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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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stimmt’s?«
    »Ich habe eine Luftpistole«, sagte Will und erinnerte sich an die illegalen Schießübungen mit seiner alten Waffe auf dem Gemeindeland von Highfield.
    »Mit etwas Training wirst du die Entfernung besser abschätzen können. Jetzt du, Chester.«
    Chester trat zögernd einen Schritt vor und nahm den Vorderlader von Drake entgegen. Er zog die Schultern hoch und wirkte ziemlich unbeholfen, als er versuchte, die Waffe auf das Ziel auszurichten.
    »Stütz sie auf deinem Handballen auf. Nein, schieb deine Hand weiter unter die Waffe. Und entspann dich, Junge!« Drake nahm Chester bei den Schultern, bog sie jedoch nicht nach vorne, wie er es bei Cal gemacht hatte, sondern versuchte, sie hinunterzudrücken. »Entspann dich«, sagte er erneut, »und lass dir Zeit.«
    Chester wirkte noch immer furchtbar linkisch, und seine Schultern schlichen sich langsam wieder nach oben. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, ehe er schließlich den Abzug betätigte.
    Keiner der Anwesenden konnte glauben, was sie nun zu sehen bekamen: Dieses Mal spritzten weder Gesteinsbrocken auf noch ertönte das Sirren eines Querschlägers. Mit einem lauten Knall traf die Kugel mitten ins Ziel und schleuderte den Stein rasend schnell durch den Tunnel.
    »Guter Junge!«, rief Drake und klopfte dem verblüfften Schützen auf den Rücken. »Volltreffer.«
    »Der Kandidat hat hundert Punkte!«, sagte Will lachend.
    Chester war sprachlos. Blinzelnd starrte er auf die Stelle, wo der Stein gelegen hatte, als könnte er seinen Augen nicht trauen. Will und Cal gratulierten ihm überschwänglich, doch der Junge war vollkommen verwirrt von seinem Erfolg.
    Als Drake sofort danach die Sprengladungen zusammenpackte, die Waffen einrollte und allesamt – bis auf einen Vorderlader mittlerer Größe – mit ziemlicher Eile in seinen Rucksack stopfte, wussten die Jungen, dass die Übungsstunde vorbei war. Will sah die Waffe im Sand liegen und fragte sich gerade, ob er Drake darauf aufmerksam machen sollte, als er den Grund für dessen rasches Handeln erfuhr.
    Plötzlich kam ein Stein aus dem Tunnel geflogen, traf auf den Boden und hüpfte klirrend weiter, bis er neben Drakes Stiefel liegen blieb. Es war derselbe Stein, den Chester kurz zuvor so erfolgreich getroffen hatte.
    Eine krächzende, lispelnde Stimme sickerte unfreundlich aus den Schatten, als wäre ein übler Geruch freigesetzt worden.
    »Na, haste mal wieder ’ne Show abgezogen, Drakey?«
    Sofort schaute Will zu Drake, der wachsam die Dunkelheit sondierte, die Waffe schussbereit in der Hand. Obwohl er keine Drohhaltung oder Verteidigungsposition eingenommen hatte, erkannte Will die tödliche Entschlossenheit im Gesicht des großen Mannes, ehe dieser das Sichtgerät über sein rechtes Auge klappte.
    »Was willst du hier? Du kennst doch die Regeln, oder, Cox? Abtrünnige halten sich voneinander fern oder sie bekommen die Konsequenzen zu spüren«, knurrte Drake.
    »Du has’ dich doch auch nich’ an die Regeln gehalten, als du den armen alten Lloyd umgelegt has’, oder? Und dir dann sein Mädchen geschnappt has’ …«
    Eine unförmige Gestalt tauchte aus den Tiefen des Tunnels auf, ein missgebildetes, buckliges Lumpenbündel, das von den Laternen der Jungen beleuchtet wurde.
    »Ahh, ich hab schon gehört, dass du ein paar hübsche neue Dingelchen hast. Frischfleisch.«
    Die Gestalt hustete und bewegte sich weiter vorwärts, als würde sie dicht über dem Boden schweben. Will erkannte, dass es sich um einen Mann handelte, der ein braunes und extrem dreckiges Tuch über Kopf und Schultern gelegt hatte, wie eine Bauersfrau. Er ging stark vornübergebeugt, was auf eine ernsthafte Verkrüppelung schließen ließ. Unmittelbar vor Drake und den Jungen blieb er stehen und hob den Kopf. Sein Gesicht bot einen furchtbaren Anblick: Auf der linken Stirn saß eine riesige Wucherung, so groß wie eine kleine Melone, die nicht wie der Rest des Gesichts von Staub bedeckt war, sodass die Jungen die graue Haut mit dem bläulich schimmernden Netz von Blutgefäßen sehen konnten. Eine weitere, nur etwas kleinere Geschwulst befand sich über seinem Mund und verzog seine gesprungenen schwarzen Lippen zu einem permanenten »0«. Zäher weißer Speichel rann ihm in einem durchgehenden Faden von der Unterlippe über das Kinn, wo er wie ein Bart hin und her schaukelte.
    Doch das Schlimmste waren seine Augen: vollkommen weiß, wie frisch geschälte harte Eier, ohne jede Spur einer Pupille oder Iris.
    Eine knorrige

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