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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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an.
    »Wie meinst du das? Wohin?«
    »Du hast uns in diese Situation gebracht, jetzt kannst du uns verdammt noch mal auch da raushelfen«, fauchte sie.
    »Wobei?«
    »Wir gehen zum Lager zurück.«
    Will musterte sie stirnrunzelnd und verstand nicht, was sie meinte.
    »Du und ich, wir werden zum Lager zurückkehren«, wiederholte sie und betonte dabei jedes einzelne Wort. »Verstanden? Um Ausrüstung und Vorräte zu holen.«
    »Aber ich kann nicht den ganzen Weg dorthin zurückgehen. Ich kann einfach nicht mehr«, sagte Will flehentlich. »Ich bin total erledigt … Ich brauch eine Pause … was zu essen …«
    »Pech.«
    »Warum gehen wir nicht einfach zum nächsten Lager? Drake hat mir erzählt …«
    Elliott schüttelte den Kopf. »Das ist zu weit weg.«
    »Ich …«
    »Steh auf.« Sie warf ihm ihr zweites Zielfernrohr zu, und Will kam langsam auf die Beine, wohl wissend, dass sie von ihrem Plan nicht abrücken würde.
    Er warf Chester noch einen hilflosen Blick zu und folgte Elliott dann durch das dichte Gestrüpp zurück zum Damm.
    Will hatte das Gefühl, in den Fängen eines schrecklichen Albtraums zu stecken. Er war so erschöpft, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte, und eine erneute Überquerung des Damms war das Letzte, was er nun gebrauchen konnte. Nicht in einer Million Jahren hätte er gedacht, das Riff noch mal überwinden zu müssen, jedenfalls nicht so schnell. Aber wenigstens wusste er diesmal, was auf ihn zukam.
    Das schäumende Wasser spülte um Elliotts und Wills Knöchel und spritzte ihnen die Beine hinauf. Als sie das gedämpfte Licht ihrer Lampen auf den Bereich vor ihren Füßen richteten, wirkten die beiden einsamen Gestalten in der riesigen Wasserwüste regelrecht verloren.
    Nachdem sie das andere Ufer erreicht hatten, war Will zu keinem klaren Gedanken mehr fähig: Vor Erschöpfung wie betäubt, trottete er mechanisch hinter Elliott her, Schritt für Schritt über den Strand bis zum Rand des Dschungels.
    »Warte hier«, befahl sie, leuchtete mit ihrer Lampe auf den Wurzelbereich der Pflanzen um sie herum und begann, den Boden mit den Schuhen aufzuscharren. Offenbar suchte sie etwas in dem verfärbten Sand, der die holzigen, knorrigen Wurzeln der Sukkulenten umgab.
    »Wo ist sie nur?«, murmelte sie leise und schob sich tiefer ins Unterholz. »Ah!«, rief sie plötzlich und bückte sich zu einer kleinen rosettenartigen Pflanze hinab, die sich zwischen zwei riesigen Wurzelsträngen am Fuß eines hohen Baums eingenistet hatte. Dann zückte Elliott ihr Messer und stutzte das graue Blattwerk, bis von der Pflanze nur noch das struppige Herz übrig blieb. Doch auch jetzt hielt sie nicht inne, sondern arbeitete mit ihrem Messer eine Art Nuss heraus, die sie sorgfältig schälte, bis sämtliche Bereiche der holzigen Hülle entfernt waren. Anschließend schnitt sie den Kern, der etwa die Größe einer Mandel besaß, in feine Streifen, roch kurz daran und bot sie Will auf der ausgestreckten Hand an.
    »Kau das«, sagte sie und nahm ein Stückchen Kernfleisch, das an der Klinge kleben geblieben war, mit den Lippen vom Messer. »Aber nicht schlucken! Nur langsam kauen.«
    Will nickte skeptisch und zermalmte einen fasrigen Streifen zwischen seinen Schneidezähnen. Die nussartige Substanz gab einen stark säuerlichen Geschmack frei, der ihn das Gesicht verziehen ließ.
    Elliott beobachtete ihn, nahm einen weiteren Splitter Kernfleisch und schob ihn sich mit einem dreckigen Finger in den Mund.
    »Schmeckt widerlich«, sagte Will.
    »Lass es einen Moment wirken – du wirst schon sehen.«
    Sie hatte recht: Während Will kaute, breitete sich eine wunderbare Kühle in seinen müden Gliedern aus – ein sehr angenehmes Gefühl inmitten der gnadenlosen Schwüle des Dschungels –, gefolgt von einem plötzlichen Energieschub, der die bleierne Schwere in seinen Armen und Beinen fortfegte. Will fühlte sich schlagartig erfrischt, kräftig … und zu allem bereit.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte er und straffte die Schultern, als seine Wissbegierde mit Macht zurückkehrte. »Koffein?« Er hatte nur ein einziges Mal etwas Ähnliches empfunden – als Rebecca vor Jahren einmal Bohnenkaffee aufgebrüht und er eine Tasse gekostet hatte. Der kurzfristige Energieschub hatte ihn ganz zappelig gemacht, und der Nachgeschmack, den der Kaffee in seinem Mund hinterließ, hatte ihm überhaupt nicht gefallen.
    »Koffein?«, wiederholte er.
    »Etwas Ähnliches«, erwiderte Elliott mit einem unbekümmerten Lächeln.

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