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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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präsentierte sich Mr Walsum, der jedoch keinen Ton sagte. Stattdessen starrte er Will nur ausdruckslos an und bedeutete ihm schließlich mit einem Kopfnicken, dass er ihm folgen solle.
    Als sie auf der Straße standen, brach Cal in die entgegengesetzte Richtung auf. Obwohl auch er zur Arbeit abkommandiert war, lag seine Arbeitsstätte in einem anderen Quadranten der Südkaverne, und Will hatte ein mulmiges Gefühl, weil er nicht länger an seiner Seite war. So lästig ihm sein kleiner Bruder auch manchmal sein mochte, Cal war doch sein Wegweiser, sein Hüter in dieser unbegreiflichen Welt mit ihren primitiven Praktiken. Ohne ihn fühlte Will sich schrecklich verwundbar.
    Während Will Mr Walsum lustlos folgte, betrachtete er den Mann verstohlen, der langsam und deutlich hinkend voranging – sein linkes Bein schwang seltsam verdreht in die Luft und sein Fuß schlug bei jedem Schritt mit einem dumpfen Klatschen auf das Kopfsteinpflaster. Er war fast so hoch wie breit und trug einen seltsamen schwarzen, gerippten Hut, den er bis an die Augenbrauen heruntergezogen hatte. Die Kopfbedeckung sah auf den ersten Blick so aus, als wäre sie aus Wolle gefertigt, doch bei näherem Hinsehen stellte Will fest, dass der Hut aus einem gröberen Material, einer Art Kokosfaser gewoben war. Mr Walsums kurzer Hals war so breit wie sein Kopf, und plötzlich wurde Will bewusst, dass sein ganzes Erscheinungsbild ihn an einen dicken Daumen erinnerte, der aus einem Mantel herausragte.
    Während sie die Straße entlanggingen, schlossen sich ihnen weitere Kolonisten an, bis der Trupp aus etwa einem Dutzend Jugendlichen bestand. Die meisten waren noch relativ jung – zwischen zehn und fünfzehn Jahren, schätzte Will. Er sah, dass viele von ihnen einen Spaten mit sich führten. Doch einige andere Jungen trugen bizarre langstielige Gerätschaften, die entfernt an Spitzhacken erinnerten – mit einer Eisenspitze auf der einen Seite, aber einer langen, gebogenen Schaufel auf der anderen. Der stark abgenutzte, mit Leder umwickelte Stiel und die Metallteile verrieten Will, dass die Werkzeuge sehr oft im Einsatz gewesen waren.
    Seine Neugier war geweckt, also beugte er sich zu einem der Jungen hinüber, die neben ihm gingen, und fragte leise: »Entschuldige, aber was ist das für ein Ding, das du da trägst?«
    Der Junge warf ihm einen vorsichtigen Blick zu und murmelte: »Natürlich eine Kratze.«
    »Eine Kratze«, wiederholte Will. »Äh, danke«, fügte er hinzu, als der Junge seine Schritte bewusst verlangsamte und hinter ihm zurückblieb. In diesem Moment fühlte Will sich einsamer als je zuvor und verspürte plötzlich den starken Drang, auf dem Absatz kehrtzumachen und zum Haus der Jeromes zurückzukehren. Aber er wusste, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als das zu tun, was man ihm hier unten auftrug. Er musste sich einfügen.
    Irgendwann betraten sie einen Tunnel, in dem das Stampfen ihrer Arbeitsschuhe von allen Seiten zurückhallte. Die Tunnelwände waren von diagonalen Adern aus einem schimmernden schwarzen Gestein durchzogen, die an Obsidianschichten oder glänzende Kohleflöze erinnerten, wie Will bei näherer Betrachtung feststellte. War das etwa ihre Aufgabe hier unten? Sofort schossen ihm zahlreiche Bilder durch den Kopf – von Bergleuten mit bloßem Oberkörper, die durch enge Gänge krochen und im Streb auf die staubige schwarze Kohle einhackten. Ihm wurde ganz mulmig zumute.
    Nach ein paar Minuten erreichten sie eine Höhle, die etwas kleiner war als die, die sie gerade hinter sich gelassen hatten. Als Erstes fiel Will auf, dass sich die Luft verändert hatte: Die Luftfeuchtigkeit war so stark angestiegen, dass er förmlich spüren konnte, wie sich der Dunst auf seinem Gesicht absetzte und mit seinem Schweiß vermischte. Dann bemerkte er, dass die Höhlenwände mit riesigen Kalksteinplatten abgestützt waren. Cal hatte ihm erzählt, dass die Kolonie aus einer Reihe miteinander verbundener Kammern bestand, die teils natürlich entstanden und teils von Menschenhand geschaffen waren – mit speziell verstärkten Wänden, so wie diese Höhle.
    »Oh, Mann, ich hoffe, Dad hat das hier gesehen!«, murmelte Will leise. Am liebsten wäre er stehen geblieben und hätte alles genau inspiziert, vielleicht sogar ein paar Skizzen gemacht. Doch er musste sich damit begnügen, sich so viel wie möglich einzuprägen, da sie rasch weitermarschierten.
    In dieser Höhle standen weniger Gebäude, wodurch sie eine fast ländliche Atmosphäre

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