TTB 110: Im Reich der Dämonen
wurde von zwei grimmigen Wachen mit schußbereiten Gewehren bewacht.
Doch dann wurde die Fahrt auf dramatische Weise unterbrochen.
Der erste Ansturm brachte Verwirrung in den Zug. Männer schrien auf und stürzten zu Boden. Aus dem Dunkel krachten Gewehre. Ein Soldat schaltete die Scheinwerfer ein. Sie wurden zerschossen. Ein Glashagel klirrte zu Boden.
Die beiden Posten packten Stead am Arm und sprangen mit ihm zusammen aus dem Lastwagen. Zwei der Fahrzeuge waren zusammengestoßen. Kugeln schlugen in den Boden und wirbelten kleine Staubfahnen auf. Erbarmungslos krachten die Feuerstöße aus dem Dunkel.
»Wir sind vom Feind umgeben!«
Stead hörte die Befehle – er sah, wie sich die Männer formierten. Verteidigungsstellen wurden in Windeseile errichtet. Erste-Hilfe-Zelte für die Verwundeten, mutige Einzelgänger, die aus dem höllischen Kesseltreiben auszubrechen versuchten. Der Lärm hallte in der hohlen Straße vielfach wider ... Und das unter den Häusern eines Riesenvolkes, dem die Menschen eine lästige Plage waren. Stead kam von dem Gedanken während der ganzen Schlacht nicht los.
Einer seiner Bewacher schrie plötzlich auf, kippte vornüber und rührte sich nicht mehr. Stead sah, daß dem Mann nicht mehr zu helfen war. Er schob sich mit gebundenen Händen ein wenig zur Seite. Der zweite Posten folgte ihm. Der Wagen über ihnen brannte. Sie hatten keine Lust, unter einem Laster gefangen zu sein, der jeden Augenblick explodieren konnte.
Eine dunkle Gestalt huschte auf Stead zu. Der Tarnumhang leuchtete im Widerschein des Feuers auf.
»Halt dich still.«
Ein Messer durchschnitt die Fesseln.
»Was soll das?« Der Posten war mit erhobenem Gewehr und grimmigem Gesicht herangekommen.
»Wir brauchen bei diesem Kampf jeden einzelnen«, fauchte Thorburn. Er schob das Messer in die Scheide zurück. »Komm zur Kampflinie.« Er wandte sich Stead zu und packte ihn am Arm. »Du auch.«
In den Strahlen der aufblitzenden Scheinwerfer wurden Männer sichtbar, die auf die zusammengeschobenen Lastwagen eindrangen. Flüchtig erkannte Stead die Insignien von Trychos. Er reihte sich automatisch ein. Die Waffe, die ihm Thorburn in die Hand gedrückt hatte, fühlte sich noch warm an. Es roch nach Staub und Pulverdampf.
Gestern noch hätte Stead in den Soldaten einfach Feinde gesehen, die man vernichten mußte. Jetzt zögerte sein Finger am Abzug. Sie waren Menschen. Weshalb sollte er auf Menschen schießen, wenn es in der Außenwelt so mächtige Ungeheuer gab, gegen die man sich verbünden mußte.
Helle Lichtbahnen zogen durch das Dunkel. Männer schrien auf. Andere konnten nicht mehr schreien. Die Scheinwerfer tasteten sich über das Kampffeld und beleuchtete die Silhouetten von jagenden, taumelnden, stürzenden Männern. Steads Nerven waren am Ende.
Thorburn verschnaufte und lud sein Gewehr neu durch. Sein rauchverschmiertes Gesicht wandte sich Stead zu, der reglos neben ihm kauerte.
»Warum kämpfst du nicht? Sie sind in der Überzahl. Es ist ihnen geglückt, uns völlig zu überrumpeln. Sims ist verwundet ...« Thorburn sog scharf die Luft ein. »Wir müssen kämpfen, wenn wir mit heiler Haut davonkommen wollen.«
»Sie sind doch Menschen ...«, sagte Stead leise. Als ob das eine Antwort war. Er kam sich wie ein Narr vor.
»Du willst sagen, daß du ohnehin verloren bist, auch wenn wir zurückkehren? Das ist verständlich. Aber denke an Honey – sie ist auch hier und kämpft.«
Stead schüttelte hilflos den Kopf.
Thorburn zielte, feuerte und ließ sich blitzschnell wieder zu Boden fallen. »Ich dachte – wir alle dachten es –, daß du bemerken müßtest, wie es um Honey steht, auch wenn du keine Ahnung von diesen Dingen hast ...« Er zielte, feuerte. »Sie kommen näher.«
»Von welchen Dingen?«
»Ach – ist ja auch egal. Du hast auf einen Dämon geschossen. Ja, natürlich. Ich verstehe, weshalb du es getan hast. Er hätte dich vermutlich wie eine Fliege an der Wand zerklatscht. Aber die Regeln sind zum Schutz aller da, nicht für einen einzelnen Wildbeuter, der dumm genug ist, sich im Freien erwischen zu lassen.«
»Du redest, als ob du – auch ...«
»Ich habe das gleiche gesehen wie du, Stead. Vielleicht sogar noch mehr. Ich weiß genau, was für eine Rolle die Menschheit in dieser Welt spielt. Und ich bin nicht der einzige, der es weiß. Aber was kann man dagegen tun?« Er zielte, feuerte, ließ sich zurückfallen. Ein paar Schüsse klangen gegenüber auf. Kugeln pfiffen um ihre
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