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Türme strahlen den Tod

Türme strahlen den Tod

Titel: Türme strahlen den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Gray
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Wimper zuckte in Burtards Gesicht, während er entschlossen das künstliche Lebewesen anstarrte und vor den unbewegten Augen des Dinges im Tank ein paar Schritte zurückwich. „Ich bin nicht wie du. Ich hänge nicht unbeweglich in einem Tank, sehe keinen Menschen und tue niemals etwas anderes, als meine verschiedenen Hebel, Steuerungen und Schaltungen in Betrieb zu setzen. Im Gegensatz zu dir weiß ich, was es bedeutet, zu leben. Zu leben – verstehst du das überhaupt? Weißt du, was das ist? Kannst du es dir vorstellen? Hingehen, wohin man will, mit anderen Menschen Zusammensein, sich mit ihnen unterhalten und ihr Freund oder ihr Feind zu werden. Ich bin eine Person, ein Mensch, der da draußen seine Heimat hat. Ich lehne es von nun an endgültig ab, nach deinen Befehlen zu handeln.“
    „Wie du wünschst“, flüsterte die tonlose, geisterhafte Stimme. „Es ist mir völlig gleichgültig, was du tust. Es geht mich nichts an und hat keinerlei Wirkung auf mich. Für mich bist du überhaupt nichts anderes als ein interessantes Experiment. Aber was ich einmal getan habe, das kann ich auch wieder tun. Du willst also das System der Türme in Betrieb setzen?“
    „Jawohl.“
    „Natürlich.“ Das Ding im Tank war weder überrascht noch im geringsten verärgert.
    „Wann?“
    „Sofort, wenn ich hier heraus bin. Alles ist sorgfältig vorbereitet. Die Schaltungen sind betätigt, und der Strom fließt bereits in die Strahler in den Spitzen der Türme. Ich brauche nichts mehr zu tun, als einen einzigen Hebel herumzulegen und die eigentlichen Strahlungsgeräte einzuschalten.“
    „Ich verstehe.“
    Wieder trat Totenstille ein. Die sanftglühende Flüssigkeit umspülte die fremdartige Gestalt, wusch sie und nährte sie, behütete sie vor jeder Infektion und vor allen Zerstörungen der Zeit. Kein Roboter hätte jemals so lange leben können, ein natürliches Wesen, das von einer Mutter geboren war. Aber das Ding im Tank war auch alles andere als natürlich.
    Eine Maschine war es, ein Apparat aus lebendem Gewebe und aus unzerstörbaren Elektronen. Auf einer Welt, die vor vielen, vielen Jahrhunderten zugrunde gegangen war, hatten Naturwissenschaftler es konstruiert. Männer waren es gewesen, die mit Atomen umzugehen wußten, als sei es harmloser Kinderkram. Männer, deren Geist alles überragte, was auf der Erde denkbar erschien. Sie hatten dieses seltsame Wesen konstruiert, wie man einen Radioapparat oder einen Fernsprecher konstruiert, und sie hatten es so angelegt, daß es viele Jahrhunderte überdauern konnte. Das Fleisch des Wesens starb und wuchs neu nach. Es ersetzte das altgewordene, verfallene Gewebe besser, als jede Maschine aus Metall und Plastik es hätte tun können. Das Gehirn war eine aufgehäufte Masse undurchschaubar ineinander verschlungenen Gewebes. Die ganze Konstruktion dieses künstlichen Lebewesens wurde von diesem Tank aus diamantharten Wänden geschützt und aus dem ersterbenden Atomfeuer gespeist, das in den Geräten rundum in der Kammer loderte und glühte.
    Ein Gerät war es, eine Maschine – und gleichzeitig ein We sen, das einen Willen hatte. Aber es war ein konstruierter Wille, der nur in einer ganz bestimmten Richtung zu wirken vermochte.
    In festen, unzerstörbaren Behältern, geschützt und behütet vor aller Verletzung und allem Verfall, ruhte der Same einer vor Urzeiten ausgestorbenen Rasse. Er wartete, daß die Zeit käme, wo er in einer jungen Welt zu neuem Leben erwachen konnte. Und der einzige Wille, der das Ding im Tank trieb, die eine Aufgabe, die es von seinen längst verstorbenen Erfindern und Konstrukteuren mitbekommen hatte, bestand darin, dieser schlummernden Frucht den Boden zu bereiten.
    Einmal hatte das Wesen schon versucht, seine Aufgabe zu erfüllen – und der Mars war daran gestorben.
    Und nun wollte es den Versuch wiederholen – und alles Leben auf der Erde, das höher war als das der einzelligen Organismen, war ohne alles Mitleid zum Tode verurteilt.
    Es war der letzte Versuch, den das Ding im grünlich schimmernden Tank unternehmen konnte.
    Wieder bewegte es sich. Es fröstelte und fühlte, wie nach und nach das Leben in ihm erlosch, während die Energie in den Behältern rundum immer mehr nachließ und das Atomfeuer, dem es sein Dasein verdankte, unruhiger und schwächer flackerte. Ein Gedanke überfiel das Ding. Dann noch einer. Sie quälten sein konstruiertes Gehirn, und ganz langsam wurde der grüne Schimmer, den es nach allen Seiten ausstrahlte, dunkel und

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