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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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was ich tun oder sagen könnte, würde sie von ihrem Verdacht abbringen. Alles stürzte ein, mein Selbstschutz, meine Sicherheit, mein letztes bisschen vorgetäuschte Stärke. Ich spürte, wie eine heiße Flüssigkeit meine Wange hinab rann. Es passierte einfach von selbst, eine Träne folgte der nächsten. Ehe ich es realisierte, war es schon zu spät. Ich verbarg das Gesicht in den Händen, schluchzte und fühlte mich armselig und erbärmlich.
    Neben mir knautschte das Leder vom Fahrersitz und kurz darauf spürte ich, wie sich Alenas Arme um mich legten. Ich wich zurück, rutschte auf den letzten Zentimeter der Sitzfläche, doch sie fasste nach und zog mich an sich. Das Gesicht an ihrer Schulter vergraben weinte ich leise vor mich hin. Ihre Hand streichelte mir unentwegt über den Rücken.
    »Liebes«, flüsterte sie. »Was ist nur zwischen euch vorgefallen?«
    Ich schluchzte und brachte kein Wort hervor.
    »So schlimm?«, fragte Alena.
    Ich nickte und sie verstärkte den Griff.
    »Du willst nicht darüber reden, richtig?«
    Ich schüttelte den Kopf. Wie könnte ich mit seiner Mutter darüber sprechen? Sie atmete schwer und streichelte mir weiterhin über den Rücken. Behutsam küsste sie mich auf die Haare und bettete das Kinn auf meinem Kopf. Schweigend hielt Alena mich im Arm und gab mir zumindest für eine Weile das Gefühl, nicht alles allein tragen zu müssen. Auf eine befremdliche Weise tat mir diese Umarmung tatsächlich gut.
    Wahrscheinlich hätte Alena mich noch stundenlang so festgehalten, wäre mir nicht irgendwann wieder der Grund eingefallen, warum wir überhaupt in diesem Auto saßen.
    »Mein Zug!« sagte ich und setzte mich auf. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, kratzte mich dabei aus Versehen an der Wange und fluchte. Den Blick hielt ich gesenkt und sah Alena kein einziges Mal in die Augen.
    Super. Jetzt konnte ich verheult durch den Bahnhof hetzen. Davon hatte ich schon immer geträumt. Ich schniefte.
    »Hier«, sagte Alena und reichte mir ein Taschentuch, das sie aus ihrer Handtasche hervorgekramt hatte.
    »Danke«, murmelte ich und schnäuzte mich.
    »Emely«, sagte sie gedämpft. »Gefühle zu zeigen ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.«
    War das so? Und warum tat es dann jedes Mal so weh, wenn ich genau das tat?
    Ich antwortete nicht, nickte nur. Alena legte mir die Hand auf die Schulter und zwinkerte mir zu. »Kann ich noch ein Taschentuch haben?«, fragte ich.
    »Aber natürlich.« Sie drückte mir gleich die ganze Packung in die Hand.
    Ich trocknete die restlichen Tränen damit und versuchte deren Spuren in meinem Gesicht wegzuwischen. Doch es war vergebens. Ich spürte, wie die Haut unter meinen Augen angeschwollen war.
    »Wann fährt dein Zug denn genau?«, wollte Alena wissen.
    Ich sah auf die Uhr im Armaturenbrett. »In acht Minuten.«
    »Wie bitte? Und dann sitzen wir noch hier?« Mit diesen Worten öffnete sie die Tür und sprang aus dem Auto. Als ich es ihr nachtat, stand sie schon vor dem Kofferraum und kämpfte mit meiner großen Reisetasche. Ich holte meine Messenger-Bag vom Rücksitz, streifte sie mir quer über die Schulter und einigte mich mit Alena, dass jeder einen Henkel der Reisetasche nahm. Ich wischte mir noch einmal durch das verweinte Gesicht, ehe wir gemeinsam in Richtung Bahnhof rannten.
    Eine hektische Suche nach dem richtigen Gleis begann. Als wir es endlich fanden, hetzten wir die Treppen nach oben zum Bahnsteig, wo mein Zug bereits stand. Ich kletterte hinein und Alena hielt mir die Reisetasche entgegen. Mich auf die letzte Stufe stellend, nahmen wir uns noch einmal in den Arm. »Du wirst mir fehlen, Emely.«
    »Du mir auch.«
    »Versprich mir, dass du gut auf dich aufpasst.«
    »Ich verspreche es«, sagte ich. »Und ihr bitte auch auf euch.«
    Alena nickte, während die Geräusche des Zugs immer mehr nach Abfahrt klangen. Der schrille Pfiff des Schaffners hallte über den Bahnsteig. Ich drehte mich weg, um ganz einzusteigen, da griff Alena nach meinem Arm. »Warte!«, sagte sie und wühlte in ihrer Handtasche. Sie holte einen dicken Umschlag hervor und drückte ihn mir in die Hand. Mit einem eindringlichen Blick sah sie mir in die Augen und verstärkte den Druck um mein Handgelenk. »Emely, ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung, was zwischen euch beiden vorgefallen ist – aber was auch immer Elyas getan hat, es tut ihm wirklich sehr leid.«
    Ich starrte sie an. Woher wusste sie, dass er etwas getan hatte?
    »Instinkt«, sagte sie mit

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