TTB 116: Freibeuter im Weltraum
stammelte Heim.
»Wir sind sehr einsam, Sie und ich«, sang Cynbe. Seine großen Augen richteten sich auf den Mann. »Alt ist Alerion. Sehr alt. Langlebig sind die roten Zwergsterne, und spät erscheint das Leben in ihrer schwachen Strahlung. Als wir entstanden, auf einem Planeten ausgetrockneter Meere, mit Flüssen, die zu Rinnsalen in einer Wüste geworden waren, auf einer Welt, die mit Luft, Wasser, Metall und Leben geizte, vergingen ungezählte Zeitalter, die wir in Wildheit und Barbarei verbrachten. Lange brauchte die Maschine, bis sie zu uns kam. Was Sie in Jahrhunderten erreichten, wir taten es in Zehntausenden von Jahren. Und als es getan war, nach einer Million Jahre, war nur eine Gesellschaft geblieben, hatte alle anderen verschlungen, und die Maschinen gaben uns eine Macht, die unzerstörbar war. Zu den Sternen zogen die Wanderer, Entdeckungen vollbrachte der schweifende Intellekt, doch es waren nur die kleinen Wellen über der stillen Tiefe einer Kultur, die in der Ewigkeit verwurzelt ist. Die Erde lebt für Ziele, Alerion für das Unveränderliche. Verstehen Sie das, Gunnar Heim?«
»Ich – Sie meinen …«, stotterte Heim. »Nun, ja, unsere Gelehrten haben Theorien darüber entwickelt. Das heißt, manche Leute glauben, Sie reagieren nur, weil wir Ihre Stabilität bedrohen. Aber das leuchtet mir nicht ein. Wir könnten zu einem Übereinkommen gelangen, wenn Sie nichts weiter wollen, als in Ruhe gelassen zu werden. Aber Sie versuchen uns aus dem Raum zu vertreiben.«
»Das müssen wir. Was sind Verstand und Logik anderes als die Instrumente eines altgewordenen Instinkts? Wenn weniger mächtige Rassen als wir auftreten, so ist das nicht mehr als ein Summen von Insekten. Aber Sie, Sie kamen vor zehn- oder zwanzigtausend Jahren, einem Nichts an Zeit, aus den Höhlen, vertauschten Ihre steinernen Streitäxte mit Waffen, die Planeten erschüttern, überschwärmen diese Sterne, und Ihre Träume greifen nach dem ganzen Kosmos. Das ist es, was wir nicht ertragen! Wir fühlen das Unheil, welches darin liegt, daß wir nur noch eine kleine Enklave sein sollen, hilflos der Gewalt jener ausgeliefert, die sich die ganze Milchstraße Untertan machen wollen. Würden Sie, könnten Sie einer Rasse vertrauen, die solche Ziele verfolgt? Nein? Genausowenig kann es Alerion tun. Sie müssen auf Ihre eigenen Planeten zurückgeworfen werden, vielleicht sogar zurück in Ihre Höhlen und Wälder.«
»Das sagen Sie, und doch sprechen Sie davon, daß wir Freunde sein sollen?« Heim ballte zornig die Fäuste.
Cynbe stand ihm direkt gegenüber, und nun lächelte er über die Plumpheit menschlichen Denkens. »Bisher habe ich ›wir‹ gesagt und meinte damit ganz Alerion. Natürlich ist das nicht die Wahrheit. Denn als die Bedrohung durch euch Erdenbewohner zuerst erkannt wurde, war auch klar, daß jene starr denkenden Mitglieder der Hohen Gesellschaft vor Ihnen untergehen müssen, die Sie nicht gebunden sind und das Neue nicht fürchten. Ich gehörte zu den Meistern, die sahen und erkannten, daß es zur Überwindung der Menschen nötig ist, ihr Denken und Handeln zu lernen und zu begreifen. Aber der Preis dafür war unsere Einsamkeit im Geist.«
Heim sah Cynbe in seiner Schönheit und Trauer dastehen und fand keine Worte.
»Können Sie nicht sehen«, fuhr der Aleriona mit erhobener Stimme fort, »wie ich mich einsam fühlen muß, der ich mehr wie ein Erdmensch denke als alle anderen, außer jenen wenigen, die wie ich geschaffen sind? Sehen Sie nicht, welchen Zauber es ausübte, auf der Erde zu sein und mit Gehirnen in Wettstreit zu treten, die gleich mir keinen Horizont kannten? Ihre Bücher zu lesen, Ihre Musik zu hören und die lebendige Augen-Kunst zu betrachten?«
Cynbe lachte. »Ich will Ihnen nicht Angst machen, Kapitän. Ich biete Ihnen nur das, was Sie annehmen werden. Freundschaft? Gespräche? Vielleicht Zusammenarbeit? Ich verlange niemals, daß Sie Ihre Leute verraten. Leicht könnte ich Ihnen Ihre Pläne und Ihr Wissen entreißen lassen, aber ich tue es nicht. Sehen Sie sich als einen Gefangenen und denken Sie, daß es keinen Schaden tut, wenn Sie ein Bewußtsein mit Ihrem Fänger teilen, der Ihr Freund sein könnte. Erinnern Sie sich, Kapitän: Meine Macht in Alerion ist groß. Leicht könnte ich eines Tages eine Grenze für Ihre Rasse ziehen und ihr so den Untergang ersparen.«
Cynbe hielt ihm die Hand hin. »Versprechen Sie mir, daß Sie keinen Fluchtversuch machen und Ihren Rassegenossen keine Nachrichten
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