Turils Reise
Krümelchen seiner Spermablase und zerrieb es zwischen ihren Empfangsflügeln. Sie war zu alt, um noch aufnehmen zu können. Doch schon das Gefühl, nach wie vor vom Stammeschef als Geschlechtspartnerin in Erwägung gezogen zu werden, gab ihr neuen Mut und stachelte sie zu weiteren Höchstleistungen an.
Die jungen Tagweiber an der Spitze des Zuges erreichten soeben die Heiligste Dungkugel. Dreidreiblau hörte ihr jubilierendes Mandibelknacken. Ihre Euphorie wurde von den anderen Mitgliedern weitergetragen, bis ans Ende der schier endlosen Karawane.
»Wir schaffen es!«, schrie der Clan-Primus und klatschte aufmunternd mit vierzig seiner Paarhände. »Wir werden unseren genetischen Abdruck in der Dungkugel hinterlassen, bevor wir sterben. Die Samenschiffe, die im Orbit warten, werden das Heiligste aufnehmen. Sobald wir unsere
Arbeit erledigt haben, verschwinden sie von hier, begleitet und beschützt von den stärksten Kampfeinheiten unserer Familienflotte. Sie werden unsere Nachzucht auf einen anderen, lebenswerten Planeten verpflanzen. Eilt euch, Weiber, Töchter und Söhne, eilt euch!«
Millionenfach war das Getrippel von Beinpaaren über Fels und Kies zu hören, die ausgetretenen Wege den Berg hinan, dem nahen Ziel entgegen. Dreidreiblau spürte wachsende Zufriedenheit, ja, fast Euphorie. Die aufopfernden Taten seines Familienclans würden in die Geschichtsschreibung des Volkes eingehen. Auf einer anderen Welt, zu einer anderen Zeit, würde man ihnen eine neue Dungkugel widmen.
Ein Etwas versperrte die Sicht auf die Sterne des Kahlsacks. Ein Kitar-Schiff, grässlich monoton geformt, hatte sich über sie geschoben, schwebte nur wenige hundert Meter oberhalb des Plateaus. Aus einer rechteckigen Luke im Bauch des Schiffes fiel Licht, so grell, dass es schmerzte. Ein Schatten trat in den Schein, verharrte dort für einen Augenblick, bevor er sich herabfallen ließ, auf die Dungkugel zu. Der Kitar-Krieger strahlte Verachtung und Hass aus; alles an ihm war grässliche Emotion. Er würde kämpfen, bis zum Tode.
Ein einziger Kitar stand ihnen gegenüber! Sie wussten nicht allzu viel über die Kampftaktik ihrer Gegner, nur eines: Wären mehr von ihnen an Bord des Schiffs gewesen, wären sie gemeinsam mit ihrem Kameraden herabgekommen, um im Nahkampf ihr Schicksal zu suchen. Die Kitar fanden unbändige Freude an der Schlacht. Nur so konnten sie den Druck, der sich in ihnen aufstaute, abbauen.
»Haltet ihn auf!«, schrie Dreidreiblau, so laut er konnte nach oben, zur Spitze des Familienzugs. »Verteidigt das
Heiligste mit eurem Leben. Der Kitar ist alleine; er darf die Dungkugel unter keinen Umständen entweihen!«
Er ließ die Lautpeitsche auf die Alt-und Jungweiber niederknallen, scherte sich nicht mehr um jene, die liegen blieben und verendeten. Der Verlust von einigen wenigen besaß keinerlei Bedeutung angesichts der elementaren Bedrohung, der der Genpool der Familie ausgesetzt war.
Dreidreiblau krabbelte ungerührt über mehrere seiner zu Tode erschöpften Kinder hinweg. Geschickt glitt er über das breite Schlickfeld, das letzte Hindernis vor dem Gipfel zum Heiligtum. Er rempelte sich hoch, bahnte sich seinen Weg, bis er die Kante des Plateaus erreicht hatte.
Da war die Dungkugel, unmittelbar neben dem Sammelhospiz, in dem die Kranken und Siechen seit unzähligen Generationen ihre letzten Tage verlebten. Beide Gebilde wurden von mehr als fünfhundert Jungweibern umringt und mit ihren Leibern beschützt. Unweit davon hatte sich ein Knäuel gebildet, in dessen Zentrum Dreidreiblau den Kitar wusste. Sein Leib, fast dreimal so groß wie der eines Axtaras, war von kräftigen Söhnen überlagert. Sie hatten sich in seinen Leib verbissen, sonderten literweise Backengift ab, wollten ihn zu Boden reißen. Der Gegner blieb ungerührt. Mit einer Kontaktwaffe, an deren Spitze eine Kugel hing, die blassblaue Blitze emittierte, hieb er um sich. Rhythmisch, ohne Unterbrechung, ohne auf die Wunden an seinem Körper zu achten. Chitinknoten zerbröselten, Füße brachen, Schädel platzten. Der Blutzoll, den die Familie zu entrichten hatte, war ungeheuerlich. Nur um diesen einen schrecklichen Gegner zu Boden zu ringen.
Der Kitar sagte kein Wort. Auch nicht, als er endlich fiel und sich zwei von Dreidreiblaus hoffnungsvollsten Söhnen in seiner Gurgel verbissen. Das Kampfzischen und das Chitinknacken
übertönten die letzten pfeifenden Atemgeräusche des Kitar. Er starb so stumm wie er gekämpft hatte. Ein paar letzte Zuckungen,
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