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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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dass ich nicht längst in China gelandet war. Eiskalte Winterluft umgab mich, mein Atem stieg in kleinen Rauchschwaden nach oben und die Kälte nistete sich in meine Knochen ein. Ich zog die Jacke noch fester zusammen und rieb die Hände aneinander. Im Zweiminutentakt holte ich das Handy aus der Tasche, aber außer dem heutigen Datum, der Uhrzeit und dem Akkustand blickte mir dort nie etwas entgegen. Kein Anruf. Keine SMS. Nichts.
    Als die Halle endlich vor meinen Augen auftauchte, wurden meine Schritte urplötzlich langsamer. Was wollte ich Elyas eigentlich sagen?
    Super, Emely. Wie eine Bescheuerte umherirren, aber sich über den wesentlichen Bestandteil des Vorhabens keine Gedanken machen. Hey Elyas, du, ich weiß, das mag sich jetzt sehr komisch anhören, aber weder der Brief noch die E-Mail haben mich erreicht?
    Klasse Idee. Also wenn das kein guter Anfang war, dann wusste ich auch nicht … Vielen Dank, Hirn. Ich versuchte erst gar nicht, mir noch so etwas »Tolles« einfallen zu lassen und hoffte stattdessen, es würde sich alles von selbst fügen, wenn ich ihm gegenüber stand. Letztlich könnte ich sowieso planen, was ich wollte – sobald der Moment real würde, wäre alles wieder ganz anders.
    Und was, wenn er überhaupt nicht mit mir reden wollte?
    Ich hätte am liebsten zwei Planierraupen bestellt, die sich sofort um diesen Gedanken kümmern würden, aber natürlich manifestierte sich ausgerechnet der in meinem Kopf. Doch egal , redete ich mir ein. Ich würde ihn einfach zwingen, mir zuzuhören, und ihm Dinge sagen, bei denen er sich nicht von mir abwenden könnte.
    Emely, wenn ich die Augen schließe, sehe ich dein Gesicht, spüre deinen Körper unter meiner Hand und rieche den Duft deiner Haare. Ich wünschte, ich könnte dich noch mal im Arm halten.
    Die Worte aus meinen Erinnerungen legten sich wie ein Wärmeschleier über mich, ließen mich die Kälte für einen kurzen Moment vergessen und schnitten doch in mein Herz.
    Auf dem Hof vor der Halle standen vereinzelte kleine Grüppchen. Entweder sie grölten lautstark herum und waren offensichtlich angetrunken oder rauchten im Stillen und frierend eine Zigarette. Dank der neuen Nichtraucherverordnung förderte Rauchen jetzt also nicht nur noch Lungenkrebs, sondern auch Lungenentzündung.
    Die laute Musik, die im Inneren gespielt wurde, tönte bis nach draußen und hallte über den gesamten Vorplatz. Je näher ich dem Eingang kam, desto mehr spürte ich den Boden unter meinen Füßen vibrieren. Als ich den Einlass erreichte, standen zehn bis fünfzehn Leute vor mir in der Schlange. Ich reihte mich am Ende ein und dachte daran, wie warm es die Menschen hatten, die bereits drinnen waren. Wie sich herausstellte, sollte ich nicht allzu schnell zu ihnen gehören. Ein unheimlich intelligentes Wesen war nämlich überzeugt davon, mit einer ganzen Tüte Feuerwerkskörper in die Halle zu müssen. Dass der Türsteher ihm immer wieder sagte, dass dies nicht erlaubt wäre, interessierte ihn leider herzlich wenig. Eine Diskussion entstand. Ich wäre am liebsten nach vorne gegangen, hätte dem Typ die Tüte aus der Hand gerissen und über den Kopf gehauen. Stattdessen zog ich das Handy aus der Tasche und warf einen erneuten Blick darauf. Nichts. Mit einem unwohlen Gefühl im Bauch steckte ich das Handy wieder weg.
    Allmählich wurde das Getuschel in der Schlange lauter. Ich war nicht die Einzige, die wegen dem Mann mit den Feuerwerkskörpern die Geduld verlor. Ich seufzte und zerrte den Taillengürtel meiner Jacke enger zusammen. Wo waren die korrupten Türsteher, wenn man sie brauchte? Bei meinem Glück würde wahrscheinlich gleich noch ein Islamist um die Ecke biegen, der mit einem verfluchten Koffer in die Halle wollte! Ich warf den Kopf in den Nacken.
    Nach einem schier unendlichen Hin und Her gab der Idiot schließlich murrend seine bescheuerte Tüte ab und die Schlange setzte sich langsam wieder in Bewegung. Ich holte meinen Geldbeutel hervor, zahlte fünfzehn Euro Eintritt und bekam einen Stempel auf die Hand. Anschließend stürzte ich mich in die Menge.
    Die Musik dröhnte und es war so viel los, dass ich mir die Frage stellte, wie ich Elyas jemals in diesem Gewühl finden sollte. Zumindest brauchte ich mich jetzt nicht mehr wundern, warum er sein Handy nicht hörte.
    Die Beleuchtung in der Halle war eine Katastrophe. Vorwiegend Dunkelheit, die nur von ständig wechselnden Lichtblitzen aus Scheinwerfen und Lasern unterbrochen wurde. Die Arme eng an meine

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