Türkisgrüner Winter (German Edition)
Rückseite stand ein einziges Wort. Ich warf noch mal einen Blick in den kleinen Karton, aber auch dort war kein aufklärender Inhalt zu finden. Er war leer.
Mit dem Finger strich ich über die schwarze Handschrift. Sie gehörte nicht Eva. Aber wer sonst sollte in dieses Zimmer gekommen sein?
Langsam klappte ich die weiße Hülle auf und fand wie zu Erwarten eine CD darin vor. Sie war schwarz, und in weißen Buchstaben war darauf erneut »Für Emely« zu lesen. Das war alles.
Noch ein paar Minuten hielt ich die Schachtel in den Händen, begutachtete sie von allen Seiten, und kam zu dem Schluss, dass ich nicht mehr bis morgen warten konnte. Ich schwang mich aus dem Bett und lief zu meiner Mitbewohnerin.
»Eva?«, fragte ich und rüttelte an ihrer Schulter. Alles, was ich zur Antwort bekam, war ein noch lauteres Schnarchen.
Ich seufzte und rüttelte fester. Dieses Mal war ein leises und missmutiges Grummeln von ihr zu hören.
»Eva?«
»Was’n«, murmelte sie und wollte sich die Decke über den Kopf ziehen. Daran wusste ich sie allerdings zu hindern und hielt das Laken fest.
»Du kannst gleich weiterschlafen«, sagte ich. »Ich wollte nur wissen, wo die CD herkommt.«
Sie stöhnte. »Ich weiß nichts von einer CD.«
»Der kleine weiße Karton«, sagte ich.
»Karton? Ach so … Ja.«
»Von wem ist er?«
»Von wem wohl, von deinem Stecher.«
»Bitte?«
»Na, von Elyas eben.«
»Von Elyas?«
»Sag mal bist du schwer von Begriff?«
»Ja, nein, ich verstehe nur nicht«, sagte ich. »Elyas war hier? Wann und wie und-«
Sie unterbrach mich. »Er war hier, als du geschlafen hast und hat mir die Schachtel in die Hand gedrückt. Was ist daran denn so schwer zu verstehen? Kannst du mich jetzt gefälligst weiterschlafen lassen?«
Stopp. Das ging alles viel zu schnell.
»Also noch mal zum Mitschreiben: Elyas war hier, als ich geschlafen habe?«
Eva stöhnte. »Sag mal, rede ich chinesisch?«
»Ist ja gut, ist ja gut«, sagte ich. »Wann war das? Um wie viel Uhr war er hier?«
»Sowas merke ich mir doch nicht, irgendwann abends. Ist doch auch nicht so wichtig.«
Was hatte die denn für eine Ahnung, was wichtig war und was nicht? Überhaupt keine!
»Und warum hast du mich nicht aufgeweckt?«, fragte ich.
»Weil er gesagt hat, dass ich dich nicht wecken soll. Er hat mich darum gebeten, sie dir zu geben, wenn du aufwachst.«
Wie süß …
»Was hat er noch gesagt?«
»Mann, Emely, nichts! Das war alles. Er kam und ging gleich wieder. Würdest du also jetzt bitte die Güte besitzen und mich verdammt noch mal weiter schlafen lassen?«
Ich verdrehte die Augen. »Na gut«, murmelte ich und ließ widerwillig von ihr ab. Kaum lag ich in meinem eigenen Bett, hörte ich sie schon wieder schnarchen. Jemand wie ich, der sich regelmäßig die halbe Nacht um die Ohren schlug, musste das wohl nicht verstehen.
Ich schnappte mir meinen tragbaren CD-Player, setzte mir Kopfhörer auf und legte die CD ein. Dreizehn Lieder zeigte das Display an. Mein Kopfkissen zurecht knautschend, machte ich es mir gemütlich und drückte auf Play.
Nr. 1) Damien Marley feat. Stephan Marley & Capleton – It was written
Ich hätte nicht auf das Display linsen müssen, ich erkannte das Lied sofort. Es war eines meiner Lieblingslieder. Ich wusste noch, wie überrascht ich gewesen war, als es damals, bei der Fahrt in den Club, aus den Lautsprechern von Elyas‘ Mustang ertönt war.
Erinnerte sich Elyas ebenfalls an diese Autofahrt? Oder war es reiner Zufall und das Lied nur auf der CD, weil er es mochte?
Szenen vom Clubabend schoben sich in mein Gedächtnis. Ich hatte Alex‘ selbstgeschneidertes und schulterfreies Oberteil getragen und würde wohl nie vergessen, mit welchen Worten Elyas‘ das kommentiert hatte: » Es macht deine Brüste irgendwie größer .«
Arschloch.
Nr. 2) Sean Paul – Get Busy
Ich schlug mir die Hand vor die Augen. Ob ich wollte oder nicht, das Bild von einer sexy tanzenden Alex, die mit mir – weniger sexy, dafür umso mehr mit einem Pinguin konkurrierend – zu dieser Musik muskelkaterfördernde Bewegungen machte, war unweigerlich in meinem Kopf präsent. Zu spät hatte ich gemerkt, dass Elyas uns die ganze Zeit beobachtet hatte. Ob ich mit ihm auch einmal so tanzen würde, hatte er mich gefragt und mir angeboten, den Tanz in sein Auto zu verlegen.
Mit einem Grinsen nahm ich mir vor, ihn demnächst danach zu fragen, ob er das mit dem »Solo« damals umgesetzt hatte.
Nr. 3) Orishas – Represent
Auch
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