Türme Der Dämmerung
was er gesagt hat, das sie so verärgert hat.
»Eine Frau kann durchaus etwas erreichen, ohne Gewalt oder Magie zu gebrauchen.« Megaera blickt an ihm vorbei auf die Pier, wo die Hauptmännin ihre Garde einweist.
»So habe ich es nicht gemeint«, entschuldigt sich Creslin.
»Oh … teurer Gatte.« Sie schüttelt den Kopf.
Creslin hätte am liebsten auch den Kopf geschüttelt, doch er wartet auf die beiden Schwarzen Magier. Lydya trägt eine schwarze Ledertasche, die ihm bekannt vorkommt.
»Creslin, ich würde gern …«, beginnt Klerris.
»Wir kennen uns«, unterbricht Creslin ihn. »Lydya verdanke ich mein Leben – und vielleicht noch mehr.« Er verneigt sich. Es ist die erste Verneigung, seit er Westwind verlassen hat, doch die Heilerin verdient diese Huldigung. Sie errötet, und Klerris blickt leicht verwirrt drein.
»Das ist eine große Ehre, Creslin, da du nun … Mitregent bist«, erklärt Lydya nachdenklich.
»In der Tat ist es ein Zeichen der Ehrerbietung. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für ihn«, erwidert Megaera nicht gerade fröhlich, doch auch nicht ablehnend.
»Lydya, darf ich dir meine Mitregentin Megaera vorstellen, auch Sub-Tyrannin von Sarronnyn.«
»Ich freue mich, dich kennen zu lernen, Megaera. Die Tyrannin hat mir sehr geholfen.«
»Meine teure Schwester? Ach ja? Und wie hat sie ihre Großzügigkeit gezeigt?«
»Mit einer Spende von Getreide, Oliven und Holz … . Alles wird nach der Ernte im Herbst hergeschickt.«
»Ich freue mich auf diese Ladung.«
Creslin nickt. Megaera und er verstehen den Zeitpunkt der Zusage. Falls sie die Magier und sämtliche anderen Gefahren im Sommer überleben, wäre eine derartige Schiffsladung von Ryessa äußerst willkommen.
»Ich muss mich jetzt um die Unterkunft für die Garde von Westwind kümmern, Lydya«, erklärt Megaera. »Ich freue mich auf eine spätere Unterhaltung.«
Megaera geht zu Shierra. Lydya hebt die schwarze Ledertasche auf, die sie mitgebracht hat. »Das kommt von der Marschallin.«
Creslin runzelt die Stirn. Was kann man ihm geschickt haben? Doch als er die Tasche hochhebt, weiß er es. Seine Gitarre. Aber weshalb?
»Es ist eine Nachricht darin.«
Creslin entscheidet sich, später nachzusehen. Der Kapitän schaut ihn erwartungsvoll an. »Ich habe offenbar noch einige andere Pflichten.«
»Wie du willst. Lydya und ich können die Gitarre zurückbringen«, schlägt Klerris vor.
»Da wäre ich euch sehr dankbar.«
»Regent Creslin? Regent Creslin?«
Creslin lächelt, als die Heilerin und der Schwarze Magier sich dem nervösen Kapitän des Schiffs zuwenden, der Pergamente in der Hand hält.
LXXXI
» D u hast dir viel Mühe gegeben, körperlich in Form zu kommen.« Megaera zieht eine Braue in die Höhe und wartet auf Shierras Antwort. »Bleibt nur die Frage, ob du die lebenslange Ausbildung innerhalb einer oder zwei Jahreszeiten schaffst«, bemerkt diese.
»Mir bleibt keine Wahl«, antwortet Megaera.
»Creslin ist nicht so hart zu dir, oder? Meine Schwester meinte, in seinem Herzen sei er ein guter Mensch.«
»Gegen ihn muss ich mich nicht verteidigen. Außerdem glaube ich nicht, dass er sich auf den Einsatz von Waffen verlassen muss, soweit ich gesehen habe.« Sie hebt den Stab aus weißer Eiche. »Wo fangen wir an?«
Die Hauptmännin zieht die Brauen hoch. »Am Anfang, so wie du die Klinge hältst.«
Die Rothaarige lächelt, gestattet der anderen jedoch, ihre Finger anders zu legen.
»… und dann, wie du stehst.«
Ganz gleich, wie weh die Schläge tun, die sie empfangen wird, sie können den Schmerzen nicht gleichkommen, die sie mit den Eisenbändern um die Handgelenke erlitten hat, von denen die Narben herrühren. Zumindest hofft sie das.
»Vielleicht bedauerst du das noch, Herrin …«
Vielleicht wird es so sein, doch die Zeit des Bedauerns ist verstrichen. Jetzt konzentriert sie sich darauf, wie die ältere Frau die Klinge hält – und wie sie selbst die Waffe führt.
LXXXII
D er Mann trägt graue Lederhosen und ein verblichenes grünes Hemd, das über den Ellbogen abgeschnitten ist. Eine Zeitlang steht er auf der Pier und betrachtet die hohen Wogen jenseits der Mole. Nur einige Schaumkronen überspülen die Felsen. Die Hügel im Westen werfen ihre Schatten über die Pier. Bald geht die Sonne unter.
Er wendet sich nach Westen, wo sich die Wolken in der Höhe langsam rötlich färben. Mit einem letzten Blick auf die Türme der Dämmerung wendet er sich ab.
Dann geht er zur
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