TTB 111: Im Banne der Zeitmaschine
– jeder steckt seine Nase vermutlich noch immer in alle möglichen Dinge, die ihn nichts angehen.«
»Stimmt«, antwortete Chester. »Die armen Leute belasten sich noch immer mit Schwimmbecken, Wäschereien, Klimaanlagen, Picknicks, Konzerten und allem anderen Unsinn. Wo kommen übrigens die eingemachten Bohnen und die Salzstangen her, von denen vorhin die Rede war?«
»Wir haben noch viele Vorräte«, erklärte Bandon ihm, während er Wasser aus einem Faß schöpfte und sich das Hemd über den Kopf zog. »Die Lagerhäuser sind noch längst nicht leer. Meine Leute könnten viel besser leben, wenn sie nicht zu faul wären, um gründlich zu suchen.« Er spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und auf die Brust, schnaubte, rieb sich mit dem Hemd trocken und zog es wieder an.
»Okay, jetzt bist du an der Reihe«, sagte er und machte eine einladende Handbewegung.
Chester betrachtete die dunkelbraune Brühe mit mißtrauischen Augen. »Was passiert, wenn die Vorräte eines Tages erschöpft sind?«
»Wir haben ganz bestimmte Pläne«, erklärte Bandon finster. »Verhungern werden wir auf keinen Fall.« Er wischte einen Stuhl mit der Handfläche sauber und ließ sich darauf nieder. »Ich habe zufällig noch ein paar Flaschen Whisky hier«, sagte er dann. »Wenn du dich gewaschen hast, können wir uns einen Schluck genehmigen. Die anderen brauchen nichts davon zu erfahren; der Schnaps reicht ohnehin nicht für alle.«
»Ausgezeichnet«, stimmte Chester zu. »Unter diesen Umständen lasse ich das Bad lieber ausfallen.«
»Was? Ich dachte immer, ihr Tiefländer wascht euch den ganzen Tag! Ich wasche mich jeden Abend – sonst käme ich mir direkt schmutzig vor.«
»Bewundernswert«, meinte Chester beifällig. »Eine ausgezeichnete Eigenschaft. Nur noch eine Frage. Weshalb wird hier so großer Wert auf ein ungebundenes Leben gelegt? Hat dich irgend jemand übers Knie gelegt, als du noch klein warst?«
»Viel schlimmer«, vertraute Bandon ihm an. »Die Bonzen wollten meinen Alten immer dazu bringen, daß er ihre Schmutzarbeit tut. Er hat sich aber nie herumkriegen lassen, sondern statt dessen die Widerstandsbewegung ins Leben gerufen. Sieh dir das an.« Bandon machte eine großartige Handbewegung. »Das gehört alles mir – mir und meinen Kameraden.«
»Allmählich verstehe ich, wie ihr hier lebt«, meinte Chester bewundernd. »Völlig autark. Ihr wohnt einfach in diesen alten Häusern, die zufällig hier gewachsen sind, eßt eingemachte Bohnen, die der liebe Gott euch gegeben hat, und laßt Mutter Natur für eure Kleidung sorgen. Wozu soll man sich denn auch überflüssige Arbeit machen? Wenn diese Stadt ausgeplündert ist, kann man schließlich jederzeit eine andere finden.«
»Laß den Unsinn«, sagte Bandon mürrisch. »Warum sollen wir es nicht ebenso gut wie andere Leute haben?«
»Natürlich – die anderen sollen sich ruhig abrackern, damit ihr es gemütlich habt. Und jetzt hätte ich nichts gegen einen Schluck Whisky einzuwenden. Wenn ich tatsächlich den Rest meines Lebens hier verbringen soll, muß ich mich wahrscheinlich daran gewöhnen, daß es keine Eiswürfel dazu gibt.«
»Man kann sich an alles gewöhnen«, versicherte Bandon ihm. Er ging zu einem Kühlschrank ohne Tür hinüber, wühlte darin herum und holte schließlich eine Flasche heraus, Chester bewegte sich durch den Raum, bewunderte die Ansammlung von zerbrochenen Einrichtungsgegenständen und schüttelte verständnislos den Kopf.
»Was habt ihr eigentlich gegen die Annehmlichkeiten des Lebens einzuwenden, Bandon?« fragte er und nahm einen Schluck aus der Flasche. »Warum kann man hier nicht ein Großreinemachen veranstalten, damit der Raum so gut wie der Wald außerhalb der Stadt riecht? Oder ist es ein Zeichen besonderer Unabhängigkeit, wenn das Wohnzimmer wie ein Müllabladeplatz aussieht?«
»Wir brauchen keine vornehm eingerichteten Wohnungen. Allzuviel Ordnung ist nur ungemütlich.«
»Das haben schon viele behauptet – von den Philosophen des Altertums angefangen bis zu den Gammlern des zwanzigsten Jahrhunderts. Ich bin jedoch der Meinung, daß man durchaus gemütlich leben kann, ohne auf Kleinigkeiten wie Klimaanlagen, gekachelte Bäder, Ölheizungen und Kühlschränke zu verzichten. Schließlich sind dergleichen Annehmlichkeiten nicht mit einem tugendsamen Leben unvereinbar.«
»Hör zu, ich möchte nicht, daß du meinen Leuten solche Flausen in den Kopf setzt!«
»Deinen Leuten? Ich dachte, sie seien alle völlig unabhängig
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