TTB 106: Der dritte Planet
schüttelte den Kopf und verspürte dabei einen stechenden Schmerz in den Schläfen.
Der Nebel vor seinen Augen nahm langsam ab.
Er sah Castlemould an dem Schreibtisch sitzen.
Essend.
Der Alte beugte sich tief über das Tuch. Seine Augen blitzten und sein Atem ging stoßweise, als befinde er sich in einem Zustand der äußersten Erregung. Er war hingerissen. Die Thermosflasche klirrte gegen seine Zähne. Er hob sie mit beiden Händen an die Lippen und zitterte merklich, als die Flüssigkeit durch seine Kehle rann. Er schmatzte begeistert.
Er schnitt sich noch ein Stück Corned Beef ab und legte es zwischen zwei Crackers. Dann führte er den Sandwich mit bebenden Händen an den Mund.
Wade verzog angewidert das Gesicht. Er starrte den Alten unverwandt an. Castlemould betrachtete einige Postkarten, die vor ihm lagen, während er aß. Seine Augen leuchteten und wanderten von dem Sandwich zu den bunten Bildern und wieder zu dem Essen zurück.
Wade versuchte einen Arm zu bewegen. Er war steif. Mühsam näherte er eine Hand der anderen. Dann zog er die Nadel heraus und seufzte dabei erleichtert auf. Der Kommissar achtete nicht darauf, so sehr war er in seine Freßorgie versunken.
Der Professor bewegte versuchsweise die Beine. Sie schienen überhaupt nicht zu ihm zu gehören. Er wußte, daß er sofort auf die Nase fallen würde, wenn er aufzustehen versuchte.
Deshalb blieb er unbeweglich sitzen und beobachtete Castlemould, der nun sein Mahl beendete, seinen Stuhl weit zurückschob und die Überreste traurig betrachtete. Wenige Minuten später zeigte lautes Schnarchen an, daß der Kommissar erschöpft eingeschlafen war.
Die Orgie war beendet, das Festmahl vorüber.
Wade stemmte sich aus dem Sessel hoch. Er stolperte vorwärts. Der Fußboden schwankte unter seinen Füßen. Der Professor machte einige rasche Schritte auf den Schreibtisch zu und hielt sich daran fest. Der Alte schlief noch immer fest.
Der Professor stand hinter seinem Stuhl und starrte sprachlos die bunten Postkarten an, die Castlemould so eingehend betrachtet hatte. Dann verzog er den Mund zu einem ungläubigen Grinsen.
Er hatte Abbildungen von Lebensmitteln vor sich.
Ein Kohlkopf, ein riesiger Truthahn, ein Stück Lachsfilet. Auf anderen hielten leichtbekleidete Mädchen dem Betrachter vertrocknete Salatblätter, winzige Tomaten und zu klein geratene Orangen entgegen.
»Mein Gott, das ist ja nicht auszuhalten«, murmelte Wade vor sich hin. »Ich muß so schnell wie möglich wieder nach Hause.«
Er stand bereits wieder an der Tür, als ihm einfiel, daß er nicht die geringste Ahnung hatte, wo seine Zeitkammer sich im Augenblick befand. Er sah nachdenklich zu Castlemould hinüber, der noch immer schnarchte.
Dann ging er an den Schreibtisch zurück und kniete davor nieder. Während er den schlafenden Kommissar im Auge behielt, durchsuchte er eine Schublade nach der anderen.
In der untersten fand er das, wonach er gesucht hatte – eine Art Waffe, die eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Revolver aufwies. Er nahm sie heraus.
»Aufstehen!« sagte er dann laut und rüttelte den Alten kräftig an der Schulter.
»Aaahh!« stieß Castlemould hervor und sprang auf. Dabei prallte er gegen die Schreibtischkante und sank atemlos in seinen Sessel zurück. »Los, aufstehen!« wiederholte Wade ungerührt.
Der verwirrte Kommissar starrte ihn sprachlos an, dann versuchte er zu lächeln und wischte sich die letzten Krümel vom Mund.
»Hören Sie, junger Mann, ich ...«
»Halten Sie den Mund!« unterbrach ihn Wade. »Sie bringen mich jetzt zu meiner Zeitkammer zurück.«
»Warten Sie doch einen ...«
»Sofort!«
»Sehen Sie sich mit dem Ding vor«, warnte Castlemould ängstlich. »Es ist sehr gefährlich.«
»Hoffentlich ist es das wirklich«, meinte Wade. »Stehen Sie auf und bringen Sie mich zu Ihrem Wagen.«
Castlemould erhob sich hastig. »Junger Mann, das ist ...«
»Ach, halten Sie den Mund, Sie seniler Trottel! Bringen Sie mich lieber zu Ihrem Wagen – und hoffen Sie, daß ich nicht auf den Knopf hier drücke!«
»Nein, tun Sie das ja nicht!«
Der Kommissar blieb stehen, bevor er die Tür erreicht hatte. Er verzog das Gesicht und krümmte sich vor Schmerzen, als sein Magen gegen die ungewohnte Belastung rebellierte.
»Oh! Das Essen ...«, murmelte er niedergeschlagen.
»Ich hoffe sehr, daß Sie die Magenschmerzen des Jahrhunderts haben«, meinte Wade hoffnungsvoll und schob ihn vor sich her. »Sie haben sie nämlich verdient.«
Der Alte
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