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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Natürlich wusste jeder in der Kolonie von der Division – den Truppen, die offiziell entlang der Grenzen des Bezirks und der Ewigen Stadt patrouillierten, aber tatsächlich all jene Bereiche der Kolonie kontrollierten, die sich in größerer Nähe zur Erdoberfläche befanden und damit von Kolonisten als Fluchtroute benutzt werden konnten.
    Doch die Grenzer waren ein ganz anderer Fall und nur äußerst selten, wenn überhaupt, auf den Straßen zu sehen – was dazu geführt hatte, dass in der Kolonie zahllose Mythen und Legenden über sie und ihre kämpferischen Fähigkeiten kursierten. Einige der besonders weit hergeholten Erzählungen besaßen laut Tarn tatsächlich einen wahren Kern: Er wusste aus gut unterrichteter Quelle, dass sie einst am äußersten Rand der Nördlichen Tiefen tatsächlich einen verbannten Kolonisten verspeist hatten, als ihnen die Nahrungsvorräte ausgegangen waren. Und Tarn hatte ihr auch erzählt, dass »Mephisto« ein anderer Name für den Teufel sei und eine sehr passende Bezeichnung für diese dämonischen Gestalten.
    Trotz dieser und anderer, offensichtlich an den Haaren herbeigezogener Anekdoten, die hinter verschlossenen Türen im Flüsterton die Runde machten, war tatsächlich nur sehr wenig über die Grenzer bekannt – abgesehen von Spekulationen, dass sie an verdeckten Einsätzen in Übergrund beteiligt seien. Außerdem hieß es, sie wären speziell ausgebildet, um in den Tiefen über einen längeren Zeitraum ohne fremde Hilfe zu überleben. Und als Sarah erneut einen vorsichtigen Blick in Richtung der Grenzer warf, musste sie sich eingestehen, dass die Männer wirklich ein extrem Furcht einflößender Haufen waren, mit den kältesten Augen, die sie je gesehen hatte.
    Der große, aber eher zweckmäßig eingerichtete Dienstwagen, der auf dem gleichen Fahrgestell rollte wie die lange Reihe der Güterwaggons vor ihnen, bot ziemlich viel Platz. Die Seiten und das Dach des Wagens waren aus Holzbohlen gefertigt, die während der langen Fahrt mit solcher Regelmäßigkeit enormer Hitze und wolkenbruchartigen Sturzbächen ausgesetzt waren, dass sie sich stark verzogen hatten. Zwischen den Planken hatten sich breite Spalten gebildet, die rußigen Qualm und heftigen Fahrtwind in das Innere des Dienstwagens ließen – wodurch die Reise darin auch nicht viel angenehmer war als in dem offenen Güterwaggon, in dem Will und die beiden anderen Jungen gehockt hatten.
    Grobe Holzbänke erstreckten sich auf beiden Seiten des Dienstwagens, und am vorderen und hinteren Ende waren kleine, kniehohe Tische am Boden festgeschraubt; den hinteren Tisch hatten die vier Grenzer mit Beschlag belegt.
    Die Soldaten trugen ihre charakteristische Uniform, lange graubraune Mäntel und weit geschnittene Hosen mit dicken Knieschonern, die sich von der üblichen Kleidung der Styx vollkommen unterschied. Auch Sarah hatte eine entsprechende Ausstattung übergestreift, obwohl sie sich ausgesprochen unwohl darin fühlte. Es fiel ihr nicht schwer, sich vorzustellen, was Tarn wohl gesagt hätte, wenn er sie in dieser Aufmachung erblickt hätte. Während sie mit der Hand über das Revers ihres Mantels strich, sah sie den verdrossenen Ausdruck auf dem Gesicht ihres Bruders förmlich vor sich, und sie konnte fast seine Stimme hören.
    Oh Sarah, wo hast du dich da nur reingeritten? Was glaubst du denn, was du da machst
    I
    Sarah fiel es schwer, ruhig sitzen zu bleiben. Sie konnte das Gefühl des Unbehagens einfach nicht unterdrücken, und verlagerte regelmäßig ihre Haltung auf der gnadenlos harten Holzbank. Dabei verursachte ihre Uniform allerdings nicht das geringste Geräusch: Das Material strafte die Gerüchte Lügen, die behaupteten, die Uniform sei aus der Haut von Koprolithen gefertigt. Tatsächlich war sie aus extrem weichem Kalbsleder geschneidert, vermutlich damit die Grenzer sich besonders leise bewegen konnten und nicht durch das typische Knistern der pechschwarzen Styx-Kleidung in der Kolonie verraten wurden.
    Offenbar ruhten sich die Grenzer abwechselnd aus: Während zwei mit den Füßen auf dem Tisch schliefen, hielten die anderen beiden Wache und saßen nahezu übermenschlich reglos und kerzengerade da, die Augen stur geradeaus gerichtet. Ihre gesamte Erscheinung, selbst die der beiden schlafenden Soldaten, verströmte eine Art grimmige Wachsamkeit, als wären sie jederzeit blitzschnell kampfbereit.
    Sarah und Rebecca versuchten wegen des ständigen Geräuschpegels erst gar nicht, sich zu unterhalten. Der

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