Türme Der Dämmerung
Schritte vor dem Herzog stehen.
»Im Namen der Ordnung und des allgegenwärtigen Chaos, das man aufschieben, doch nie verneinen kann, haben wir uns hier versammelt, um den Bund zweier Seelen zu bezeugen, die in ihrer Verbindung nach größerer Ordnung streben wollen.« Der Herzog liest die Worte hastig von einem Pergament ab. Seine Stimme dröhnt tiefer als während der üblichen Gespräche.
»… wollt ihr ernstlich danach streben, dass Ordnung und Verständnis in eure Herzen Einzug halten?«
»Das will ich«, erklärt Creslin.
»Ja, soweit ich kann«, antwortet Megaera.
»Bestätigt mir jetzt, dass zwischen euch innige Zuneigung besteht und ihr eine höhere Ordnung stets beachten werdet?«
Creslin schluckt, ehe er spricht. »Ja, das bestätige ich.«
»Wenn es möglich ist, ja. Dunkelheit sei mir gnädig.« Megaeras Stimme ist kaum hörbar.
Die Miene des Herzogs verdüstert sich kurz. »Nun denn. In Gegenwart der Ordnung, die täglich wieder geschaffen werden muss, und im Licht des allgegenwärtigen Chaos bestätige ich die Bande dieser höheren Einheit, sowie die Hingabe zweier Seelen an die Ordnung – und zueinander.«
Creslin ist sich bewusst, dass er nun irgendeine Geste machen sollte, aber Megaera ist ihm keinen Schritt entgegengekommen.
»Küss sie zumindest auf die Wange!« flüstert der Herzog.
Creslin tritt zu ihr und küsst sie behutsam auf die Wange. Seine Lippen werden feucht, da sich aus ihren grünen Augen ein Tränenstrom ergießt.
»… so wunderschön.«
»… sogar sein Silberhaar passt her.«
Creslin schenkt den Bemerkungen keinerlei Beachtung und reicht Megaera den Arm. Diesmal nimmt sie ihn. Hocherhobenen Hauptes schreiten sie zurück zum Eingangsportal. Creslin presst die Lippen zusammen. Seine Augen brennen.
LVI
» I hr solltet zumindest eine Dienerin mitnehmen, Euer Gnaden«, rät die schwarzhaarige junge Frau. »Ihr seid Sub-Tyrannin und Regentin.«
»Auf meine Hochzeitsreise?« Das dann folgende Lachen zeugt von Härte und Trauer. »Glaubst du, mein Gemahl möchte, dass du zuschaust?«
Die Augen der Dienerin wandern zu den Satteltaschen auf dem Boden.
»Aldonya.« Megaera trinkt den Becher aus. »Warum nur … habe ich …?«
»Ja, Herrin?«
»Ich habe alles mit Korweil und Helisse besprochen. Du kannst solange in ihren Diensten bleiben, wie du willst. Es besteht kein Zwang. Du darfst sie jederzeit verlassen.«
»Ihr seid äußerst gütig, doch würde ich lieber bei Euch bleiben.«
»Und nach Recluce gehen? Auf diese öde Insel?« Megaeras Blick ruht auf dem leicht gerundeten Bauch Aldonyas. »Recluce ist kein Ort, um ein Kind zu bekommen.«
»Euer Gnaden …«
»Aldonya, wenn du es tatsächlich willst – und wenn du und dein Kind gesund seid … dann magst du mir später nach Recluce folgen. Korweil wird alle nötigen Vorkehrungen treffen.«
Der Hauch eines Lächelns überfliegt die Züge der jungen Frau. »Ihr seid so überaus freundlich, Herrin. Wenn doch Creslin das nur sehen könnte.«
»Ich bin alles andere als freundlich. Das weiß er. Manchmal wünschte ich, ich wäre es.« Megaera hebt die Arme, so dass man die weißen Narben sieht. »Diese Narben lassen mich nie vergessen, und als Frau ohne Macht …«
Wieder lächelt die Dienerin. »Ich glaube, er hat ein gutes Herz und könnte Euch lieben.«
»Schon möglich, doch führt ein gutes Herz nicht zwangsläufig dazu, auch in Worten und Taten gut zu sein.« Die Rothaarige blickt durchs Fenster auf die Schatten, die die Ostmauern auf den Hof werfen. »Meine teure Schwester hat mich das vor langer Zeit gelehrt.«
Aldonyas Lächeln verschwindet, als sie die Traurigkeit in den Augen ihrer Herrin bemerkt.
LVII
» I n der Festung des Herzogs zu Vergren ist er nicht«, erklärt Hartor dem Erzmagier.
»Hast du das aus deinen üblichen Quellen?«
Der schwergewichtige Mann grinst über den Tisch. »Gold wirkt zuweilen stärker als Chaos und Ordnung. Korweil scheint so unruhig wie eine Aaskrähe, die noch nicht flügge ist.«
Der Erzmagier nickt. »Ich nehme an, du tust alles, was in deiner Kraft steht, um ihn noch unruhiger zu machen.«
»Wir haben dafür gesorgt, dass er erfährt, dass die Marschallin ihre Truppen aus Suthya abberufen hat, um ihm klar zu machen, dass Westwind stets an erster Stelle kommt.«
»Und was ist mit diesem Creslin?«
»Wir haben ausgeplaudert, dass er eine ganze Bande getötet hat.«
»Übertreibe nicht so schamlos, Hartor.«
»Nun ja – von den sieben Banditen
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