TTB 116: Freibeuter im Weltraum
wirklich. Aber wir waren wohl beide zu beschäftigt. Irgendwie schien sich nie eine Gelegenheit zu ergeben.«
»Zu beschäftigt, weil zu dumm«, sagte sie. »Gute Freunde sind so selten zu finden. Und das waren wir einmal, nicht?«
»So habe ich es in Erinnerung«, sagte er. »Denkst du noch manchmal an unsere Reise nach Europa?«
»Wie könnte ich das vergessen?« Sie gab ihm sein Glas und setzte sich wieder. »Die kleine alte Taverne in Amsterdam, wo du dir jedesmal, wenn du aufstandest, eine Beule am Kopf holtest. Und als du und Edgar mit eurem Gesang – besser gesagt, Gebrüll – erreichtet, daß man uns alle an die Luft setzte. Aber damals, im Morgengrauen auf den Stufen vor Sacré-Coeur, warst du wirklich sehr nett.«
»Ihr Mädchen wart noch viel netter«, sagte er etwas wehmütig. »Es tut mir leid, daß es zwischen dir und ihm nicht gehalten hat.«
»Es war ein Fehler, die alte Erde zu verlassen«, gab sie zu. »Als wir merkten, wie sehr die fremde Umgebung unseren Nerven zugesetzt hatte, war es zu spät. Er hat jetzt eine wirklich gute Frau.«
»Das ist immerhin etwas.«
»Und wie steht es mit dir, Gunnar? Nun bist du schon fünf Jahre allein. Hast du nicht…«
»Nichts«, sagte er abweisend. »Ich weiß nicht, warum.«
Sie fragte sanft: »Ich wage ja nicht, mir selbst zu schmeicheln, aber könnte es sein, daß ich schuld daran bin?«
Er schüttelte den Kopf. Seine Wangen brannten. »Nein. Das war lange vorher zu Ende. Laß uns über etwas anderes reden.«
»Gern. Dies soll schließlich ein frohes Wiedersehen sein. Auf unsere Gesundheit.« Die Gläser klangen zusammen.
Sie begann von vergangenen Tagen zu sprechen, und kurz darauf hatten sie sich in den trivialen Erinnerungen verloren, die einen so großen Teil jeder Freundschaft ausmachen – weißt du noch, was ist eigentlich aus dem geworden, einmal sagtest du, wir dachten, erinnerst du dich, ich habe es nie erfahren – und die Zeit und die Worte und die geleerten Gläser gingen dahin, und schließlich spielte sie ihm auf der Flöte vor, und er hatte sich zu ihr auf die Couch gesetzt und betrachtete das Lichterspiel in ihrem Haar. Aber als sie »Au Clair de la Lune« begann, ließ sie die Flöte in den Schoß sinken. Er sah, wie sie die Augen schloß und ihr Mund weich wurde.
»Nein«, sagte sie. »Verzeih. Ich habe nicht nachgedacht. Du hast es mich gelehrt, Gunnar.«
Er legte seine Hand unbeholfen auf ihre Schulter. »Vergiß das«, sagte er. »Ich hätte meinen großen Mund halten sollen. Aber es entstand ja kein Schaden. Es war nicht mehr als – als eine Vernarrtheit. Connie hat es dir nie übelgenommen.«
»Ich hatte nicht soviel Glück«, flüsterte sie.
»Joss, du hast es dir nie anmerken lassen!« stammelte er verwirrt.
»Ich wagte es nicht. Aber das war der wirkliche Grund, warum ich Edgar überredete, die Erde zu verlassen. Ich hoffte – Gunnar, als ich dann zurückkam, warum waren wir beide solche Idioten?«
Plötzlich lachte sie leise, kam zu ihm und sagte: »Es ist noch nicht zu spät, oder?«
11.
Staurn drehte sich in achtzehn Stunden einmal um seine Achse. Sieben planetarische Tage waren vergangen, als Utgh-a-Kthaq seine Installationsarbeiten beendet hatte und mit einem Tender auf dem Planeten landete.
Als sein mächtiger, glatter Körper in den Navigationsraum der Jacht gewatschelt kam, begrüßte ihn Vadasz grinsend. »Hallo, Chefingenieur. Ich hoffe, Sie sind nicht zu müde, um sofort abzureisen. Wir haben hier schon zuviel Zeit vertrödelt.«
»Ich bin genauso ungeduldig wie Sie«, gurgelte der Naqsaner. »Was noch zu tun ist, kann auch ohne mich getan werden. Wenn alles gut geht, sind wir fertig, bis dieser spezielle Raketendrehturm eingerichtet ist. Das heißt, wenn das Staurnsystem so gut ist, wie die Leute behaupten.«
»Was Sie feststellen sollen. Sie sind jetzt der Mann, der entscheidet.« Vadasz fand die Gewohnheit der Naqsaner, das Offensichtliche mit todernster Bedeutsamkeit immer noch einmal zu wiederholen, irritierend – fast so irritierend wie ihren Geruch. »Ich habe Ihren Proviant schon eingepackt. Suchen Sie Ihre persönlichen Gepäckstücke zusammen und kommen Sie in einer halben Stunde zu uns hinaus.«»Uns? Wer geht außer mir noch zu diesem Horst?«
»Der Kapitän und Gregorios Koumanides als Dolmetscher. Ich selbst, weil ich mich hier langweile. Und dann sind da noch zwei Leute von der Quest, Viktor Bragdon und Jocelyn Lawrie.«
»Warum kommen die mit?«
»Sie sind auf einer
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