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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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blickte zurück in die Augen und versuchte mich zu besinnen, woran sie mich erinnerten. Es war, als hätte ich sie schon einmal irgendwo gesehen.
    »Sie ist ganz weich, stimmt’s?«, fragte Alena.
    Es war das erste Mal an diesem Abend, dass ich ein aufrichtiges Lächeln auf den Lippen trug. Ich nickte. »Wie heißt sie eigentlich?«
    »Wir haben noch keinen Namen. Vielleicht fällt dir ja einer ein?«
    Ich dachte angestrengt nach, zuerst vergeblich, doch dann war da auf einmal ein Lichtblick: Ich wusste wieder, woran mich die Augen erinnerten. Ich hatte sie nicht gesehen, ich hatte sie gelesen. Und es gab nur einen Menschen, der Augen so beschreiben konnte, dass man dachte, man hätte sie selbst gesehen.
    »Ligeia«, sagte ich.
    Meine Lieblingsgeschichte von Edgar Allan Poe .
    »Ligeia?«, wiederholte Alena. »Das klingt toll. Wie kommst du darauf?«
    Ich holte gerade Luft, um ihre Frage zu beantworten, da kam mir meine Lieblingsstimme zuvor.
    » Sie war hochgewachsen, schlank, ja, in ihren letzten Tagen sogar sehr abgemagert«, sagte Elyas. Die Gesichter voller Verwunderung, drehten Sebastian und Alena den Kopf in seine Richtung. Ich dagegen wusste sofort, woher dieser Satz stammte.
    »Bitte?«, fragte Alena.
    »Es wäre vergebliche Mühe, wollte ich die Majestät, die ruhige Gelassenheit ihrer Haltung, die unbegreifliche Leichtigkeit und Elastizität ihres Ganges beschreiben. Sie kam und ging wie ein Schatten. « Elyas fuhr fort, als hätte er die Frage seiner Mutter nie gehört. Sein Blick war auf das kleine Blumengesteck in der Mitte des Tisches gerichtet, so als wäre er ganz mit sich allein in einem menschenleeren Raum. Stille umgab uns, die erst ein Ende fand, als Elyas weiter zitierte.
    » Ihre Pupillen waren von strahlendstem Schwarz, von ebenholzfarbenen Wimpern tief überschattet, und die Brauen von leicht unregelmäßiger Zeichnung hatten die gleiche Farbe. Doch war das Seltsame, das ich in den Augen fand, unabhängig von ihrer Form, ihrer Farbe und ihrem Glanze – Der Ausdruck der Augen Ligeias.«
    Alenas Gesicht war immer noch von Fragen gezeichnet, doch sie hielt an sich und hörte ihrem Sohn mit gespannter Aufmerksamkeit zu.
    » Wie lange Stunden habe ich über ihn nachgegrübelt, wie manche lange Sommernacht hindurch mich bemüht, ihn zu ergründen. Was war es, dieses unbestimmte Etwas, das, tiefer als in den Brunnen des Demokritos, auf dem Grunde der Augen meiner Geliebten verborgen lag? Was war es? Ich war wie besessen von dem leidenschaftlichen Wunsche, es zu enträtseln. Diese Augen. Diese großen, strahlenden, himmlischen Pupillen. Sie wurden für mich das Zwillingsgestirn der Leda, und ich war ihr eifrigster Sterndeuter .«
    Elyas schloss.
    Mit einer Gänsehaut, die sich wie ein Schwall kaltes Wasser über meinen ganzen Körper ergoss, lauschte ich dem schnellen Schlag meines Herzens. Was auch immer gerade passiert war: Es war sehr unheimlich gewesen.
    Alena war die Erste, die nach einer Weile wieder das Wort ergriff. »Elyas«, stammelte sie. »Ich meine … Wow, was war das?«
    »Ein Zitat«, sagte er. »Aus der Geschichte ›Ligeia‹ von Edgar Allan Poe .«
    Alena klappte der Mund auf. »Ich wusste ja überhaupt nicht, dass du so etwas liest«, sagte sie. »Das war ein sehr langes Zitat. Wie konntest du den komplizierten Text im Kopf behalten?«
    »Das würde ich auch gerne wissen«, brachte sich Sebastian ein.
    Unfähig mich zu bewegen, saß ich da und verlor mich in den Augen der kleinen Katze. Sie wirkte nicht mehr so ängstlich wie zu Anfang, aber Schnurren, so wie bei Elyas, tat sie bei mir dennoch nicht.
    »Ich habe die Geschichte eben sehr oft gelesen«, sagte er.
    Ich fragte mich, was »oft« bedeutete. Ich hatte die Geschichte in den letzen Jahren bestimmt an die fünfzig, sechzig Mal gelesen und wäre niemals in der Lage, sie so einwandfrei wiederzugeben.
    Offenbar war Elyas‘ Gefallen an der Geschichte, wie er es in den E-Mails geschrieben hatte, ebenfalls keine Lüge gewesen.
    »Dann würde ich mal sagen, dass wir dank euch einen wunderschönen Namen mit einer tiefsinnigen Bedeutung für dieses kleine Wesen gefunden haben«, sagte Alena und sah erst mich und dann Elyas an.
    »Es war Emelys Idee, ich habe die Geschichte nur zitiert«, antwortete Elyas.
    Nirgends klang mein Name so schön wie aus seinem Mund.
    »Also in meiner Auffassung war das eine perfekte Zusammenarbeit von euch beiden«, sagte sie und stand auf. Sie lief zum Sideboard und holte die Digitalkamera, die sie

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