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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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gefärbter Stimme. »Mein Gehirn und das Zentralnervensystem wurden in Nährlösungen herangezüchtet. Im Alter von einem Jahr versah man mich mit mehreren neuronalen Steuereinheiten, die jeweils einen Teil der Zerebralleistung zu beeinflussen begannen. Diese Sektoren wurden mit verschiedenen Bewusstseinsinhalten aufgefüllt.« Ein raue Stimme fuhr
übergangslos fort: »Ich bin sieben Wesen. Ich bin mehrere Geschöpfe, die sich einen Körper teilen und gelernt haben, miteinander auszukommen.«
    Die Denksäcke riefen wild durcheinander. Zwei von ihnen flüchteten gar aus dem Raum, panisch, weil sie die Rahmenbedingungen, unter denen die Xeniathen entstanden waren, nicht akzeptieren wollten. Kix hatte mit diesen Reaktionen gerechnet. Die moralische Scheinheiligkeit trieb auf manchen Welten mitunter bunte Blüten. Zwar konnte man sich auf nahezu allen Welten des Kahlsacks im Schleich mechanische Aufrüstungen beschaffen und die Gedächtnisleistung durch operative neuronale Behandlungen verstärken. Doch die Öffentlichkeit wollte davon nichts wissen. Man redete nicht darüber, weil Aufrüstungen verboten waren, und weil sie verboten waren, gab es sie nicht. So die Lesart vieler Regierungen. Auch solcher, die Denksäcke heutzutage wie selbstverständlich nutzten und gar nicht mehr daran dachten, wie sehr die Grenzen zwischen künstlichem und wahrem Leben verschwammen.
    »In Sorollo existieren sieben verschiedene Wesen, sogenannte Sparten «, rief Kix über die Menge aufgeregt hüpfender Denksäcke hinweg. »Zwei Humanes, ein Chazide, ein Gelber Bonomot, eine Debüntin in der Wechselphase, eine Lystein-Insekte und ein Geschöpf, das nach einem Zufallsprinzip ausgewählt wurde. Die Xeniathin Sorollo besteht darauf, dass die Anonymität dieser Sparte gewahrt bleibt, und ich gewähre ihr den Wunsch.« Mit einem der Nasenarme tastete Kix nach der Schulter der Humanes. Sie war hager; er fühlte nur wenig Fleisch auf den Knochen. »Das Verfahren der Gehirnfraktionierung war relativ simpel; als viel schwieriger erwies es sich, Homogenität und Körperkontrolle sicherzustellen.«

    Allmählich legte sich der Wirbel, die Versammelten kehrten an ihre Plätze zurück und wechselten die Farbe ihrer Parinx-Tücher zu einem neutralen Gelb. Auch die beiden Geflüchteten würden bald zurückkehren, begleitet von ihren Fünkchen, die sie psychologisch auf die Situation im Versammlungssaal einstellen würden.
    »Ofenau trägt sechs Sparten in sich und ist deshalb geringfügig schwächer. Bei beiden Xeniathen sind gewisse Koordinationsprobleme vorhanden, die bei späteren Generationen ausgemerzt werden sollen. Ich vermute, dass das Maximum an Gehirnsparten, die wir in einen Körper packen können, bei elf liegt.«
    »Das Gehirn wurde also in mehrere selbstständig denkfähige Neuronalnetze zerteilt«, sagte Fumt Op mit lauerndem Interesse, »und diese … Sparten wurden in einen Homunkulus eingesetzt.«
    »Nicht nur«, antwortete Sorollo an Kix’ Stelle. Sie hatte neuerlich ihre Persönlichkeit geändert. »Ich trage alle Bausteine des Lebens von sieben verschiedenen Geschöpfen in mir. Erbsubstanzen und DNS der Humanes, der Lystein-Insekte oder jedes anderen Spartenwesens sind jederzeit abrufbar.«
    »Das bedeutet?«, fragte Look.
    »Wir wissen es noch nicht genau«, sagte Kix bedauernd. »Mag sein, dass Sorollo ihren inneren Aufbau oder das äußere Erscheinungsbild willentlich ändern kann, zumindest in einem bestimmten Rahmen. Vielleicht kann sie Insektenlarven ausbrüten, aber auch einen Säuger oder einen Silikoiden.«
    »Das ist … faszinierend«, gab Look zu. »Aber ich verstehe den Zusammenhang mit unserem Problem, mit den Kitar, nicht.«

    »Sorollo und Ofenau haben eine unglaublich anmutende Empathie entwickelt. Sie erkennen die Bedürfnisse fremder Wesen so rasch und so punktgenau, dass es wie Zauberei erscheint. Wenn es jemand schafft, die Motivation der Kitar zu ergründen, dann sind es meine beiden Xeniathen. Und dann …«
    »Ja?« Mehrere Denksäcke beugten sich vor. Ihre künstlichen Augenschleifen richteten sich interessiert auf Kix’ Geschöpfe.
    Der Sekretär signalisierte Ofenau, seine Macht und Möglichkeiten unter Beweis zu stellen.
    Der Mann begann mit betörender Stimme zu singen. Er erzählte eine Geschichte von Verlangen, von Sehnsucht und von Liebe. Binnen kurzem hatte er die dreißig Vertreter ARMIDORNs in seinen Bann gezogen. Mit der Rechten entwarf er indes das schematische Theorem für das

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