TTB 115: Diplomat der Galaxis
versengte. Die Tür schlug hinter ihm zu. Retief sah die Männer an, die ihn neugierig betrachteten.
»Mein Name ist Retief, Abgesandter des CDT«, sagte er. »Wer von Ihnen ist General-Manager Corasol?«
*
Corasol war ein großer, breitschultriger Fünfziger mit humorvollen Augen, einem gutmütigen Lächeln und festen Händen. Er und Retief saßen sich an einem unscheinbaren Tisch des großen Saals gegenüber, inmitten eines Gewirrs von Rohren, Tanks und Ventilen. Corasol goß eine bernsteinfarbene Flüssigkeit in viereckige Becher.
»Wir erkannten Sie an der Jacke«, sagte er. »Babyblau mit Goldborten fällt auf.«
Retief nickte. »So eine Uniform hat also auch ihre guten Seiten.« Er kostete das Getränk. »Sagen Sie, was ist denn das? Es schmeckt nicht schlecht.«
»Rum aus Zuckertang – eine hier übliche Meerespflanze. Wir haben eine Menge Wasser auf Glave. Wie Sie vielleicht wissen, ist das hier der einzige Kontinent, und er ist für die Landwirtschaft völlig ungeeignet.«
»Das Klima?«
»Das hängt auch damit zusammen. Glave würde sich auf eine größere Eiszeitepoche zubewegen, wenn wir keine Klimasteuereinrichtungen besäßen. Dann gibt es außerdem die Gezeiten. Zweimal im Jahr, wenn sich unser Trabant im Aphelium befindet, wäre der halbe Kontinent überschwemmt. Ein kompliziertes System von Sperren, Schleusen und Pumpstationen hält die Uferlinie mehr oder weniger konstant. Dennoch sind wir vorsichtig und haben unsere Städte sehr weit im Inland gebaut. Schließlich haben wir noch die Sauerstoffgeneratoren, die Luftreinigungsanlage, Schädlingskontrolle und so fort. In seinem natürlichen Zustand ist Glave eine ziemlich unwirtliche Welt.«
»Ich bin überrascht, daß die Minen so ertragreich sind, um für all diese Kosten aufkommen zu können.«
»Oh, da täuschen Sie sich.« Corasol schüttelte den Kopf. »Vor zweihundert Jahren, als die Gesellschaft Glave erschloß, war es noch sehr wirtschaftlich. Quintit war damals ein kostbares Mineral. In der Zwischenzeit hat man sich mehr und mehr den Kunststoffen zugewandt. Obwohl sie voll automatisiert sind, bringen die Minen kaum mehr Erträge als zum Erhalt der öffentlichen Dienste und des Wohlfahrtssystems unbedingt nötig sind.«
»Ich glaube mich zu entsinnen, daß ein Antrag der Gesellschaft, die Konzession aufgeben zu dürfen, verworfen wurde.«
Corasol lächelte müde. »Das CDT war wohl der Ansicht, daß die Gesellschaft solange zu bleiben verpflichtet war, solange noch Menschen auf Glave lebten. Die große Mehrheit ist natürlich schon lange zu erträglicheren Planeten abgewandert. Nur die Nichterziehbaren, die von der Wohlfahrt Lebenden – und ein winziger Stab Techniker, der die Einrichtungen in Schwung hält – sind geblieben.«
»Was verstehen Sie unter ›nichterziehbar‹?«
»In jedem Volk gibt es einen gewissen Prozentsatz von Leuten, die in der Überzeugung leben, die Regierung sei eine Verschwörerbande, die sie um ihre Rechte bringen wolle. Wobei das Recht, absolut dumm sein zu dürfen, wohl das Grundrecht darstellt. Die meisten Gesellschaften können sich solche Drohnen leisten – ebenso wie Kriminelle und Schwachsinnige – weil sie Minderheiten sind. Hier auf Glave hingegen stellen sie einen Hauptanteil der Bevölkerung – den wir mit unseren schwachen Mitteln erhalten müssen. Einige von ihnen haben Läden aufgemacht – von der Sorte, die nicht viel Verstand, sondern nur eine Art Bauernschläue und Gefühl für den Geschmack des kleinen Mannes erfordern. Und dennoch betrachten auch sie den kleinsten materiellen Vorteil, den die ernsthaft Schaffenden sich erwarten, als Klassendiskriminierung.«
»Das erklärt den Anstoß zur Revolution«, meinte Retief.
Corasol schenkte noch einmal die Gläser voll. »Und was ist mit dem guten Korporal?« fragte Retief. »Ich nehme an, daß er bald hier auftauchen wird – gesetzt den Fall, natürlich, daß er ein guter Schwimmer ist.«
Corasol warf einen Blick auf seine Ringuhr. »Ich erwarte seinen Gasangriff jede Minute.«
»Seine Drohung scheint Ihnen nicht viel Kummer zu machen.«
»Sozier ist auf seine Art gar nicht so dumm«, meinte Corasol. »Nur hat er die schlechte Angewohnheit, unbesonnene Anordnungen zu treffen. Er hat irgendwo einen Tank ergattert, in dem sich Gas befindet – Wasserstoff für Industriezwecke. Der arme Kerl scheint zu glauben, daß jedes Gas giftig ist.«
»Wenn er es schnell genug einpumpt ...«
»Oh, er wird es nicht einpumpen –
Weitere Kostenlose Bücher