Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
Vom Netzwerk:
glitzerten in Cals Licht wie eine Million Spinnweben. Doch der Geruch wurde immer unerträglicher und der Junge konnte einfach nicht aufhören, sich zu räuspern und zu hüsteln – auch wenn der Lärm Drake verärgerte. Cal versuchte, die Luft anzuhalten, was ihm aber natürlich nur begrenzt gelang, und irgendwann blieb ihm nichts anderes übrig, als den Gestank doch einzuatmen. Der Pesthauch sammelte sich in seiner Kehle, bis Cal trocken und stoßweise zu husten begann.
    Während er den Hustenanfall zu unterdrücken versuchte, schaute er hinunter ins Wasser, wo sich zu seinem großen Entsetzen irgendetwas bewegte. Er spürte, wie sich etwas um seine Wade schlang. Und dann zog es sich straff zusammen.
    »Oh, Gott!«, stieß er erstickt hervor und versuchte, mit hektischen Bewegungen durch das Wasser zu sprinten.
    »Bleib stehen!«, knurrte Drake, doch Cal kümmerte sich nicht um ihn.
    »Nein!«, rief er laut. »Ich will hier raus!«
    Während er weiterstürmte, sah er, wie Elliott vor ihm ein paar Stufen hinaufstieg. Cal schloss zu ihr auf, klammerte sich an das wacklige Eisengeländer, das unter seinem Gewicht nachzugeben drohte, und zog sich ächzend aus dem stinkenden Wasser. Er torkelte und stolperte die Stufen hinauf, schlug dabei mit seinem Gehstock gegen die Wand und schnappte theatralisch nach frischer Luft, als eine Hand ihn an der Schulter packte. Ihr eiserner Griff ließ ihn abrupt innehalten, presste sich schmerzhaft in sein Schlüsselbein und wirbelte ihn herum.
    »Mach so was nie wieder!«, knurrte Drake mit tiefer Stimme. Sein Gesicht war nur Zentimeter von Cals entfernt und sein unbedecktes Auge funkelte vor Zorn. Dann schob er den verängstigten Jungen gegen die Wand, ohne den Griff um dessen Schulter zu lockern.
    »Aber da war …«, setzte Cal zu einer Erklärung an. Die verpestete Luft und seine Furcht ließen ihn hyperventilieren.
    »Das ist mir vollkommen egal. Hier unten kann eine einzige dumme Handlung über Leben oder Tod entscheiden … So einfach ist das«, sagte Drake. »Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Cal nickte und bemühte sich angestrengt, nicht zu husten, während Drake ihn wieder vorwärts stieß. Schließlich erreichten sie einen weiteren Korridor mit einer deutlich höheren Decke als in dem klaustrophobischen Durchgang, den sie gerade verlassen hatten. Die senkrechten Wände neigten sich leicht nach außen und kamen dann im Deckenbereich wieder zusammen, wie in einem antiken Grabmal. Der Boden war feucht, und hin und wieder knirschte irgendetwas unter Cals Schuhen wie splitterndes Glas.
    Wenige Meter weiter passierten sie mehrere Durchgänge, die auf beiden Seiten dieses seltsam geformten Korridors abzweigten. Sie folgten einem der Nebengänge und kamen dann in einen Raum von beträchtlicher Größe. Obwohl Cal in der Dunkelheit nicht viel erkennen konnte, schien der Raum in mehrere Bereiche unterteilt zu sein: Ein Labyrinth aus dicken Betonwänden, die etwa bis zur Hälfte der Decke reichten, bildete eine Reihe von stallartigen Verschlägen. Am Eingang jedes Verschlags lagen Geröll und rostende Metallhaufen.
    »Was ist das hier?«, wagte Cal es, die Stille zu unterbrechen.
    »Die Brutanlage.«
    »Brutanlage … wofür? Zur Aufzucht von Tieren?«, fragte Cal.
    »Nein, nicht für Tiere. Für Koprolithen. Die Styx haben sie gezüchtet, um sie als Sklaven zu halten«, erwiderte Drake langsam. »Sie haben diesen Gebäudekomplex vor Jahrhunderten errichtet.«
    Ehe der Junge weitere Fragen stellen konnte, drängte Drake ihn in einen kleineren Raum, der an einen Krankenhaussaal erinnerte. Cal sah, dass der Boden und die Wände mit weißen Fliesen gekachelt waren, die sich aber im Laufe der Jahre durch Schmutz und Feuchtigkeit stark verfärbt hatten. In der Nähe des Eingangs stapelte sich ein riesiger Haufen Betten, als hätte jemand sie hastig entfernen wollen, wäre aber mitten in der Arbeit unterbrochen worden. Seltsamerweise wirkten diese Betten ausnahmslos ziemlich klein – es war vollkommen undenkbar, dass jemand von Cals Größe hineingepasst hätte, von Erwachsenen ganz zu schweigen.
    »Kinderbetten?«, fragte er gerade laut, als er etwas an ihnen entdeckte, das er zuerst übersehen hatte. Über den winzigen Bettchen waren kreisförmige Käfige aus brüchigem, rostendem Metall angebracht, von denen ein Großteil noch fest verschlossen schien. Bis auf ein paar Überbleibsel von verrottenden Strohmatratzen deutete nichts darauf hin, was man ursprünglich in diesen Käfigen

Weitere Kostenlose Bücher