TTB 112: Menschen für den Mars
ist ein bedauerlicher Zwischenfall«, sagte er in der Markinsprache, »aber ich hoffe, daß er nicht zur Störung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Erde und Markin führen wird. Dieses Mißverständnis ...«
»Es muß mit Blut gesühnt werden«, unterbrach der jüngere der beiden Priester. Er schien der Priester des Ortes zu sein und sich in der Gesellschaft seines Vorgesetzten sicher zu fühlen.
Der Colonel tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Der junge Mann, der die Tat beging, wird eine Disziplinarstrafe erhalten«, sagte er. »Natürlich kann ein Akt der Notwehr nicht als Mord angesehen werden, aber ich gebe zu, daß der junge Offizier sich falsch verhielt und nun die Folgen seines Verhaltens tragen muß.« Devall fand selbst, daß seine Worte nicht sehr überzeugend klangen, und die Markinbewohner schienen davon auch wenig beeindruckt zu sein.
Der Hohepriester stieß zwei scharfe, kurze Worte aus, die in Devalls Sprachschatz fehlten. Fragend blickte er Steber an.
»Er sagte, Leonards habe unbefugt geheiligten Boden betreten. Er sagte, das Verbrechen, um das es sich handelt, sei nicht Mord, sondern Gotteslästerung.«
Trotz der Hitze glaubte Devall einen kalten Hauch in seinem Nacken zu spüren. Kein Mord? dachte er. Dieser Fall wird kompliziert.
Zu dem Priester sagte er: »Ändert das den Fall im wesentlichen? Er wird so oder so für seine Tat bestraft werden.«
»Sie mögen ihn wegen Mordes bestrafen, wenn Sie dies für richtig halten«, sagte der Hohepriester, der sehr langsam sprach, damit der Colonel jedes Wort verstand. Die Witwe stieß wieder ihre gellenden Schreie aus, die jungen Männer begnügten sich mit finsteren Mienen.
»Mord ist nicht unsere Angelegenheit«, fuhr der Hohepriester fort. »Er hat Leben genommen; Leben gehört Ihnen, Sie nehmen es zurück, wann es Ihnen angebracht scheint und auf welche Weise es Ihnen beliebt. Aber er hat auch eine heilige Pflanze auf geheiligtem Boden entweiht. Dies gilt bei uns als schweres Verbrechen. Darüber hinaus hat er auf geheiligtem Boden das Blut eines Wächters vergossen. Wir fordern Sie auf, ihn uns zu übergeben, damit wir ihn vor einem Priestergericht wegen mehrfacher Gotteslästerung zur Verantwortung ziehen können. Danach mögen Sie ihn wegen der Verbrechen bestrafen, die er nach Ihren Gesetzen begangen hat.«
Sekundenlang sah Devall nur das unversöhnliche ledrige Gesicht des alten Priesters vor sich. Dann wandte er sich um und erkannte den Ausdruck von Erstaunen und Ungläubigkeit in der verzerrten Miene Stebers.
Sie wollen über einen Erdenbewohner zu Gericht sitzen, dachte er kopfschüttelnd. Nach ihren eigenen Gesetzen. Durch ihre eigene Richter. Und ihn nach ihrem Ermessen bestrafen.
Nun war das Ganze nicht mehr ein lokaler Zwischenfall, den man mit einer Entschuldigung beilegen und danach vergessen konnte. Es ging nicht mehr darum, jemanden für die zufällige Tötung eines Fremden büßen zu lassen.
Nun, dachte Devall grimmig, ist es eine Sache von interstellarer Bedeutung. Und er war der Mann, auf dessen Schultern alle Entscheidungen ruhten.
*
Er besuchte Leonards abends nach dem Essen. Um diese Zeit wußte jeder in der Enklave, was geschehen war, obwohl Devall Steber befohlen hatte, über die Forderung, Leonards durch die Eingeborenen bestrafen zu lassen, Schweigen zu bewahren.
Der junge Mann blickte auf, als Devall sein Zimmer betrat, und versuchte Haltung anzunehmen.
»Stehen Sie bequem, Leutnant.« Der Colonel setzte sich auf die Kante von Leonards' Bett und musterte den jungen Mann. »Sie stecken verteufelt in der Klemme, mein Sohn.«
»Sir, ich ...«
»Ich weiß. Sie dachten sich nichts dabei, als Sie die Blätter von der geheiligten Pflanze rissen, und Sie haben nur auf den Eingeborenen geschossen, weil er Sie angriff. Wenn der Fall so einfach läge, könnte ich es bei einem Verweis wegen Hitzköpfigkeit bewenden lassen. Aber ...«
»Was – aber, Sir?«
Devall legte die Stirn in Falten und zwang sich, seinem Neffen in die Augen zu blicken. »Aber die Eingeborenen wollen selbst über Sie zu Gericht sitzen. Die Tötung interessiert sie weniger als die Gotteslästerung. Dieser verschrumpelte alte Hohepriester will Sie vor ein Priestergericht stellen.«
»Das werden Sie doch, nicht zulassen, Colonel?« Leonards schien überzeugt, daß etwas so Unvorstellbares nicht geschehen könnte.
»Ich bin nicht so sicher«, sagte Devall.
»Was, Sir?«
»Allem Anschein nach ist das, was Sie begangen
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