Turils Reise
seinen Weibern aus dem Stock des Vaters transportiert und weit in der Ferne abgesetzt worden war, um dort seine eigene Familie zu gründen. Lange verschüttet gewesene Instinkte wurden wach, genetisch verankerte Erinnerungen, die auch im innersten Kern der familiären Dungkugel vorhanden sein mussten.
Dreidreiblau genoss es. Trotz der widrigen Umstände,
trotz des Wissens um den Wahnsinn seiner Mission. Das Plateau unter ihm wurde von einer zerklüfteten Landschaft zu einem irritierenden Einerlei, das sich wie ein einziger Körper mit Millionen Beinen und Armen präsentierte. Nur die Dungkugel stach aus der sich bewegenden Fläche hervor. Das innere Leuchten, das auf jahrtausendealte Zersetzungs-und Verbrennungsvorgänge zurückging, ließ das Heiligste von hier oben noch beeindruckender erscheinen.
»Dreht mich!«, befahl Dreidreiblau. Die Jungweiber gehorchten widerspruchslos, auch wenn einige von ihnen bereits unter der schweren Last seines Körpers ächzten.
In allen Himmelsrichtungen brannte es. Hunderte Schiffe ihrer schrecklichen Gegner hingen über dem Land. Manche ließen die Nano-Bänder über den einstmals so fruchtbaren Boden schleifen, um Feuer und Sturm und Asche zurückzulassen. Andere setzten Kitar ab, die ausschwärmten und versprengten Mitgliedern der Familien nachjagten.
Niemand kümmerte sich um Dreidreiblau und seine Jungweiber; warum auch? Ein Schiff der Gegner stand über dem Heiligsten. Das Vertrauen der Kitar in ihre Kampfkraft und ihre unbändige Wut war so groß, dass sie niemals glaubten, von den Axtaras besiegt werden zu können - auch wenn ein Einziger von ihnen einer Familie mit 13 000 Mitgliedern gegenübertrat.
Unter ihm schwebten neun seiner Söhne, sie strebten ebenfalls nach oben, gehalten von ächzenden, fluchenden und stöhnenden Jungweibern. Einer der Söhne war gemeinsam mit seinen Trägerinnen abgestürzt. In Panik geraten, hatte er sich von ihnen freistrampeln wollen und dabei mehrere von ihnen tödlich verletzt. Die Toten bildeten nun winzige Lücken inmitten des bewegten Leiberteppichs der Familie.
Der grelle Lichterschein der Schiffsluke kam immer näher. Die Jungweiber spornten sich gegenseitig an, sangen heroische Gebärlieder oder erzählten sich schmutzige Zoten, die sonst nur in den Weiberhäusern zu hören waren. Schon konnte Dreidreiblau das Metall des Schiffs riechen. Man mochte es glauben oder nicht - der letzte Kitar hatte auf jegliche Schutzmaßnahme verzichtet. Es gab kein Energiefeld, das ihnen den Zutritt zum Raumer versperrte, keine Bewegungsmelder, die einen Alarm auslösten und Abwehrmaßnahmen initiierten.
Dreidreiblau sah die winzigen Schadspuren interstellaren Flugs. Zahllose Mikro-Einschläge in der Wandung, ein längerer Kratzer da, die Schmauchspur eines Strahlschusses dort. Die Unterseite des Schiffs wirkte erdrückend groß; sie beherrschte nun fast sein gesamtes Gesichtsfeld. Das grelle Licht ließ ihn nur noch Schemen erkennen. Er fühlte dieses seltsame Grummeln entlang der Wirbel, das mit Furcht gleichzusetzen war.
»Weiter! Ihr schafft es!«, feuerte Dreidreiblau seine Trägerinnen an.
Die Jungweiber vollbrachten eine letzte, verzweifelte Anstrengung, begleitet von lautem Geächze und Gestöhne. Dann schwebten sie durch die lichtgetränkte Luke, mit nur noch geringer Geschwindigkeit. Sie plumpsten gemeinsam auf den kalten Boden, der sich nach allen Seiten ins Endlose zu erstrecken schien. Der Clan-Primus zog die erschöpften Weiber mit sich, tiefer in den Raum, um Platz zu machen für die nachdrängenden Söhne, die einer nach dem anderen durch das Loch getragen wurden. Zwei der Trägerinnen starben an Ort und Stelle, weitere drei krümmten die Leiber zusammen; das übliche Anzeichen für ein nahendes Herzversagen.
Sieben Söhne, zählte Dreidreiblau nach kurzer Zeit der Erholung, hatten es gleich ihm geschafft. Kräftige, junge Burschen, in deren Zeugungssäcken große Mengen an Spermien vor sich hin köchelten. Einer von ihnen hätte es möglicherweise geschafft, sein Nachfolger zu werden. Doch der Gedanke an eine glückliche Zukunft mit Revierund Buhlkämpfen erschien ihm nun anmaßend. Sie hatten sich eine Aufgabe gestellt, die lediglich von Hoffnung getragen wurde.
»Die Kitar sind Idioten, Herr/Vater«, sagte einer seiner Söhne. »Wie kann man nur so unvorsichtig sein?«
»Das soll uns nicht kümmern, Sohn/Eigentum. Seht euch rasch um. Wir müssen die Struktur des Schiffs so rasch wie möglich durchschauen. Sucht nach
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