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TTB 109: Unendlichkeit x 5

TTB 109: Unendlichkeit x 5

Titel: TTB 109: Unendlichkeit x 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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gut, nichts zu danken.«
    Das gemeinsame Spiel wurde zur Routine. Jerry kam zweimal in der Woche eine Stunde lang, aus der später zwei Stunden wurden. Die Kinder lernten sich besser kennen und spielten miteinander.
    Und trotzdem mußte Miss Fellowes nach einiger Zeit feststellen, daß Jerry ihr zusehends unsympathisch wurde. Er war größer und kräftiger, dominierte in jeder Beziehung und zwang Timmie eine Sekundärrolle auf. Miss Fellowes tröstete sich nur mit dem Gedanken, daß Timmie sich immer mehr auf die gemeinsame Spielstunde freute.
    Schließlich ist das sein einziges Vergnügen, überlegte sie traurig.
    Und einmal, als sie die beiden Kinder beobachtete, dachte sie: Hoskins hat zwei Kinder, eines von seiner Frau und eines von der Straße.
    Während sie selbst ...
    Mein Gott, dachte sie, und schämte sich fast: Ich bin eifersüchtig!
     
    *
     
    »Miss Fellowes«, sagte Timmie (sie hatte ihn von Anfang an nur diese Anrede gelehrt), »wann komme ich in die Schule?«
    Sie sah zu ihm herab und fuhr ihm mit der Hand durch das dichte braune Haar. Es war nicht gerade meisterhaft geschnitten, denn sie ersetzte selbst einen Friseur für ihn.
    »Wann hast du etwas von der Schule gehört?« fragte sie.
    »Jerry geht in die Schule. Kin-der-gar-ten.« Er betonte das neue Wort besonders deutlich. »Jerry war überhaupt schon fast überall. Dort draußen, meine ich. Darf ich auch bald hinaus, Miss Fellowes?«
    Sie spürte, daß ihr Herz sich einen Augenblick lang verkrampfte, obwohl sie einsah, daß Timmie im Lauf der Zeit mehr und mehr von der Außenwelt erfahren würde, von der er für immer getrennt bleiben mußte.
    Sie zwang sich zu einem fröhlichen Lächeln. »Was würdest du denn im Kindergarten wollen, Timmie?«
    »Jerry sagt, daß sie Spiele und Bilderbänder haben. Er sagt, daß dort viele andere Kinder sind. Er sagt ... er sagt ...« Eine kurze Pause, dann hielt der häßliche kleine Junge triumphierend beide Hände mit gespreizten Fingern hoch. »So viele, sagt er.«
    »Möchtest du auch Bilderbänder?« fragte Miss Fellowes. »Ich kann morgen welche mitbringen. Ganz schöne sogar. Und auch Musikbänder.«
    Timmie schien vorläufig getröstet zu sein.
     
    *
     
    Er vertiefte sich in Jerrys Abwesenheit in die Bilderbänder, und Miss Fellowes las ihm stundenlang aus gewöhnlichen Büchern vor.
    Dabei gab es immer wieder einfache Dinge zu erklären, die außerhalb der Perspektive der drei winzigen Räume lagen, aus denen Timmies Welt bestand. Timmie träumte oft von der Welt vor seinen Fenstern.
    Der Traum kehrte immer wieder. Er versuchte ihn Miss Fellowes zu beschreiben, als sie danach fragte. In seinen Träumen fand er sich in einer Umgebung wieder, die mit zahlreichen Kindern bevölkert war, die mit Gegenständen spielten, deren Funktion er nie völlig begriff.
    Aber die Kinder sahen über ihn hinweg und ignorierten ihn vollständig. Er befand sich zwar in der Außenwelt, gehörte aber doch nicht dazu, sondern fühlte sich so allein wie in seinem Zimmer – und wachte weinend auf.
    Miss Fellowes versuchte ihm diese Träume auszureden, aber in den darauffolgenden Nächten weinte sie selbst nachts in ihrem Appartement.
     
    *
     
    Eines Tages, als Miss Fellowes ihm wieder einmal aus einem Buch vorlas, schob Timmie ihr die Hand unter das Kinn und hob ihren Kopf sanft in die Höhe.
    »Woher wissen Sie, was Sie sagen müssen, Miss Fellowes?« fragte er.
    »Siehst du diese Zeichen hier?« sagte sie. »Daher weiß ich es. Aus den Zeichen kann man Wörter bilden.«
    Er starrte sie lange an, nachdem er ihr das Buch aus den Händen genommen hatte. »Manche Zeichen sehen gleich aus.«
    Sie lachte vor Vergnügen über seine Intelligenz und sagte: »Du hast völlig recht. Möchtest du lernen, wie man diese Zeichen macht?«
    »Gern. Das wäre ein nettes Spiel.«
    Sie kam gar nicht auf den Gedanken, daß er lesen lernen könnte. Bis er ihr schließlich etwas vorlas, dachte sie nicht ein einziges Mal daran.
    Erst einige Wochen später fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Timmie saß auf ihrem Schoß, verfolgte den Text eines Kinderbuchs Wort für Wort und las ihr daraus vor. Er las ihr vor!
    Sie stand auf, starrte ihn verblüfft an und sagte: »Timmie, ich komme gleich wieder. Ich muß zu Doktor Hoskins.«
    Endlich schien sie die Lösung für Timmies Problem gefunden zu haben. Wenn er nie in die Welt hinausdurfte, konnte doch wenigstens die Welt in Form von Büchern und Filmen zu ihm kommen. Er mußte alles lernen, was

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