Türkisgrüner Winter (German Edition)
richtige Entscheidung gewesen wäre.«
»Es dauerte«, sagte er, »aber als ich langsam Vertrauen in sie fasste, war ich sogar zeitweise richtig glücklich mit ihr. Die Erfahrung, mit einer Frau zu schlafen, für die ich Gefühle hatte, war komplett neu für mich. Das kann man mit einem One-Night-Stand – und möge er noch so gut sein – nicht vergleichen. Dazwischen liegen Welten.
Amy und ich schmiedeten sogar Pläne, uns nach dem Schulabschluss eine gemeinsame Wohnung in London zu suchen. Zu der Zeit war der Gedanke, sie zu verlassen und zurück nach Deutschland zu kehren, unvorstellbar.«
»Doch wie du bereits weißt …«, Elyas atmete aus, »stellte ich nach acht Monaten fest, dass sie die zweite Frau war, in der ich mich getäuscht habe. An einem einzigen Tag verlor ich nicht nur meine Liebe, sondern auch meinen besten Freund. Gelinde gesagt, hat mir das den Boden unter den Füßen weggerissen.«
»Emely, ich weiß«, sagte er und sah mich zögerlich an, »in diesen dummen Mails habe ich dir geschrieben, ich wäre zweimal richtig verliebt gewesen. So ganz stimmte das allerdings nicht. Ich habe viel für Amy empfunden, aber es kam nicht im Ansatz an das heran, was du mir bedeutet hast. Ich schrieb dir das, weil … weil–« Er brach ab und hob die Hände. »Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, ob jemals herauskommt, dass ich Luca bin. Ich konnte es nicht ausschließen, die Möglichkeit bestand. Und unter keinen Umständen solltest du je erfahren, wie wichtig du mir damals warst und wie sehr du mich verletzt hast.«
Wie ferngesteuert nickte ich, um ihm zu signalisieren, dass seine Worte bei mir angekommen waren, auch wenn ich meilenweit davon entfernt war, sie zu begreifen.
»Die Pläne, in London zu bleiben, hatten sich somit zerschlagen«, sagte Elyas mit einem verächtlichen Lächeln. »Ich schrieb meine restlichen Prüfungen und konnte erst wieder frei durchatmen, als ich im Flieger zurück nach Deutschland saß. Es war schön, meine Familie wieder um mich zu haben, ich hatte sie sehr vermisst, trotzdem merkte ich schon bald, dass mir Ruhe fehlte. Ich hatte mich in den zwei Jahren daran gewöhnt, in einer eigenen Wohnung zu leben. Berlin erschien mir praktisch. Eine Großstadt wie London und nah genug, sodass ich regelmäßig nach Hause fahren könnte. Ich bewarb mich an Universitäten, wurde angenommen und packte meine Koffer.
Anfangs wohnte ich noch in einer heruntergekommenen Einzimmerwohnung. Erst nach einer Weile, als ich meinen Freundeskreis aufgebaut und genügend Geld verdient hatte, zog ich zusammen mit Andy in die Wohnung, in der ich jetzt lebe.
Nach und nach gewöhnte ich mich in Berlin ein, konnte den ganzen Scheiß, der hinter mir lag, vergessen und fing ein neues Leben an. Ich weiß nicht …« Elyas fixierte seine Knie. »Vermutlich erinnerst du dich nicht mehr daran. Aber wir sind uns nach alledem noch einmal begegnet. Es war in Neustadt. Ich wollte zur–«
»Zur Haustür hinaus, als ich gerade hereingehen wollte«, ergänzte ich mit gesenktem Blick. Wie hätte ich das vergessen sollen? Drei Jahre waren seit unserem Kuss vergangen und diese kurze Begegnung hatte ausgereicht, um mich wieder komplett zurückzuwerfen. Noch am gleichen Abend nach diesem Erlebnis hatte ich mich zum ersten Mal auf Sören eingelassen. Eine Verzweiflungstat. Und die darauffolgende, einjährige Beziehung wurde nicht besser, als sie an diesem Tag begonnen hatte.
»Natürlich erinnerst du dich. Es war dumm von mir.«
Zum ersten Mal saß ich Elyas gegenüber und versuchte meine Emotionen nicht hinter einer Maske zu verstecken. Und auch ihn konnte ich heute so viel besser lesen als jedes einzelne Mal zuvor.
»Kein Grund, sich zu entschuldigen«, sagte ich.
Elyas nickte und nach einer kurzen Pause fuhr er fort. »Eigentlich ging es mir zu diesem Zeitpunkt schon wieder recht gut. Ich hatte mich erholt und Fuß gefasst. Doch als du dann plötzlich vor mir standest, war das wie ein Schlag für mich. Ich musste mir eingestehen, dass doch nicht alles gut war. Zumindest nicht, was dich betraf.«
»Mir ging es sehr ähnlich«, sagte ich. »Alles kam wieder hoch und …« Ich wusste nicht, wie ich den Satz fortsetzen sollte, aber Elyas schien es auch so verstanden zu haben. Mit den Augen entschuldigte er sich bei mir, und weil mir das so nahe ging, brach ich den Blickkontakt irgendwann ab und sagte ihm, dass er weitererzählen sollte.
»Ich habe dich verflucht«, begann er. »Nach dem Aufeinandertreffen mit dir
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