht mehr daran gedacht. Alles wäre verloren gewesen, wenn ich es vergessen hätte!«
Er griff nach einem Schuh. Sie wich zurück.
»Verschwinde!« schrie sie ihn an und raffte ihren Morgenrock an sich.
»Gib mir einen Schuh!«
»Nein, das ist unmöglich!« widersprach sie. »Was soll ich denn sonst tragen? Galoschen?«
»Schon gut«, beruhigte er sie, wühlte in ihrem Kleiderschrank herum, bis er einen alten Schuh gefunden hatte.
»Der tut es auch«, meinte er und rannte hinaus.
Sie erinnerte sich an etwas und rief hinter ihm her. »Du hättest mich vor der Trauung nicht sehen dürfen, das bringt Unglück!«
»Ach was, das ist nur ein dummer Aberglaube!« gab er zurück, bevor er die Treppe hinunterlief.
In der Küche gab er den Schuh Mr. O'Shea, der mit seiner geliebten Pfeife vor einer Tasse Kaffee saß.
»Geben Sie ihn mir«, verlangte Frank.
»Wohin? Über den Kopf? Mit Vergnügen!« antwortete Mr. O'Shea.
Frank achtete nicht darauf. »Geben Sie mir den Schuh und sagen Sie dabei ›Hiermit übergebe ich die Autorität‹«, forderte er.
Mr. O'Shea riß verblüfft die Augen auf. Aber dann nahm er doch den Schuh entgegen und gab ihn gehorsam zurück.
»Hiermit übergebe ich die Autorität«, sagte er.
Dann fiel ihm etwas ein. »He, noch einen Augenblick!«
Aber Frank war bereits zur Tür hinausgerannt. Er raste die Treppe hinauf.
»Nein!« rief sie, als er wieder in ihr Zimmer kam. »Verschwinde gefälligst!«
Er schlug ihr den Schuh auf den Kopf. Sie heulte los. Er riß sie in die Arme und küßte sie leidenschaftlich.
»Mein geliebtes Weib«, sagte er und rannte hinaus.
Sie brach in Tränen aus. »Nein, ich heirate ihn doch nicht!« Sie warf die geputzten Schuhe an die Wand. »Und wenn er der letzte Mann auf der Welt wäre! Er ist zu scheußlich!«
Einige Minuten später hob sie die Schuhe auf und fuhr noch einmal mit der Bürste darüber.
Etwa zur selben Zeit war Frank bereits wieder in der Stadt und überzeugte sich davon, daß der Konditor die richtigen Zutaten bei der Herstellung der Hochzeitstorte verwendet hatte. Dann kaufte er einen bunten Papphut, den Fulvia tragen sollte, wenn sie vom Kirchenportal zum Wagen ging. Als nächstes suchte er einen Trödler auf, den er zufällig kannte, und erwarb dort sämtliche gebrauchten Schuhe, um damit die bösen Geister fernzuhalten.
Als die Trauung schließlich bevorstand, war er völlig erschöpft.
Er saß in der Sakristei, rang nach Atem und hakte die Liste ab, die er zusammengestellt hatte, um sicherzugehen, daß er nichts vergaß.
Die Orgel begann zu spielen. Und sie schritt am Arm ihres Vaters auf den Altar zu. Frank erwartete sie dort. Er atmete noch immer schwer.
Dann zog er die Augenbrauen in die Höhe, als er bemerkte, daß ein verspäteter Gast durch eine Seitentür in die Kirche schlüpfte.
»Oh, nein!« rief er aus und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Ich werde in einer Rauchwolke verschwinden!«
Aber nichts dergleichen geschah.
Als er die Augen wieder öffnete, stand seine Braut neben ihm und umklammerte seine Hand.
»Siehst du, Frank«, beruhigte sie ihn, »du bildest dir alles nur ein.«
Die Zeremonie fand statt. Und er war vor Überraschung und Schock und Verwirrung so gelähmt, daß er gar nicht mehr an Schuhe, Brautsträuße, Reis, Papphütchen und alles andere denken konnte.
Als sie endlich im Mietwagen zum Hotel fuhren, streichelte sie beruhigend seine Hand.
»Alles nur dummer Aberglaube«, gurrte sie. »Bist du jetzt endlich überzeugt, Liebling?«
»Aber ...«, begann Frank.
»Pst!« unterbrach sie ihn und gab ihm einen Kuß. »Du bist doch mit dem Leben davongekommen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Frank, »aber ich begreife es einfach nicht.«
Vor der Tür ihres Hotelzimmers sah Frank sie an. Sie sah ihn an. Der Page wandte sich
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