TTB 176 - Laumer, Keith - Diplomat der Grenzwelten
dann besann er sich anders und zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Gut, Sir. Sein Zimmer. Hier entlang.«
*
Es war ein Apartment erster Klasse im zehnten Stock, direkt neben dem Golfplatz. Der Boy schloß die Tür auf und sah sich dabei nervös in dem Korridor mit den gedämpften Lichtern um.
»Rufen Sie, wenn jemand kommt«, sagte Retief.
Im Innern warf er einen Blick auf die üblichen Hotelmöbel, auf die unauffälligen Anzüge, die im Schrank hingen, die verfilzte Haarbürste und die aufgerollte Zahnpasta im Bad. Auf dem Schreibtisch lag eine verschlossene Mappe. Er öffnete sie mit einem winzigen Instrument, das er aus seiner Anzugjacke holte, warf einen Blick auf die Papiere und pfiff durch die Zähne, als er eine Karte in einer Plastikhülle hochhob.
Sobald er sich wieder im Korridor befand, entließ er seinen Führer und begab sich mit dem Lift zu seinem eigenen Zimmer. Aus dem Schrank drangen unterdrückte Laute. Er öffnete die Tür. Im Innern baumelte ein kleiner Mann mit einem nichtssagenden grauen Coverall in einem Netz. Er hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt.
»Ich sehe, Sie haben den Schrank gefunden«, meinte Retief freundlich. »Billige Schlösser für eine so teure Bude.«
»Ich – ich – es ist ein Irrtum«, würgte der kleine Mann. »Holen Sie mich hier heraus.«
»Was haben Sie gesucht?«
»Ich dachte – ich dachte, es sei das Zimmer meiner Freundin«, stammelte der Eindringling. »Ich – ich wollte sie überraschen.«
Retief warf einen Blick auf seine Uhr. »Mhm«, sagte er. »Na schön, es ist noch früh. Ich bin jetzt in der richtigen Stimmung für ein Brathähnchen in Burgunder. Zuvor werde ich natürlich einige Cocktails nehmen. Aber in etwa drei Stunden bin ich wieder zurück.« Er schickte sich zum Gehen an.
»Warten Sie! Ich – ich bin nicht, das heißt, ich bin … Sie können mich doch nicht einfach so hängen lassen!«
»Weshalb nicht? Wenn ich eine gewisse Freundin im hundertfünften Stock besucht hätte, wäre ich vielleicht überhaupt nicht mehr zurückgekommen.«
»Unsinn!« stieß der Kleine hervor. »Mensch, Mann, ich bin ein Kollege von Ihnen.«
Retief zeigte schwache Überraschung. »Aber, wenn das nicht Mister Bloodblister vom Hauptquartier ist! Einer der Spitzenagenten des CDT! Beinahe hätte ich Sie nicht erkannt.«
»Nur beinahe? Ich trage ein Make-up für fünftausend Credits – inklusive Plastiveränderungen. Und jetzt schneiden Sie mich endlich los, Retief.«
Retief hielt seinen Ring in Richtung des Gefangenen. Ein winziges Klicken, und die Kamera hatte das Schauspiel festgehalten.
»Was soll das?« fragte Bloodblister.
»Eine kleine Erinnerung an unser Zusammentreffen«, erwiderte Retief gutgelaunt, während er das Netz öffnete. »Hübsch, nicht wahr?« Er deutete auf seine Falle. »Ich baue es immer auf, wenn ich mit Schnüfflern rechne. Natürlich hatte ich keine Ahnung, einen Kollegen hier anzutreffen.«
»Sie werden doch das Foto nicht Botschafter Gumbroil zeigen?« stieß der Mann hervor. »Oder dem Untersekretär?«
»Nur, wenn es nötig werden sollte, irgendwelche Gerüchte über unsere gegenseitigen Beziehungen zu unterdrücken.«
Bloodblister zupfte an seinem zerknautschten Coverall und sah Retief säuerlich an.
»Kommen wir gleich zur Sache, Retief«, sagte er dann scharf. »Ich wurde eigens hergesandt, um Sie aufzuspüren. Ich soll Ihnen neue Instruktionen geben – und Aufklärung darüber verlangen, weshalb Sie bisher keinen Erfolgsbericht abgesandt haben.«
»Ganz einfach«, sagte Retief. »Ich hatte noch keinen Erfolg.«
»Hören Sie!« Bloodblister wirkte indigniert. »Sie sollten den Gerüchten über terranische Piraten auf den Grund gehen und gleichzeitig die Teilnahme der Haterakans an unserem Projekt BAUER sichern. Statt dessen lassen Sie sich wochenlang in Luxusschiffen von einer Welt auf die andere bringen, bummeln in den vornehmsten Bars herum und begeben sich schließlich in die Gesellschaft von äußerst suspekten Elementen – wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf.«
Retief nickte zustimmend.
»Nun, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?«
»Es war eine interessante Kreuzfahrt«, meinte Retief. »Möchten Sie einen Drink, Mister Bloodblister?«
»Nein, verdammt noch mal! Ich möchte wissen, weshalb Sie ihre täglichen, halbwöchentlichen, wöchentlichen, zweiwöchigen und monatlichen Berichte nicht abgesandt haben – in sechsfacher Ausführung und mit
Weitere Kostenlose Bücher