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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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tief in Gedanken versunken.
    Schließlich landete ich bei dem Foto, dass Alena unbedingt von ihren vier Kindern machen wollte. Alex und Sebastian in der Mitte sitzend, eingekreist von den Blues Brothers . Ich musste schmunzeln, genauso wie auf dem Schnappschuss. Es war das einzige Bild, auf dem sowohl Elyas‘ als auch mein Lachen echt wirkte.
    Das nächste Foto war das letzte. Es war ebenfalls im Wohnzimmer aufgenommen, von den Gästen fehlte aber jede Spur. Vereinzelt lagen noch Geschenkpapierreste herum und leere Glühweingläser standen auf dem Tisch. Vor den großen Fenstern dämmerte der Morgen und flutete den Raum mit bläulich hellgelbem Licht. Als ich auf das Sofa blickte, rückte jedoch alles andere in den Hintergrund.
    Dort lag ein schlafender Engel.
    Auf der Seite, den Kopf auf dem ausgestreckten Arm gebettet. Das Gesicht, als wäre er vor Müdigkeit nach vorne gefallen, halb im Sofa vergraben. Die kleine Ligeia zusammengerollt eng vor seinem Bauch. Seine Hand ruhte schlaff neben ihr, als hätte er sie vor kurzem noch gestreichelt.
    Warum hatte Elyas im Wohnzimmer geschlafen?
    Von seinem Anblick in einen Bann gezogen, fuhr ich mit dem Finger seine Silhouette nach. Ich erinnerte mich an die Nacht im Zelt, als ich Elyas beim Schlafen beobachtet und mich an ihn geschmiegt hatte. Wie von selbst legte sich ein Lächeln auf meine Lippen.
    Elyas sah so friedlich, so zauberhaft, so unschuldig aus, genau wie der Mann, in den ich mich verliebt hatte. Und kein bisschen wie der, der mich in die Hölle geschickt hatte, in der ich mich befand.
    Ich wünschte, ich könnte eintauchen in dieses Bild und mich zu ihm legen. Ihn fühlen, ihn riechen, ihn schmecken. Immer wieder strich ich mit dem Finger über seine Konturen.
    »Ich liebe dich …«, flüsterte ich, schloss die Augen und kroch gedanklich an seine Seite. Spürte, wie er den Arm um mich legte und mich an sich zog. Atmete seinen Geruch ein und ließ seine Wärme meinen ganzen Körper einnehmen …
    Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Ich zuckte zusammen und riss die Augen auf. Ein Mann, vielleicht um die Vierzig, stand in blauem Anzug vor mir und deutete auf seine Ohren. Mein MP3-Player. Schnell nahm ich die Hörer heraus. »Äh, ja?«, fragte ich.
    »Ich fühle mich sehr geschmeichelt, junges Fräulein. Ich muss zugeben, so etwas höre ich nicht alle Tage. Fürs Erste würde mir aber dennoch ihr Fahrschein genügen«, sagte der Schaffner mit einem dicken Schmunzeln im Gesicht.
    Ich schluckte und starrte ihn an. Gleichzeitig wurde immer mehr Blut in meinen Kopf gepumpt. So heiß wie es sich anfühlte, konkurrierte mein Gesicht ernsthaft mit einer Tomate. »Ihre Fahrkarte, Fräulein. Darf ich sie sehen?«, fragte er erneut.
    »Ehm … Ja, n-n-n-natürlich.« Ich löste mich aus der Starre, öffnete meine Tasche und begann darin zu wühlen. Taschentücher, Tampons und ein Buch fielen heraus. Ich stopfte die Sachen schnell wieder hinein. Meine Gesichtsfarbe wechselte von Tomate zu Aubergine. In der hintersten Ecke fand ich schließlich endlich die Fahrkarte und reichte sie dem Schaffner entgegen. Mein Blick war auf den Boden gerichtet.
    »Vielen Dank«, sagte er und gab sie mir zurück. »Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Fahrt.« Mit diesen Worten setzte er seinen Weg fort, ich dagegen wurde immer kleiner auf meinem Sitz. Hatten das noch mehr Leute mitbekommen? Ich unterließ es, das herauszufinden, und wagte es nicht, den Kopf auch nur ansatzweise in eine Richtung zu drehen, in denen mir Leute entgegenblicken könnten. Zusammen mit der Fahrkarte verstaute ich die Bilder in der Tasche und zog es vor, für den Rest der Reise stillschweigend und so klein wie ein Maulwurf zu verharren.

KAPITEL 14
    Professionelle Hilfe
    Jeder kennt das Gefühl: Man kehrt nach einer längeren Reise nach Hause, erschöpft von der Fahrt und mehrfachem Umsteigen mit schwerem Gepäck, und freut sich nur noch auf die eigenen vier Wände. Genauso war es mir ergangen.
    Womit ich nicht gerechnet hatte, war das abrupte Ende meiner Freude, nachdem ich die Tür zu unserer Wohnung aufgesperrt und zwei kopulierende Tiere auf meinem (!) Bett – Kotz! Würg! Galle spuck! – vorgefunden hatte. Evas Waden klebten an Nicolas verschwitzter Brust, während er …
    Angewidert schüttelte ich mich bei der Erinnerung. Niemals, aber auch niemals würde ich dieses Bild wieder loswerden!
    Heute, zwei Tage später, stank mein Bett immer noch nach Desinfektionsmittel. Die Bettwäsche hatte ich

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