Tür ins Dunkel
Luft im Motelzimmer wurde kälter. Obwohl Melanie zu schlafen schien, strampelte sie wild unter der Decke, keuchte, wimmerte und murmelte: Die... Tür... die Tür...«
Das Mädchen schien zu spüren, daß etwas nahte, »... haltet sie geschlossen1.« Die Temperatur fiel und fiel. Leise, aber eindringlich: »Nicht,,, nicht... nicht heraus lassen!«
Das Mädchen zitterte wie Espenlaub, stöhnte, schlug um sich, aber ohne aufzuwachen, Laura fühlte sich deprimierend hilflos, während Sie ihren Blick durch das kleine Zimmer schweifen ließ. Sie fragte sich, welche Gegenstände plötzlich zum Leben erwachen würden, so wie das Radio in ihrer Küche. Oder würde etwas durch die Tür eindringen? Dan Haldane hatte seinen Revolver gezogen. Laura drehte sich langsam im Kreis und wartete darauf, daß das Fenster zerschellen oder die Tür zerbersten würde, daß die Stühle und der Tisch zu tanzen beginnen würden. Dan ging auf die Tür zu. Offenbar glaubte er, daß von dort Gefahr drohte. Dann wurde es schlagartig wieder warm. Melanie hörte auf zu wimmern, zu keuchen und zu sprechen. Sie schlug auch nicht mehr um sich, sondern lag regungslos im Bett. Ihre Atemzüge waren ungewöhnlich langsam und tief. »Was war los?« fragte Dan.
»Keine Ahnung.«
Im Zimmer war es jetzt wieder so warm wie zuvor. »Ist es vorüber?« wollte Dan wissen. Laura antwortete wieder: »Keine Ahnung.«
Melanie war leichenblaß. Weil sie ein schulterfreies Kleid trug, bemerkte Regine die plötzliche Kühle früher als Eddie. Sie standen mitten im Gedränge an einem Würfeltisch, und Eddie überlegte, ob er sich am Spiel beteiligen sollte. Im Casino war es so warm, daß Regine wünschte, sie hätte etwas bei sich, womit sie sich Luft zufächeln könnte. Und dann wurde es plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, so kalt, daß sie fröstelte und eine Gänsehaut bekam. Im ersten Moment dachte sie, daß die Air-Condition falsch eingestellt worden war, doch dann wurde ihr klar, daß das nicht die Ursache eines so jähen Temperatursturzes sein konnte.
Auch andere Frauen hatten die plötzliche Kälte bemerkt, und dann fiel sie auch Eddie auf. Es war unverkennbar ein schwerer Schock für ihn, Er wandte sich vom Würfeltisch ab, verschränkte die Arme vor der Brust und itterte am ganzen Leibe, Sein Gesicht drückte Entsetzen aus, Er blickte sich gehetzt nach allen Seiten um und bahnte sich mit den Ellbogen rücksichtslos einen Weg durch die Menge. Steif und ungelenk wie eine Marionette bewegte er sich auf den breiten Mittelgang zu.
»Eddie?« rief Regine ihm nach. Er drehte sich nicht nach ihr um.
»Eddie!«
Es war jetzt bitter kalt, zumindest in der Nähe der Würfeltische, und die Leute debattierten über diesen unerklärlichen Temperatursturz.
Regine schob sich ihrerseits durch die Menge. Eddie hatte den Mittelgang erreicht und war an einer freien Stelle stehengeblieben. Er drehte sich langsam im Kreis, mit erhobenen Armen, so als wollte er einen möglichen Angreifer abwehren. Aber weit und breit war kein Angreifer zu sehen, und Regine fragte sich, ob er vielleicht den Verstand verloren hatte. Sie sah, daß Eddies sonderbares Benehmen auch einem Sicherheitsbeamten aufgefallen war, der jetzt herbeieilte.
»Eddie!« rief Regine wieder, aber selbst wenn er sie hörte, hatte er keine Gelegenheit mehr zu antworten, denn er wurde in diesem Moment von einem so heftigen Schlag getroffen, daß er seitwärts taumelte, gegen Leute prallte und auf die Knie stürzte.
Aber wer hatte ihm diesen Schlag versetzt? Zwar hatte ihn eine Menschenmenge umflutet, aber er hatte eine kleine Insel freien Raums um sich gehabt. Mindestens zwei oder zweieinhalb Meter Abstand zu jeder anderen Person hatte er gehabt. Und dennoch ließ sich nicht leugnen, daß ein Schlag ihn mit voller Wucht getroffen hatte; seine Haare waren zerzaust, und sein Gesicht war blutüberströmt.
Oh Gott, soviel Blut!
Er begann zu schreien.
Im Casino hatte ohrenbetäubender Lärm geherrscht, doch als Eddie zu schreien begann, trat tiefe Stille ein. Seine gellenden Schreie waren markerschütternd, und sie wurden auch noch von unsichtbaren Verstärkern - oder von irgendwelchen besonders gearteten Schallwellen in der eisigen, rauchgeschwängerten Luft - aufgegriffen, hallten mit doppelter und dreifacher Lautstärke durch den Saal.
Die Menschen wichen vor Eddie zurück, und auch Regine blieb unwillkürlich in einiger Entfernung stehen. Eddies rechtes Ohr hing halb abgerissen herab,
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