Türkisgrüner Winter (German Edition)
vorhin dort abgelegt hatte.
»Nun kommt schon, ein bisschen mehr Begeisterung«, sagte sie. »So eine schöne Taufe muss festgehalten werden.«
Allein von der Vorstellung, mit Elyas zusammen auf einem Foto zu sein, drehte sich mir der Magen um.
»Außer Kinderfotos habe ich keine einzigen von euch, auf denen ihr gemeinsam zu sehen seid. Das muss geändert werden. Also bitte lächeln, die Herrschaften. Und halte Ligeia etwas höher, Emely, damit man sie sehen kann.« Alena nahm die Kamera vor die Augen und ging in Warteposition. Sebastian duckte sich derweil, damit sein Hinterkopf nicht im Bild wäre. Ich atmete tief durch, setzte die Katze an meine Brust und stützte sie mit der Hand. Mit ihren Pfoten krallte sie sich fest in meinen Pullover. Als ich sie so nah vor meinem Gesicht hatte, bemerkte ich, dass sie nicht nur Elyas‘ Wärme mitgebracht hatte, sondern auch seinen Geruch.
Alena ließ die Kamera wieder sinken. »Zwischen euch beiden hätte ein halber Elefant Platz. Was soll denn das? Elyas, los, rutsch noch ein bisschen näher an Emely heran. Sie wird dich schon nicht beißen.«
So langsam war der Bogen überspannt.
»Dessen wäre ich mir nicht so sicher«, zischte ich kaum hörbar durch die Zähne. Derjenige, für den es bestimmt war, hatte es anscheinend verstanden. Er rückte keinen Zentimeter näher.
»Alena, jetzt mach endlich das Foto«, sagte ich. »Sie fängt schon an zu kratzen.«
Nach einer gefühlten Ewigkeit drückte Alena endlich den Auslöser und erlöste mich aus meiner verkrampften Haltung. Und als wäre genau das Ligeias Stichwort gewesen, fing sie wie wild an zu strampeln. Erst versuchte ich sie zu beruhigen, doch dann bemerkte ich, in welche Richtung ihr Rudern ging. Sie wollte zurück zu Elyas. Ohne ihn wirklich anzusehen, setzte ich ihm die Katze auf den Schoß und zog meine Hände schnell wieder zurück.
»Hast du noch mal darüber nachgedacht, ob du sie nicht doch zu dir nimmst?«, fragte Alena, die um den Tisch gelaufen kam und sich hinter Elyas stellte. Über seine Schulter gebeugt, streichelte sie den Kopf des Kätzchens. »So ungern ich sie wieder hergeben würde, aber du scheinst ihr absolutes Wunschherrchen zu sein.«
»Ich würde sie wirklich sehr gerne mitnehmen«, sagte er, »aber ich bin zu viel unterwegs und könnte nicht genug Zeit für sie aufbringen. Bei euch ist sie sicher besser aufgehoben.«
»Aber Alex ist doch auch noch da.«
»Alex würde es fertig bringen, dem armen Ding die Krallen zu lackieren. Außerdem ist sie inzwischen schon fast bei dem Schwiegermutter-Schleimer da drüben eingezogen.«
Sebastian grinste und lehnte sich zurück.
»Und wenn sie mal nicht dort ist«, fuhr Elyas fort, »geht sie entweder shoppen oder steckt bei … ihrer besten Freundin.«
Letztere war anwesend und wunderte sich über das kurze Zögern in seiner Stimme. Das tat sie aber nur so lange, bis sie merkte, dass sie wieder viel zu viel in bedeutungslose Kleinigkeiten hineininterpretierte. Und da Letztere jetzt auch noch anfing, in der dritten Person über sich selbst zu sprechen, beschloss sie, dass es höchste Zeit für einen Schluck Wein war.
»Übertreibst du da nicht ein bisschen? Wenn ich anrufe, ist doch meistens einer von euch beiden zu Hause. So schlimm kann es also nicht sein. Oder traust du es dir einfach nicht zu?«
»Quatsch«, sagte er. »Ich möchte nur, dass sie es gut hat. Ich kann mich leider nicht so um sie kümmern, wie sie es verdient hätte. Und zusätzlich …« Elyas brach ab.
»Zusätzlich?«, fragte Alena.
»Ach.« Er schüttelte den Kopf. »Nichts weiter. Hier in Neustadt hat sie es einfach besser, als in einer Großstadt wie Berlin.
Was hatte er sagen wollen? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht so belanglos war, wie er tat.
Alena schlang von hinten die Arme um ihren Sohn und seufzte. »Mein Junge hat ein gutes Herz.« Mit diesen Worten drückte sie ihm den wohl dicksten Mama-Schmatzer, den die Welt je gesehen hatte, auf die Wange.
»Mo-hom, bitte«, jammerte Elyas. Doch Alena kicherte nur und küsste ihn gleich noch mal.
»Nun gut«, sagte sie und rappelte sich auf. »Dann werde ich jetzt mal den Glühwein aufsetzen gehen.«
»Brauchst du Hilfe?«, fragte Sebastian.
»Das ist lieb, aber nein, danke. Ich schaffe das allein. Du hast mir heute schon genug geholfen.«
Kaum war Alena um die Ecke verschwunden, kehrte eine unangenehme Stille ein zwischen uns Dreien. Über unseren Köpfen schwebte ein Thema, das wir gemeinsam allen
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