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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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gesunken. Ihre Füße ruhten auf kleinen Querstreben, die man etwa einen halben Meter über dem Boden an die Pfähle genagelt hatte – was einen unheimlichen Effekt erzeugte, als würden die dunklen, reglosen Leichen in der Luft schweben.
    »Warum haben sie das nur getan?«, fragte Will.
    »Es ist eine Warnung und eine Machtdemonstration. Sie haben das schlicht und einfach deshalb getan, weil sie Styx sind«, erwiderte Elliott. Während sie die Reihe der Abtrünnigen abschritt, ging Will hinüber zu den Koprolithen, obwohl ihm überhaupt nicht danach zumute war.
    »Diesen Mann hier habe ich gekannt«, sagte Elliott. Will drehte sich zu ihr um und beobachtete, wie sie reglos vor einem der Leichname stehen blieb.
    Dann holte er tief Luft und zwang sich, einen der toten Koprolithen zu betrachten. Die sandbeige Farbe des Staubanzugs war im bernsteingelben Schein seines Nachtsichtfernrohrs deutlich zu erkennen, nur der Bereich um die Augenhöhlen herum wirkte deutlich dunkler. Die Leuchtkugeln ihrer Kopfscheinwerfer fehlten – das dicke Gummimaterial der Anzüge war mit einem Messer aufgeschlitzt worden, um die Kugeln zu entfernen. Will erschauderte. »Diese Schlächter«, murmelte er leise.
    »Will«, stieß Elliott plötzlich leise hervor und riss ihn aus seinen Gedanken. Mit gespitzten Ohren schaute sie angespannt erst in die eine Richtung des Tunnels und dann in die andere; es schien, als würden all ihre Sinne auf Hochtouren arbeiten.
    »Was ist los?«, fragte Will.
    »Versteck dich!«, zischte sie ihm in einem unterdrückten Flüsterton zu.
    Mehr sagte sie nicht. Verständnislos starrte Will sie an; er hatte keine Ahnung, was sie meinte. Sie stand auf Höhe des letzten Abtrünnigen auf der anderen Tunnelseite und bewegte sich im nächsten Moment so schnell, dass er sie durch sein Fernrohr kaum im Blick behalten konnte. Elliott fand eine Vertiefung im Tunnelboden, drückte das Gewehr an sich und rollte sich, mit dem Gesicht nach unten, in die kleine Grube. Will konnte sie nicht mehr erkennen – sie war vollkommen unsichtbar.
    Hektisch schaute er sich um, suchte verzweifelt nach einem ähnlichen Loch im Boden. Aber er konnte nirgends auch nur die geringste Vertiefung entdecken. Wo sollte er hin? Er musste unbedingt ein Versteck finden. Aber wo? Er lief erst in die eine Richtung, dann in die andere und schlüpfte schließlich hinter die Reihe der Koprolithenleichen auf seiner Seite des Tunnels. Keine gute Idee, wie ihm sofort aufging – der Boden war vollkommen eben und stieg zur Tunnelwand sogar noch an.
    Als er ein Geräusch hörte, erstarrte er.
    Das Bellen eines Hundes!
    Ein Spürhund!
    Aber er konnte nicht sagen, woher das Gebell kam.
    Und er stand vollkommen ungedeckt und ungeschützt da.

26
    Der Spürhund, dieser Inbegriff des Abscheulichen, stieß eine grauenerregende Mischung aus Schnauben und tiefem Knurren aus. Sein Hundeführer war einer von vier Grenzern, die langsam durch die Mitte des Tunnels schlenderten, und er hatte größte Mühe, das Tier im Zaun zu halten, das wie wild an seiner Leine zerrte.
    Die Styx-Soldaten trugen mattschwarze Scheitelkäppchen, und ihre Gesichter lagen hinter großen, insektenartigen Schutzbrillen und ledrigen Atemmasken verborgen. Ihre knöchellangen Mäntel waren mit einem speziellen Tarnmuster aus graubraunen und sandfarbenen Rechtecken versehen, und die Ausrüstung an ihren Gürteln und in ihren Rucksäcken rasselte leise mit jedem Schritt. Ganz offensichtlich befanden sie sich nicht auf Patrouille – sie rechneten wohl nicht mit der Anwesenheit anderer Personen in dieser Gegend.
    Schließlich blieben sie zwischen den beiden Reihen der Exekutierten stehen. Der Hundeführer zischte einen unverständlichen Befehl, woraufhin der Spürhund sich sofort auf die Hinterbeine setzte und weitere kurze Knurrgeräusche von sich gab, während er den Kopf in alle Richtungen drehte, um den widerlichen Gestank der verwesenden Leichen zu schnüffeln. Ein langer, zähflüssiger Speichelfaden lief ihm aus dem Maul, als fände er den Geruch appetitanregend.
    Die Stimmen der Grenzer klangen dünn und nasal, ihre Worte abgehackt und unverständlich. Plötzlich begann einer der Soldaten, meckernd zu lachen, und die anderen stimmten lauthals ein, wie eine Rotte heulender Hyänen. Offensichtlich ergötzten sie sich am Anblick ihrer Opfer.
    Will wagte kaum zu atmen – nicht nur wegen des grässlichsten Gestanks, den er jemals gerochen hatte, sondern auch deshalb, weil er panische Angst davor

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