Türkisgrüner Winter (German Edition)
zu viele ›Tolls‹ in zu wenigen Sätzen. Alena dagegen lächelte und legte ihrer Tochter eine Hand auf die Schulter. »Ja, er ist toll. Sehr toll sogar.«
»Siehst du, ich hab’s dir gesagt! Man muss ihn einfach lieben!« Alex fiel ihrer Mutter kurz um den Hals, was diese zum Lachen brachte.
»Habt ihr Sebastian erst heute kennengelernt?«, erkundigte ich mich. Immerhin war er ein langjähriger Freund von Elyas.
»Ich habe ihn bisher erst einmal gesehen, das liegt schon zwei Jahre zurück und war nur ein kurzes Aufeinandertreffen. Richtig kennengelernt habe ich ihn erst heute«, antwortete sie.
Ich nickte.
»So, und jetzt schauen wir mal, ob der tolle Sebastian auch noch ein toller Koch ist«, fuhr sie fort und begab sich zum Kühlschrank, um das große Gefäß mit dem Schokoladenmousse herauszuholen. Die Schüssel mit den roten Früchten drückte sie Alex in die Hand, während ich im Schrank über der Spüle nach kleinen Dessertschälchen suchte.
Im Esszimmer angekommen, verschlimmerte sich wieder der Druck um meinen Brustkorb. Als ich dann auch noch Elyas sah, der hinter seinem Stuhl stand, mit dem Rücken an der Wand lehnte und den Blick auf mich gerichtet hatte, wollte ich nur noch weg hier. Stattdessen biss ich die Zähne zusammen und ging weiter. Am liebsten hätte ich ihm direkt ins Gesicht gelächelt, ihm gezeigt, dass ich über dem Ganzen stehen würde, dass er mir egal wäre und mich mal kreuzweise könnte. Doch ich scheiterte schon an dem Versuch, überhaupt nur ein zweites Mal in seine Richtung zu sehen.
Ich stellte die Schälchen in die Mitte des Tisches, sodass sich jeder selbst eines nehmen konnte, und setzte mich auf den Stuhl. Die Uhr über der Tür zeigte 20:17 Uhr an. Offenbar war die Zeit gegen mich. Sie waberte langsam und dickflüssig vor sich hin. Tausend Sachen gingen mir durch den Kopf, auf die ich mich konzentrieren wollte, doch alles, was sich dort manifestierte, war die Gewissheit, dass Elyas nur ein paar Meter versetzt hinter mir stand. Ich schob die Hände in die Ärmel meines Rollkragenpullovers.
Gegenüber von mir lehnte sich Alex zu Sebastian und flüsterte ihm ständig irgendetwas ins Ohr. Er lächelte, legte den Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. So süß ich die beiden auch fand, gerade im Moment hätte ich sie am liebsten zusammen mit allen anderen glücklichen Pärchen auf den Mond geschossen. Ich wandte den Blick von ihnen ab.
Alena verschwand kurz, um etwas zu holen, wie sie sagte, Karsten war tief in ein Gespräch mit Ingo vertieft und meine Mutter stützte das Kinn auf die Handfläche und beobachtete mit einem Lächeln Alex und Sebastian. Mir entging nicht, dass sie dabei auch immer wieder in meine Richtung sah. Ich fragte mich, wer von uns beiden letztendlich das größere Problem hätte, wenn ich niemals Glück mit einem Mann haben sollte.
Plötzlich war da ein helles Licht, das mich blinzeln ließ. Ich fand Alena im Raum stehen, in den Händen eine Digitalkamera haltend, die auf mich gerichtet war.
Sehr schön. Dieser Abend war nicht nur mein Untergang – nein, er wurde zusätzlich fotografisch festgehalten, damit ich mich auch ja bis an mein Lebensende daran erinnern konnte.
Als nächstes Motiv wählte sie Alex und Sebastian. Erst als es blitzte, sahen die beiden auf, grinsten Alena an und versanken danach sofort wieder in den Augen des jeweils anderen.
Meine Mutter legte den Arm um mich. »Mach doch mal von uns ein Foto«, rief sie Alena zu.
Ich tat Carla den Gefallen und lächelte, in der Hoffnung, es würde nicht so gequält aussehen wie es sich anfühlte.
Nachdem Alena ihr Foto eingefangen hatte, ging sie weiter und knipste jeden Anwesenden aus gefühlten zehn Blickwinkeln heraus.
»Hat dir der Wein geschmeckt, Emely? Möchtest du noch welchen?«, fragte Ingo.
Ich blickte auf mein leeres Glas. Zwar sollte es nicht wie auf der Halloweenparty enden, aber für meine Nerven wäre ein weiterer Schluck wohl nicht das Verkehrteste.
»Er ist sehr lecker. Ich nehme gerne noch ein Glas«, sagte ich. Schon eine Sekunde später sollte ich das bitter bereuen.
»Elyas?«, fragte Ingo. »Du stehst so günstig neben den Flaschen. Würdest du Emely bitte Wein nachschenken?«
Er gab keine Antwort. Nach kurzer Verzögerung hörte ich das Geräusch einer Flasche, die von einer Holzunterlage angehoben wurde. Mein ganzer Körper spannte sich an, als sich seine leisen Schritte von hinten näherten.
»Hast du die richtige Flasche? Emely trinkt nur
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