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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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nicht atmen ließ. In genau einer dieser Nächte sollte Elyas vor meiner Tür gewesen sein. Die Vorstellung verursachte mir eine Gänsehaut.
    Hätte ich in dem Brief eine Erklärung für alles gefunden? Oder hätte er nur neue Fragen aufgeworfen? Und hätte ich Elyas überhaupt verzeihen können, was ich dort gelesen hätte?
    »Mann …«, sagte Sebastian nach langer Pause kopfschüttelnd. »Das erklärt so einiges.«
    Ich starrte vor mich auf den Tisch. »Aber ich verstehe das nicht. Wieso hat Alex denn nie einen Ton gesagt?«
    »Weil Alex davon nichts weiß«, sagte er. »Elyas hat mich gebeten, sie rauszuhalten. Ich konnte das verstehen. Sie ist deine beste Freundin.« Sebastian legte die Arme auf den Tisch und faltete die Hände. »Außerdem hatte er wohl Angst, dass Alex dich zum Antworten nötigt. Er wollte nicht, dass du dich gezwungen fühlst. Du solltest aus freien Stücken antworten.«
    In den letzten Sätzen konnte ich Elyas‘ Stimme heraushören, sah genau vor mir, wie er diese Worte an Sebastian gerichtet hatte. Das war der Elyas, in den ich mich verliebt hatte.
    Erneut entstand eine Stille, die ich schließlich mit einer Frage unterbrach, vor der ich Angst hatte, sie überhaupt auszusprechen.
    »Sebastian … Was stand in dem Brief?«
    Er neigte den Kopf zur Seite und sah mir lange in die Augen.
    »Ich glaube, es gibt eine Person, die dir das viel besser erklären kann.«
    Ein eiskalter Schauer fuhr mir über den Rücken. Für einen Moment fühlte ich nur Taubheit in meinem Kopf. Seit zwei Monaten fürchtete ich nichts mehr, als Elyas über den Weg zu laufen. Nun blieb mir keine andere Wahl, als mich dieser Angst zu stellen, wenn ich wissen wollte, was er mir zu sagen hatte.
    Sollte ich das wirklich tun? Alles noch einmal aufwirbeln, trotz des Risikos, dass es vielleicht nichts ändern würde?
    »Weißt du denn, was er mir zu sagen hat?« Ich bemerkte, dass es nicht das ausdrückte, was ich in Wahrheit meinte. Mit einem beklemmenden Druck um den Hals, stellte ich nach einem tiefen Atemzug meine eigentliche Frage. »Ich meine … rentiert es sich?«
    »Emely«, sagte er. »Darauf musst du dir selbst eine Antwort geben. Nur du kannst das wissen.«
    Ich schluckte, bekam den Kloß im Hals aber trotzdem nicht hinunter. Wie in Zeitlupe nickte ich.
    »Dauert es bei euch noch lange? Ich will ja nicht stören, aber so langsam bräuchte ich wieder deine Hilfe, Emely.« Ich sah zu Nicolas, der an unserem Tisch aufgetaucht war, und ließ den Blick anschließend durch die Bar schweifen. Sie hatte sich gefüllt. Erst jetzt nahm ich die angestiegene Geräuschkulisse wahr.
    »Nein, nein, wir sind fertig«, sagte Sebastian und sah zurück zu mir. »Tut mir leid, es lag nicht in meiner Absicht, dass du Ärger bekommst.«
    »Nicht der Rede wert«, entgegnete ich. »Ich komme gleich, Nicolas. Möchtest du dich noch an die Bar setzen, Sebastian?«
    Nicolas verschwand wieder in Richtung Theke, während Sebastian sich aufrichtete. »Würde ich gerne, ja. Aber so langsam muss ich nach Hause. Alex hat schon angefangen im Kleiderschrank zu wühlen, bevor ich gegangen bin. Wenn ich sie noch länger mit der Frage, was sie heute Abend anziehen soll, allein lasse, dann befürchte ich, wird sie das neue Jahr nicht mehr erleben.«
    Mit einem einseitigen Lächeln stand ich ebenfalls auf. »Hast du denn einen Geheimtipp, wie man sie in solchen Situationen beruhigen kann?«
    »Ich sage ihr einfach so oft, dass sie in allem toll aussieht, bis sie es mir glaubt.«
    Ich seufzte. »Du bist süß, Sebastian. Leider bezweifele ich aber, dass der Tipp übertragbar ist.« Ich griff nach seinem Glas, damit ich es mit zum Tresen nehmen konnte.
    »Da könntest du Recht haben.« Er zog sich seine Jacke über. Als er den Reißverschluss nach oben schob, blickte er einen Moment länger in Richtung Boden als nötig. »Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wofür denn?«
    »Dass ich dir unterstellt habe, du würdest ihn absichtlich leiden lassen.«
    Mit der Hüfte lehnte ich mich an den Tisch. »Na ja, so weit hergeholt wäre die Unterstellung nicht gewesen, wenn mich der Brief oder die E-Mail erreicht hätte. Es ist nachvollziehbar, dass du so dachtest.«
    »Und warum fühle ich mich dann schlecht?«
    »Das weiß ich nicht. Aber es ist unnötig. Wirklich. Alles gut.«
    Er lächelte mich an, zögerte kurz und kam dann auf mich zu, um mich für einen kurzen Moment in den Arm zu schließen. Ich fühlte mich ein bisschen

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