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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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weiterzugehen.
    »Wir sind fast da«, sagte der Polizist über die Schulter des Jungen hinweg, und Chester wusste, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als zu kooperieren. Man würde ihm keinen Aufschub gewähren, keine Gnadenfrist einräumen.
    Er schleppte sich so langsam weiter, dass er im Grunde kaum vorwärtskam, woraufhin ihm der Polizist einen derartig heftigen Stoß versetzte, dass er das Gleichgewicht verlor und förmlich durch die Tür in das Licht segelte. Einen Moment lang rutschte er auf allen vieren über den kalten Steinboden, blieb dann mitten im Raum liegen und schaute sich verwirrt um.
    Das Licht umgab ihn von allen Seiten, und er blinzelte angestrengt gegen den grellen Schein. Dann hörte er, wie die Tür hinter ihm krachend ins Schloss fiel – und wie jemand mit Papier raschelte. In dem Moment wusste er, dass er nicht allein in dem Raum war. Sofort malte er sich aus, wer das sein könnte: vermutlich zwei große Styx, die wie bei den Verhören mit dem Licht der Finsternis hinter einem Tisch saßen.
    »Steh auf«, befahl eine dünne, näselnde Stimme.
    Chester rappelte sich auf und drehte den Kopf langsam in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Der Anblick, der sich ihm bot, verblüffte ihn über alle Maßen.
    Vor sich sah er einen einzelnen Styx, runzlig und klein, mit schütteren grauen Haaren, die straff nach hinten gekämmt waren. Sein Gesicht war mit so vielen Falten und Furchen überzogen, dass er wie eine gebleichte Rosine aussah. Er stand stark gekrümmt über einem hohen Tisch mit schräger Tischplatte, einer Art Pult, und erinnerte an einen alten Schuldirektor.
    Einen Augenblick lang atmete Chester auf; das war nicht das, was er erwartet hatte. Er entspannte sich ein wenig und versuchte, sich einzureden, dass die Geschichte ja möglicherweise doch noch ein gutes Ende nehmen könnte, als sein Blick sich mit dem des alten Styx kreuzte.
    Der Mann hatte die kältesten dunkelsten Augen, die Chester je begegnet waren. Sie wirkten auf ihn wie zwei bodenlose Schächte, die ihn zu sich zogen und mithilfe irgendeiner übernatürlichen, unheilvollen Macht hinab in die Tiefe sogen. Chester spürte, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken fuhr, als wäre die Temperatur im Raum schlagartig gefallen, und er begann, heftig zu zittern.
    Der alte Styx senkte den Blick auf den Tisch, und Chester schwankte leicht hin und her, als hätte man ihn plötzlich aus der Gewalt einer Kraft entlassen, die ihn unbarmherzig in ihrem Griff gehalten hatte. Rasch holte er ein paarmal tief Luft – ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass ihm bis dahin der Atem gestockt hatte. Dann richtete der Styx mit bedächtiger Stimme das Wort an ihn.
    »Du wurdest für schuldig befunden«, sagte er, »und zwar gemäß Paragraf 42, Absatz 18, 24, 42 …«
    Es folgte eine ganze Reihe von Zahlen, die Chester jedoch nichts sagten. Schließlich hielt der Styx eine Sekunde inne und sagte ausgesprochen nüchtern: »Es ergeht folgende Strafe.« In dem Moment hörte Chester wieder aufmerksam zu.
    »Der Gefangene wird von hier fortgebracht und per Zug in das Innere transportiert: Dort wird er in die Verbannung geschickt und den Kräften der Natur preisgegeben. So soll es geschehen«, beendete der alte Styx seine Urteilsverkündung, faltete die Hände und drückte sie so fest zusammen, als würde er etwas auswringen wollen. Dann hob er langsam den Kopf und sagte: »Möge der HERR sich deiner Seele erbarmen.«
    »Was … was meinen Sie damit?«, fragte Chester und taumelte unter dem eisigen Blick des Styx – und bei dem Gedanken an die Konsequenzen dessen, was er gerade gehört hatte.
    Stoisch wiederholte der Styx das Urteil, ohne noch einmal in die Papiere zu schauen. Dann verstummte er erneut. Chester rang mit den Fragen, die ihm durch den Kopf schossen, und bewegte die Lippen, brachte aber keinen Ton heraus.
    »Ja?«, fragte der alte Styx auf eine Art und Weise, die ahnen ließ, dass er diese Situation schon viele Male zuvor erlebt hatte und dass es ihn ausgesprochen ermüdete, mit dem unwürdigen Gefangenen reden zu müssen.
    »Was … was hat das zu bedeuten?«, stieß Chester schließlich hervor.
    Der Styx starrte Chester ein paar Sekunden lang an und sagte dann in völlig gleichgültigem Ton: »Verbannung. Du wirst bis zum Grubenbahnhof transportiert, viele Meilen in die Tiefe, und dann deinem Schicksal überlassen.«
    »Also noch weiter in die Erde hineingebracht?«
    Der Styx nickte. »Wir haben für Leute deines Schlages

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