Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
Vom Netzwerk:
süßen Wein«, sagte Ingo.
    »Ich weiß«, hörte ich seine Stimme ganz nah erwidern.
    Im Augenwinkel schob sich seine Hand in mein Sichtfeld und führte die Flasche zum Glas. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und als ich spürte, wie sein Pullover meine Haare strich, rutschte ich so nah an den Tisch wie nur irgend möglich. Das Glas war gerade bis zur Hälfte gefüllt, da sagte ich »Danke, das reicht.«
    Er hielt mit der Flasche einen Moment inne, dann zog er sie zurück.
    »Gern geschehen«, sagte er leise.
    Alle waren in ihre Gespräche vertieft, niemand bemerkte, wie feucht meine Hände waren und wie sehr sie unter dem Tisch zitterten. Erst als Elyas auf seinem Platz saß, konnte ich wieder atmen. In der Zwischenzeit hatte mir Alena eine übergroße Portion Nachspeise vor die Nase gestellt, von der mir ein Hundertstel bereits gereicht hätte. Ich versuchte zu lächeln und nickte ihr dankend zu. Während ich Löffel für Löffel in mich hinein zwang, stellte sie mir viele Fragen zu meinem Studium. Alena war ein großer Büchernarr und schon vor Jahren hatte sie mir erzählt, dass sie selbst gerne ein Literaturfach studiert hätte, aber unverhofft mit Elyas schwanger geworden war.
    Tja, hätte sie mal verhütet …
    Irgendwann mischte sich auch Sebastian mit ins Gespräch ein und so landeten wir bei seinem Studium der Psychologie. Normalerweise ein äußerst interessantes Thema, doch heute hieß ich es nur aus dem Grund willkommen, weil es mir dabei half, mich unbemerkt aus der Unterhaltung auszuklinken.
    Jedes Mal, wenn ich auf die Uhr blickte, verriet sie mir, dass zwei Minuten vergangen waren, seitdem ich zum letzten Mal hingesehen hatte. Im Stuhl zurückgelehnt verlor ich mich in meiner Gedankenwelt. Die einzige Stimme, die mich immer wieder von dort herausholte, war die von Elyas. Seit geraumer Zeit unterhielt er sich mit meiner Mutter. Oder besser gesagt: Meine Mutter unterhielt sich mit ihm. Mindestens bei jedem zweiten Satz fing sie an zu kichern, auch wenn es keinen ersichtlichen Auslöser gab. Ich bemühte mich, die beiden auszublenden, aber so richtig wollte mir das nicht gelingen.
    »Ja, Sebastian ist mein bester Freund. Dadurch haben sich Alex und er kennengelernt.«
    »Das klingt ja fast nach Schicksal«, antwortete Carla. »Und du? Hast du eine Freundin? Alena hat nie etwas in der Richtung erwähnt.«
    Ich griff nach meinem Wein und nahm einen großen Schluck davon. Meine Mutter hatte es doch tatsächlich geschafft, die falscheste Frage zu stellen, die man nur hätte wählen können.
    »Nein – nein, ich habe keine Freundin.«
    »Wie kommt das?«, fragte sie.
    Vielleicht, weil er lediglich an einer schönen Nacht Interesse hegte? Vielleicht, weil er nichts Besseres zu tun hatte, als die Frauen, die ihn mochten, zu verarschen?
    Elyas reagierte nicht.
    Dafür mischte sich Ingo ein.
    »Nun ja, Carla«, sagte er mit einem Schmunzeln. »Du musst wissen, dass Elyas sich momentan noch in einer Phase befindet, in der er sich lieber eingehend mit der weiblichen Anatomie befasst, anstatt sich auf die Vorzüge eines Charakters dieser Gattung zu konzentrieren.«
    So konnte man es natürlich auch sagen. Ingos Wortwahl war nur ein bisschen dezenter ausgefallen, als meine es gewesen wäre. Mein Blick war auf meinen Daumen gerichtet, der langsam den Stiel des Weinglases auf- und abfuhr.
    Elyas schnaubte und es dauerte einen Moment, ehe er antwortete.
    »Wenn du meinst«, sagte er.
    Carla seufzte. »Wenn ihr Jungs gut ausseht, steigt euch das einfach zu Kopf. Aber ich bin mir sicher, sobald du der Richtigen begegnest, wird sie dir Letzteren ordentlich waschen.«
    »Und außerdem, lieber Ingo, wenn ich dich daran erinnern darf«, fuhr Alena dazwischen, »warst du früher auch nicht anders, was die Studien der weiblichen Anatomie betrifft.«
    Ingo räusperte sich. »Ich? Das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen.«
    »So?«, fragte seine Frau. »Meiner Meinung nach gibt es nur einen Mann, der den gleichen Charme wie Elyas hat. Sollte ich erwähnen, dass die beiden verwandt sind und gerade nebeneinander sitzen?«
    Ich musste dreimal hinsehen, um sicher zu gehen, dass ich mich nicht verguckt hatte. Aber tatsächlich, Ingos Wangen nahmen einen leicht roséfarbenen Ton an. Er lockerte seine Krawatte.
    »Da sieh mal einer an, Ingo«, sagte meine Mutter. »Da machst du immer einen auf seriös und jetzt kommen die Leichen aus dem Keller. Ein Schwerenöter in Rente bist du also, soso.«
    Ingo öffnete den Mund,

Weitere Kostenlose Bücher