TTB 116: Freibeuter im Weltraum
meinen Anordnungen nicht Folge leisten, bin ich verpflichtet, das Feuer zu eröffnen. Ende.«
Heims Blick flog hinaus zu den Sternen. Nein, nein, nicht das! dachte er verzweifelt. Noch eine Stunde, und wir wären in Sicherheit gewesen! Eine Stunde!
Er straffte sich. »Ich habe verstanden, Admiral«, sagte er. Seine Stimme klang, als spräche ein Fremder. »Ich füge mich unter Protest. Geben Sie uns Zeit, Geschwindigkeitsanpassung und Kursänderung zu berechnen, dann halten wir auf Sie zu. Ende und aus.«
Heim ließ den Schalter los und stellte Sprechverbindung mit dem Maschinenraum her. »Kapitän an Chefingenieur«, sagte er. »Sind Sie da?«
»So ist es«, blubberte Utgh-a-Kthaq. »Alles in Ordnung?«
»Nein. Jetzt ist die Hölle los. Draußen ist ein Schlachtschiff und fordert uns zur Umkehr auf. Andernfalls wird geschossen. Treffen Sie Vorbereitungen für Machantrieb.«
»Kapitän!« schrie Penoyer. »So tief im Magnetfeld der Sonne?«
»Wenn die Synchronisation perfekt ist, kann es klappen«, sagte Heim. »Wenn nicht, sind wir tot, mehr nicht. Utgh-a-Kthaq, glauben Sie, daß wir es schaffen werden?«
»Gwurru! Was für eine Frage!«
»Sie haben die Maschinen selbst überholt«, sagte Heim. »Ich vertraue Ihnen.«
Für einen Moment kam nur das Dröhnen der Maschinen aus dem Lautsprecher. Dann: »Kapitän, ich bin nicht Gott. Aber ich glaube, die Chancen sind gut.«
Heim schaltete die Sprechanlage auf alle Stationen. »Achtung. Achtung. Alles bereit für Machantrieb.«
Penoyer ballte die Fäuste. »Alles klar, Kapitän.«
Das Dröhnen im Heck verstärkte sich zu einem dumpfen Brüllen. Der Weltraum verzerrte sich. Sterne tanzten vor den Fenstern.
Der Österreicher Ernst Mach hatte vor langer Zeit den Schlüssel gefunden, der den Menschen den Weltraum öffnete: die Massenbeschleunigung über die Lichtgeschwindigkeit hinaus bis ins Unendliche. Man konnte theoretisch jede Geschwindigkeit erreichen. Es gab keine Grenzen mehr.
Die Neptun feuerte. Die Rakete blieb eine Million Kilometer zurück. Die Instrumente der Neptun zeigten nichts mehr an, keine Wrackteile, keine Spur, nur die bogenförmigen Muster der Wasserstoffatome hinter einem Schiff, das die Lichtgrenze überschritten hatte. Konteradmiral Ching-Kuo verzichtete auf eine Verfolgung. Er durfte das Leben seiner Männer und das Schiff nicht ohne Not in Gefahr bringen.
Heim lehnte sich zurück. Nach und nach entspannte er seine Muskeln. »Gut«, sagte er zu Vadasz. »Es ist gelungen.«
9.
Als das Erdenschiff kam, verhandelte Gunnar Heim gerade mit dem geflügelten Abgesandten einer Waffenfabrik. Der Horst von Trebogir, für den Ro sprach, hatte nukleare Waffen zu verkaufen: aber es gab Bedingungen.
Nichtmenschliche Worte zischten und pfiffen in seinem Kopfhörer. Gregorios Koumanides übersetzte: »… Geschoß bekommt seine hohe Anfangsgeschwindigkeit, indem es die Gravitronen des Schiffes ausnutzt.«
Heim wünschte, er könnte sein Zögern und sein händlerisches Geschick besser zur Schau stellen, aber unter den gegenwärtigen Umständen war es nicht möglich. Der Raumanzug machte alle Bewegungen plump und unbeholfen, und mit dem Mienenspiel konnte man erst recht nichts anfangen. Die Last der Sauerstoffgeräte und der anderen Gegenstände, die er mit sich herumschleppen mußte, um in dieser Umwelt leben zu können, war ungewohnt und ermüdend. Ursprünglich hatte er sich mit den Staurni von Bord seiner Jacht aus über Fernsehtelefon verständigen wollen, doch Koumanides hatte ihn davor gewarnt. »Man wird Sie mehr respektieren, Kapitän, wenn Sie herauskommen und ihnen in ihrer eigenen Umgebung begegnen. Das mag unvernünftig klingen, aber es ist so. Außerdem verbessert persönlicher Kontakt das Verhandlungsklima. «
So stand Heim jetzt da und blinzelte mißmutig ins grelle, bläulichweiße Sonnenlicht. »Ich sehe den Vorteil«, antwortete er. »Aber wenn meine eigene Manövrierfähigkeit darunter leidet, wird er wieder aufgehoben.«
Koumanides übertrug seinen Einwand in die zwischen den Höhen von Kimreth und der Eisernen See gebräuchliche Sprache. Ro breitete seine krallenbewehrten Hände in einer seltsam menschlichen Gebärde aus. »Der Verlust an Manövrierfähigkeit ist unbedeutend«, sagte er, »denn für den Abschuß einer Rakete ist nur ein Sekundenbruchteil erforderlich. Danach steht sofort wieder die ganze Beschleunigungskraft zur Verfügung. Natürlich ist es notwendig, das System mit dem Maschinenkomplex zu
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