Türkisgrüner Winter (German Edition)
zu kuppeln – unfassbar. Aber nein, sag du es ihm.
»Alex«
Nun gut, wie du willst. Ich richte es ihm aus. Bis Dienstag! Mach‘s gut!
Ich legte das Handy auf den Nachtschrank und mummelte mich in meine mollig warme Zudecke ein. Mir fehlte mindestens eine halbe Nacht Schlaf, was ich von Sekunde zu Sekunde mehr spürte. Ich kuschelte meine Arme um den Pullover, um seinen Pullover, und atmete ein. Er roch sogar noch nach ihm. Ich schloss die Augen und dämmerte innerhalb kurzer Zeit mit einem Lächeln auf den Lippen dahin.
Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, war es stockdunkel im Zimmer. Schrecklicher Durst hatte mich aufgeweckt. Ich knipste meine Nachttischlampe an und suchte mit verschlafenen Augen, die sich noch nicht ganz an die Helligkeit gewöhnt hatten, auf dem Boden nach einer Flasche Wasser. Ich wurde fündig, setzte mich auf und stürzte mindestens einen Liter der klaren Flüssigkeit in mich hinein.
Schwer atmend, weil das beim Trinken zu kurz gekommen war, stellte ich die Flasche wieder ab und spürte, dass ich einen richtigen Wasserbauch hatte. Ansonsten fühlte ich mich aber schon wesentlich besser. Auch die schrecklichen Kopfschmerzen hatten endlich nachgelassen.
Eva lag bereits in ihrem Bett und schlief, was von einem monotonen Schnarchgeräusch begleitet wurde. Wie spät war es eigentlich? Ich warf einen Blick auf den Wecker, der mir zwei Uhr nachts anzeigte. Zwei Uhr nachts ? Ich hatte ganze zehn Stunden geschlafen.
Müde rieb ich mir die Augen, erinnerte mich mit einem Lächeln an die Erlebnisse des gestrigen Abends, und verzog das Gesicht, als ich an den Punkt gelangte, an dem ich vor Elyas gekotzt hatte.
Schnell wischte ich die Vorstellung beiseite und stieg aus dem Bett. Schon seit heute Morgen sehnte ich mich nach einer Dusche, und so langsam fühlte ich mich nur noch ekelig in meiner Haut. Ich schlich zum Schrank, holte mir frische Klamotten heraus und schloss leise die Tür zum Badezimmer hinter mir. Das warme Wasser war so erholsam wie noch niemals zuvor. Mit geschlossenen Augen stand ich unter dem Strahl, versank in Tagträumen und konnte mich ewig nicht überwinden, die Dusche wieder zu verlassen. Nur der Gedanke an die Wasserrechnung schaffte es, mir schließlich Beine zu machen. Ich schlüpfte in meine frische Kleidung, dachte aber nicht im Traum daran, Elyas‘ Pullover zu wechseln und zog ihn mir wieder über.
Als ich das Bad verließ, fühlte ich mich wie ein neuer Mensch. Wenn auch wie ein neuer Mensch, der gestern einen extrem peinlichen Abend hatte. Was Elyas wohl gerade machte? Ob er schon schlief?
Barfuß tapste ich zum Bett und griff nach meinem Handy. Vielleicht ein verpasster Anruf? Eine Nachricht von ihm? Nichts dergleichen war der Fall und so ließ ich das Mobiltelefon mit deutlich weniger Enthusiasmus wieder sinken. Irgendwie hätte ich darauf geschworen, dass er sich melden würde. Warum hatte er es nicht getan?
»Emely, bist du vielleicht einmal auf die Idee gekommen, dass ich darauf gewartet habe, dass du dich bei mir meldest?«
Vielleicht wartete er dieses Mal ja wieder darauf. Wenn ich die letzten Monate Revue passieren ließ, war wohl definitiv auch ich diejenige, die an der Reihe wäre.
Am liebsten hätte ich ihn sofort angerufen, nur um seine Stimme zu hören. Doch diesem Plan stand nicht nur meine Feigheit im Weg, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass er bereits schlief. Und aufwecken wollte ich ihn nicht.
Mit dem Vorhaben, Elyas zumindest eine SMS zu schreiben, ließ ich mich aufs Bett fallen. Der einzige Haken: Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, was ich ihm schreiben sollte.
Nun gut, so ganz stimmte das nicht, vielmehr waren da tausend Dinge, die ich ihm hätte sagen wollen, aber nichts davon hätte ich fertig gebracht, auch tatsächlich zu versenden.
Als ich fünf Minuten später immer noch auf das Display meines Handys starrte und exakt bis zu einem erbärmlichen »Na?« gekommen war, fing mein Blick an, durch den Raum zu schweifen und blieb bei einer dünnen, weißen Schachtel hängen, die an meiner Nachttischlampe lehnte. Mit gerunzelter Stirn griff ich danach und hielt sie vorsichtig in den Händen. »Für Emely«, stand in schöner Handschrift darauf geschrieben. Sonst nichts. Was war das? Und wo kam es her?
Oben befand sich eine kleine Lasche, mit der man den Karton öffnen konnte. Ich zog sie heraus und fand ein CD-Case aus weißem Plastik im Inneren. Ich drehte es in alle Richtungen, aber weder auf dem Cover noch auf der
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