TTB 106: Der dritte Planet
taktvoll ab.
Schließlich brach sie das entstandene Schweigen. »Du mußt mich über die Schwelle tragen, Liebster.«
Er lächelte gequält.
»Ich würde mir komisch vorkommen«, sagte er.
»Bitte, tu es für mich«, bat sie. »Darf ich nicht wenigstens einen kleinen Aberglauben haben?«
Er lächelte zustimmend. »Ja«, gab er zu und beugte sich nieder, um sie auf die Arme zu nehmen.
Er schaffte es nicht. Sie wog wirklich zuviel für ihre Größe.
»Herzschlag«, stellte der Arzt fest.
»Satan«, keuchte Fulvia und versank in das dumpfe Brüten, aus dem sie erst ein Jahrzehnt später wieder erwachte.
Der Unanständige
Autos hielten mit kreischenden Bremsen an. Verwünschungen und Schimpfworte mischten sich mit den Flüchen der Fahrer. Fußgänger blieben verwundert stehen, rissen die Augen auf und starrten das seltsame Ding an.
Eine riesige Metallkugel war aus dem Nichts aufgetaucht und lag nun mitten auf der belebten Kreuzung.
»He, was soll der Unsinn?« murmelte der Verkehrspolizist und kletterte von seinem Stand herunter.
»Mein Gott!« rief die hübsche Stenotypistin von ihrem Fenster im dritten Stock. »Was kann das nur sein?«
»Einfach aus blauem Himmel aufgetaucht!« sagte der alte Mann. »Sozusagen aus dem Nichts, der Teufel soll mich holen!«
Erschreckte Ausrufe. Eine Menschenmenge sammelte sich an.
In der Außenfläche der Kugel öffnete sich eine Luke.
Ein Mann sprang heraus. Er sah sich interessiert um. Er starrte die Leute an. Die Menge starrte zurück.
»Was hat das zu bedeuten?« erkundigte sich der Verkehrspolizist und zog sein Notizbuch aus der Tasche. »Ich werde Anzeige wegen groben Unfugs gegen Sie erstatten!«
Der Mann lächelte. »Ich bin Professor Robert E. Wade«, stellte er sich vor. »Ich komme aus dem Jahr 1967.«
»Reden Sie keinen Unsinn«, wehrte der Polizist ab. »Schaffen Sie das Ding gefälligst von der Straße fort!«
»Das kann ich nicht«, sagte der Mann. »Jedenfalls nicht sofort.«
Der Polizist schob das Kinn vor.
»Unmöglich, was?« meinte er geringschätzig und trat an die Kugel heran. Er drückte mit beiden Händen dagegen. Sie bewegte sich nicht. Er gab ihr einen Fußtritt. »Autsch!« rief er dann aus.
»Bitte, lassen Sie das«, bat der Fremde. »Es hat wirklich keinen Sinn.«
Der Polizist riß wütend das Einstiegsluk auf. Er warf einen Blick in das Innere der Kugel.
Er zog sich schreckensbleich zurück.
»Was ... was soll das?« erkundigte er sich mit zitternder Stimme. Sein Tonfall verriet ungläubiges Staunen.
»Wie, bitte?« fragte der Professor.
Der Polizist erholte sich nur allmählich von dem Schock. Seine Zähne schlugen aufeinander. Sein Gesicht war aschfahl.
»Wenn Sie ...«, begann der Fremde.
»Ruhe, du Schwein!« brüllte der Polizist ihn an. Der Professor wich erschrocken zurück und starrte dem anderen verblüfft ins Gesicht.
Der Polizist griff in die Kugel hinein und holte einige Gegenstände heraus.
Aufruhr.
Frauen schlugen entsetzt die Hände vor das Gesicht. Starke Männer stöhnten auf und standen wie versteinert. Unmündige Kinder verbargen sich hinter ihren Müttern und weinten erschrocken. Junge Mädchen waren einer Ohnmacht nahe.
Der Polizist verbarg die Gegenstände rasch unter seiner Jacke, wo er sie mit zitternder Hand festhielt. Die andere legte er dem Professor auf die Schulter.
»Mitkommen!« befahl er. »Los, du Schweinehund, sonst mache ich dir Beine!«
»Hängt ihn auf, hängt ihn auf!« forderte die Menge gebieterisch.
»Abscheulich«, murmelte ein Pfarrer, der die Szene beobachtet hatte, und wurde dunkelrot.
Der Professor wurde die Straße entlang geschleppt. Er leistete heftigen Widerstand und protestierte unaufhörlich. Seine Stimme ging im Geschrei der Menge unter. Die Leute schlugen mit Schirmen, Spazierstöcken, Krücken und zusammengerollten Zeitungen nach ihm.
»Sittenstrolch!« schrien einige immer wieder. Sie drohten mit dem Zeigefinger. »Schamloser Volksverderber!«
»Widerlich!«
Aber in den Hinterhöfen, in schäbigen Bars und in fragwürdigen Spielsalons dachten die Menschen etwas anders darüber. Gerüchte verbreiteten sich in rasender Eile und wurden mit lasterhaftem Grinsen weitergegeben. Unzüchtige Gebärden wurden mit beifälligem Lachen quittiert.
Der Professor wurde in das Gefängnis gebracht.
Zwei Polizisten mußten neben der Metallkugel Wache halten. Sie vertrieben die Passanten. Sie warfen ab und zu einen neugierigen Blick in das Innere der Kugel, als könnten
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