Türkisgrüner Winter (German Edition)
prasselte wieder alles auf mich ein – auch die Sache mit Kevin und Amy. Erst nach ein paar Wochen wurde es besser und ich konzentrierte mich voll und ganz auf mein neues Leben.
Sebastian und Andy entpuppten sich immer mehr als Menschen, denen ich vertrauen konnte. Anfangs waren wir nur zu dritt, die anderen kamen erst nach einer Weile hinzu. In dieser Zeit verbrachten wir sehr viele Nächte oben beim Wasserturm.«
Der Wasserturm. Dort oben hatte Alex ihren ersten Kuss von Sebastian bekommen. Jetzt verstand ich auch, warum Elyas vor ein paar Monaten so vertraut auf den Ort reagiert hatte.
»Die Jahre vergingen und ich mochte mein Leben«, sagte Elyas. »Ich hatte Spaß, gute Freunde und viele schöne Frauen. Letztere nie länger als für eine Nacht. Nach der Beziehung mit Amy habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder so dumm sein und mich verlieben würde.
Was ich dir damals in der Bar erzählte, Emely, als wir Billard gespielt haben und du den Mustang misshandeln durftest.« Er kratzte sich am Hinterkopf. »Na ja, ich war wohl nicht ganz ehrlich zu dir. Ich sagte, ich würde mein Leben nicht ewig so weiterführen wollen. Die Wahrheit ist aber, dass ich genau das vorhatte. Mit der Aussage habe ich nur versucht Eindruck bei dir zu schinden.«
Also doch. Hinter seinen Bemühungen hatte tatsächlich nur die Absicht gestanden, mich um den Finger zu wickeln. Oder was sollte mir dieses Geständnis sonst sagen?
»Aber zurück zum Thema«, sagte er. »Irgendwann schaffte ich es, über dich hinweg zu kommen und erwischte mich sogar dann und wann bei dem Gedanken, dass ich vielleicht zu hart mit dir ins Gericht gegangen war. Du warst damals jung und hattest keine Ahnung, wie sehr ich dich mochte. Wie man sieht«, Elyas ließ die Schultern hängen, »war der richtige Ansatz dagewesen. Nur war es mir nie gelungen, den Gedanken ernsthaft zuzulassen. Ich schob ihn beiseite, wann immer er kam.
Zwei Jahre nach meinem Umzug nach Berlin erzählte mir Alena, du wärst ebenfalls in die Stadt gezogen. Beiläufig sagte sie sogar, dass wir beide uns ja mal treffen könnten.« Elyas fuhr mit den Händen seitlich seine angewinkelten Beine entlang. »Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, was ich von dem Vorschlag hielt.
Seltsamerweise, auch wenn es sich manchmal ein bisschen unangenehm anfühlte, dich in der Nähe zu wissen, war es dennoch okay. Du gingst auf eine andere Uni und Berlin war schließlich riesig. Die Chancen, dir über den Weg zu laufen, waren gering. So war es ja letztendlich auch, ich habe dich kein einziges Mal gesehen und genoss weiter mein Leben.
Hin und wieder, vor allem in den letzten zwei Jahren bevor wir uns wiederbegegnet sind, überkam mich das Gefühl, mir würde irgendetwas fehlen. Manchmal ganz leise, kaum hörbar, und dann wieder laut und penetrant. Ich habe versucht das Gefühl zu unterdrücken und im Keim zu ersticken. So ganz wollte mir das aber nicht immer gelingen.« Sein Gesichtsausdruck wirkte für einen Moment zerknirscht.
»Wir haben in unseren Mails über das Thema Reisen gesprochen. Erinnerst du dich?«, fragte er.
Ich nickte.
»Um ehrlich zu sein habe ich dir anfangs ab und zu Mist erzählt. Aber was ich diesbezüglich schrieb, stimmte. Es bezog sich auf meine letzten zwei Reisen, die ich mit Sebastian, Andy und Sophie angetreten habe. Das hatte nichts mit dem Umstand zu tun, dass Andy und Sophie ein Pärchen waren und man als Single zwangsläufig daneben melancholisch wird. Es war genauso, wie ich es dir geschrieben habe. Ich wollte das alles nicht allein erleben, ich wollte die neuen Eindrücke mit einer Frau teilen, die ich liebe.
Ein paar Monate später zog Andy aus unserer gemeinsamen Wohnung aus und nahm sich eine mit Sophie. Er war gerade mal ein paar Tage weg, als Alex anrief und mir von dem Vorfall mit ihrem Freund und der Zimmernachbarin erzählte. Sie hat sich in München sowieso nie wohlgefühlt und nach den jüngsten Ereignissen hat sie in der Stadt nichts mehr gehalten. Wer hätte sie besser verstehen können als ich? Also bot ich ihr an, bei mir einzuziehen und war im ersten Moment so froh darüber, die Kleine bald wieder in meiner Nähe zu haben, dass ich keine Sekunde daran dachte, wer immer noch ihre beste Freundin war. Das wurde mir erst nach dem Telefonat bewusst und traf mich dafür umso härter.«
»Klar«, sagte er, »ich war der festen Überzeugung, dass ich mit dir abgeschlossen hatte. Trotzdem fand ich den Gedanken, zukünftig zwangsläufig wieder mit dir zu
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