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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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langsam, aber sicher aufgedeckt, als würde man die Blätter einer Blüte nacheinander abzupfen, um das Blüteninnere freizulegen.
    Sarah fragte sich gerade, wie sie Mrs Burrows’ Fragen abschmettern konnte, als ihr Blick auf eine Traube von Luftballons fiel, die jemand an die Wand gemalt hatte. Etwas blaue Farbe vom Himmel war über die Ballons verschmiert und ließ die leuchtenden Farben darunter matt erscheinen. Sarah holte kurz Luft, räusperte sich und sagte dann: »Ich muss Ihnen noch ein paar Fragen stellen, Celia.« Sie hüstelte, um ihr Unbehagen zu kaschieren. »Und ich finde, Sie werden jetzt doch ein wenig zu persönlich …«
    »Ein wenig zu persönlich?« Mrs Burrows lachte trocken. »Meinen Sie nicht, dass Ihre dämlichen Fragen ein wenig zu persönlich wären?«
    »Ich brauche …«
    »Sie haben ein sehr charakteristisches Gesicht, Kate, sosehr Sie es auch zu verbergen versuchen. Und wenn ich es genau bedenke, haben Sie sogar ein ziemlich vertrautes Gesicht. Wo könnte ich Sie schon mal gesehen haben?« Mrs Burrows runzelte die Stirn und neigte den Kopf, als versuchte sie, sich zu erinnern. Das Ganze wirkte mehr als nur ein wenig aufgesetzt – sie genoss ihr kleines Spielchen regelrecht.
    »Das tut nun wirklich nichts zur Sache und ich …«
    »Wer bist du, Kate?«, fiel Mrs Burrows ihr scharf ins Wort. »Auf jeden Fall niemand vom Sozialamt. Die Typen kenne ich genau und du bist keine von ihnen. Also: Wer bist du nun wirklich?«
    »Ich glaube, es reicht für heute. Vielleicht sollte ich besser gehen.« Sarah hatte sich entschlossen, das Gespräch abzubrechen, und sammelte ihre Papiere, die sie rasch in den Ordner steckte. Dann stand sie eilig auf und nahm ihren Mantel von der Stuhllehne, um zu gehen, doch Mrs Burrows sprang mit erstaunlicher Schnelligkeit auf, platzierte sich vor die Tür und versperrte Sarah damit den Weg.
    »Nicht so hastig!«, rief Mrs Burrows. »Erst habe ich dir noch ein paar Fragen zu stellen.«
    »Mir wird klar, dass es ein Fehler war, Sie hier aufzusuchen, Mrs Burrows«, erklärte Sarah entschlossen, während sie sich den Mantel über den Arm legte. Sie ging einen Schritt auf Mrs Burrows zu, die jedoch keinen Millimeter zurückwich, sodass sich die beiden Frauen wie zwei Boxer Nase an Nase gegenüberstanden. Sarah war es langsam leid, so zu tun, als wäre sie jemand anderes, und außerdem schien Mrs Burrows wirklich nicht zu wissen, wo Will sich befand. Und falls sie es doch wusste, würde sie es ihr garantiert nicht verraten.
    »Wir können dieses Gespräch ein anderes Mal fortsetzen«, erklärte Sarah, schenkte Mrs Burrows ein säuerliches Lächeln und ging einen Schritt zur Seite, als versuchte sie, sich zwischen Mrs Burrows und der Wand durchzuquetschen.
    »Kommt nicht infrage. Du bleibst schön, wo du bist«, befahl Mrs Burrows. »Du musst mich wohl für ziemlich dämlich halten. Du tauchst hier einfach auf, in diesen billigen Klamotten und mit dieser miserablen Maskerade, und erwartest, dass ich dir das abkaufe?« Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und funkelten Sarah böse und selbstzufrieden an – sie hatte sie durchschaut!
    »Hast du wirklich geglaubt, ich würde nicht herausfinden, wer du bist? Du hast Wills Gesicht und das kann weder eine Haarfarbe noch irgendeine billige Schmierenkomödie kaschieren …« Sie schlug mit dem Handrücken gegen den Ordner in Sarahs Arm und nickte dann vielsagend. »Du bist seine Mutter, hab ich recht?«
    Diese Frage war das Letzte, was Sarah erwartet hatte. Die Frau jagte ihr durch ihre messerscharfe Beobachtungsgabe einen gehörigen Schrecken ein. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, entgegnete Sarah so gelassen wie möglich.
    »Wills leibliche Mutter.«
    »Das ist absurd. Ich …«
    »Aus welchem dunklen Loch bist du hervorgekrochen?«, höhnte Mrs Burrows.
    Sarah schüttelte den Kopf.
    »Wieso hast du dir so lange Zeit gelassen? Und warum tauchst du ausgerechnet jetzt wieder auf?«, hakte Mrs Burrows unbeirrt nach.
    Sarah schwieg und starrte die Frau mit dem geröteten Gesicht wütend an.
    »Du hast dein Kind im Stich gelassen … es zur Adoption freigegeben … Woher nimmst du das Recht, jetzt hierherzukommen und herumzuschnüffeln?«, fragte Mrs Burrows.
    Sarah schnaubte verächtlich. Sie konnte diese schlaffe, träge Frau jederzeit mühelos aus dem Weg räumen, entschied sich aber noch dagegen. Schweigend standen sie einander gegenüber – Wills Adoptivmutter und seine leibliche Mutter, die durch ihn unausweichlich

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