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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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leise, allerdings verstummte dieses schöne Geräusch schneller als sonst. Wieder wurde es still.
    »Hast du denn überhaupt keine Erinnerungen mehr?«, fragte er nach einer Weile mit Blick auf den Boden. »Oder gibt es vielleicht doch noch irgendetwas, das du weißt?«
    Ich spürte, wie Hitze in meine Wangen stieg. »Du meinst, die vielen Peinlichkeiten? Unter anderem, dass ich vor deinen Augen gekotzt habe?« Ich duckte mich vor meinen eigenen Worten. Allein die Vorstellung war absolut widerlich.
    »Zum Beispiel«, sagte er mit einem Schmunzeln.
    »Du hast alles Recht der Welt, mich bis an mein Lebensende damit aufziehen.«
    »Keine Angst, das habe ich nicht vor.«
    »Verdient hätte ich’s aber«, sagte ich und richtete den Blick wieder auf das unglaublich interessante Laminat. Wirklich jeder Baumring war anders. Faszinierend.
    »Sag so was nicht. Wenn es möglich ist, sich ästhetisch zu übergeben, glaube mir, dann hast du es getan.« Einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben. Ich versuchte das Lächeln zu erwidern, schaffte es aber nicht.
    »Ganz ehrlich, Emely«, sagte er, »du warst mit Sicherheit die süßeste Betrunkene, die es gibt.«
    Irgendwie hatte Elyas nicht nur eine sehr komische Definition von »niedlich«, sondern auch von »süß«. Rot wurde ich leider trotzdem. Ich stülpte den Pulloverärmel über meine Hand, und zog sie dann wieder heraus. Das Ganze wiederholte ich sieben Mal. Als ich zum ersten Mal wieder wagte, zu Elyas aufzusehen, öffnete er den Mund, als hätte er etwas sagen wollen, schloss ihn aber wieder.
    »Was?«, fragte ich. Das Wort war so schnell über meine Lippen gekommen, das ich vor mir selbst zusammenzuckte.
    »Nichts. Es ist nur …« Er brach ab.
    »Was ist nur ?«
    Jetzt tat er dasselbe mit seinem Pulloverärmel. »Ich frage mich nur, ob du dich auch daran erinnern kannst, was danach gewesen ist.«
    Für ein paar Sekunden blickte ich ihn einfach nur an. Innerlich hatte ich die ganze Zeit gehofft, dass er es direkt ansprach, aber jetzt, wo der Moment da war, merkte ich, dass ich trotzdem nicht darauf vorbereitet gewesen war.
    »Kannst du mir versprechen, dass du versuchst, dich zumindest an eine Sache zu erinnern? « Seine Stimme hallte mir durch den Kopf. Diese Worte hatte er mir letzte Nacht gesagt. Oder hatte ich sie doch nur geträumt?
    Ich wusste nicht, was über mich kam, aber als ich in Elyas‘ Augen blickte, die so verletzlich auf mir ruhten, tat ich es einfach. Ich nickte vorsichtig und hoffte, er konnte es als solches deuten.
    Wie seine Reaktion darauf ausfallen würde, durfte ich leider nicht erfahren. Ein lautes Klappern außerhalb der Wohnungstür erweckte schlagartig unsere Aufmerksamkeit. Was war das? Es klang wie ein heruntergefallener Schlüsselbund.
    »Mist«, hörte man Alex fluchen.
    Alex.
    Alex!
    Gleichzeitig rissen Elyas und ich die Augen auf. Wenn Alex mich jetzt hier erwischen würde, am Morgen nach einer alkoholgeschwängerten Nacht, in Elyas‘ Pullover … Oh Gott, nicht daran denken, nicht daran denken! Regungslos standen Elyas und ich uns gegenüber. Was sollten wir tun? Wir konnten doch nicht hier stehen bleiben! Ich konnte nicht hier stehen bleiben!
    Statt einen zündenden und rettenden Einfall zu bekommen, ertönte ein neues Geräusch. Es hörte sich verdächtig nach einem Schlüssel an, der ins Schloss geschoben wurde.
    Panik brach aus. Wie wild begannen wir mit den Armen zu gestikulieren und die Köpfe in alle Richtungen zu drehen. Tu doch was, tu doch was! , schrie ich ihm innerlich zu. Doch er tat nichts. Und dann reagierte ich einfach nur noch. Im letzten Moment, als die Tür schon leise klackte, rannte ich wie vom Blitz getroffen los und presste den Rücken an die Wand hinter der Tür. Elyas verstand sofort und hastete in die Mitte des Raumes, um Alex gleich abfangen zu können. Kaum hatte sich die Tür einen Spalt geöffnet, rief er ihr überschwänglich »Hey Schwesterherz!« entgegen. Ich presste den Rücken noch fester an die Wand, stellte mich auf die Zehenspitzen, hielt die Luft an und betete, von der Tür nicht erschlagen zu werden. Wenige Zentimeter vor meinen Füßen kam sie zum Stoppen. Ganz leise atmete ich aus.
    »Du bist ja schon da! Ich dachte, du kommst viel später«, sagte Elyas, lief auf seine Schwester zu und fiel ihr um den Hals. Ich schielte hinter der Tür hervor und sah, wie Elyas hinter Alex‘ Rücken immer wieder in Richtung Treppenhaus winkte.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte Alex.
    Elyas drückte sie

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