TTB 112: Menschen für den Mars
Asimov
Einleitung
Wir leben im Weltraumzeitalter. Es begann offiziell an jenem erregenden Tag im Oktober 1957, als der erste sowjetische Sputnik auf seine Umlaufbahn geschickt wurde. An diesem Tage wurde das Reich der Utopie einer Stütze beraubt, die sich unserem Alltagsleben als Tatsache eingliederte. Heute ist der Start eines neuen Weltraumsatelliten eine Routineangelegenheit, die der Presse kaum noch Schlagzeilen liefert. Erdraketen sind auf dem Mond gelandet, Sonden sind auf den Weg zu Mars und Venus gebracht worden. Eine Handvoll Jahre vielleicht noch, dann werden Menschen den Weg durch den Mondstaub nehmen, einige Jahrzehnte weiter, und sie werden auf den roten Ebenen des Mars stehen.
Jeder Fortschritt unserer Weltraumwissenschaftler wirkt sich auf das Gebiet der utopischen Literatur aus. Trotzdem bleiben die Möglichkeiten der SF-Autoren unbegrenzt, denn sie herrschen über Zeit und Raum. Heute können wir den Abschuß des ersten Raumsatelliten nicht mehr als Erdichtung hinstellen, bald wird es unmöglich sein, den ersten bemannten Flug zum Mond als Gegenstand eines utopischen Romans zu wählen. Was tut das schon? Die Biographie eines Menschen endet nicht mit seinen ersten tastenden Schritten. Für uns sind die gewaltigen Schritte späterer Jahre von Bedeutung.
In der utopischen Dichtung können wir über die zischenden Raketen der Jetztzeit hinaus auf die glitzernden Geschosse von morgen blicken. Menschen werden den Mond erreichen, ebenso Mars und Venus; der ferne Pluto und dann die Sterne werden ihr Ziel sein. Aber das braucht Zeit. Jahrhunderte mögen vergehen, bis andere Sonnensysteme die ersten Besucher von der Erde sehen.
Es bleibt also immer noch Raum, Träume um die entfernteren Regionen der Milchstraße zu spinnen. Die Schlagzeilen der wenigen vergangenen Jahre haben die utopische Dichtung nicht ihres Spielraums beraubt. Das Weltall öffnet sich uns, aber die größte Strecke der Reise liegt noch vor uns. In der Zeit des Wartens können wir versuchen uns auszumalen, wie die Zukunft aussehen wird. Dazu sollen die in diesem Buch enthaltenen Geschichten beitragen.
Robert Silverberg
In sehr naher Zukunft, wenn die Raumfliegerei zu einer Routineangelegenheit wie unsere heutige gewerbsmäßige Fliegerei geworden ist, wird eine Art von Raumpiloten in Erscheinung treten, um sich der schwierigsten Aufgabe der Welt zu widmen, John Glenn, Juri Gagarin und unsere anderen Raumpiloten saßen noch untätig in einer Kapsel, die sich auf einer festgelegten Umlaufbahn bewegte. Die Raketenpiloten von morgen haben es schwerer. Sie werden an den Kontrollgeräten von Schiffen sitzen, die riesige Entfernungen mit unvorstellbaren Geschwindigkeiten auf verzwickten Flugbahnen durchqueren. Um diese Schiffe zu steuern, wird man auf ganz besonders getestete und ausgebildete Piloten zurückgreifen müssen, und diese Männer werden sich ganz besonderen Problemen gegenübersehen ...
Der alte Mann
Der alte Mann kam die Rampe des Raumschiffes herab. Er blieb am Rand des Landefeldes stehen und ließ seinen Blick umherschweifen. Es tat gut, die Erde wiederzusehen. In einem Viertel seiner Lebenszeit hatte er die Erde nur auf kurze Zeit, jeweils zwischen zwei Raumflügen, gesehen.
So stand er, eine Hand auf das kalte Metall des Geländers gestützt, und blickte auf das Feld hinaus. Ein Nachtflug von Callisto lag hinter ihm, und das Landefeld war hell erleuchtet. Funkelnde Natriumlampen und blitzende Leitstrahlen wiesen landenden Piloten den Weg. Diese grelle Helligkeit war notwendig, denn die Landung eines Raumschiffes erfolgte in Sekundenbruchteilen und setzte höllisch gute Reflexe voraus. Der alte Mann blickte auf seine Hände, die nie zitterten, und er lächelte stolz. Dann griff er nach seinem kleinen Koffer und schickte sich an, das Feld zu überqueren.
Er hatte gerade vier Schritte getan, als eine grau gekleidete Gestalt seinen Weg kreuzte. Der Mann blieb stehen und grinste.
»Hallo, Carter«, sagte er.
»Hallo«, erwiderte der alte Mann freundlich, aber sein Gesicht verriet, daß er den andern nicht wiedererkannte.
»Ich bin Selwyn – Jim Selwyn. Erinnern Sie sich jetzt?«
Ein Lächeln flog über das gebräunte, noch von der Anstrengung des Fluges gezeichnete Gesicht des alten Mannes. »Sicher erinnere ich mich, Leutnant.«
»Ich bin keiner mehr«, sagte Selwyn. »Ich bin abgelöst worden.«
»Oh«, sagte der alte Mann.
Er erinnerte sich an die weit zurückliegenden Tage seiner
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