Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
wärt die Einzigen, die meine Pläne durchkreuzen könnten. Ihr, euer verschollener Bruder … und dieser kleine unbekannte Faktor.«
    »Was für ein unbekannter Faktor?« Kix Kosandrai richtete sich so weit auf, wie es ihm möglich war. Er war stets der Neugierigste der Savoir-Vierlinge gewesen.

    »Vergiss es«, sagte Kix Karambui und versenkte seine Geschwister wieder in ihren Lagerschüsseln, um dann leise im Selbstgespräch fortzufahren: »Es macht mich verrückt, dass noch immer nicht alle Faktoren dieses Spiels berechenbar sind. Wenn ich nur wüsste, wer oder was der Unbekannte ist …«
    Er sehnte sich nach seinem älteren Bruder.

14 - TÖTUNGSAKTE
    Turil war wie betäubt. Die Begriffe »Queresma« und »Sechsen« sagten ihm nichts, gar nichts.
    Er hatte gehofft, Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Er hatte wissen wollen, warum er auf die Kitar so heftig reagierte und welche Geheimnisse diese barbarischen Wesen umgab. Nun musste er akzeptieren, dass er erst am Beginn einer weitaus längeren Reise stand. Die … Erlösung würde auf sich warten lassen. Seine Lebenssituation wurde dadurch nicht leichter. Er musste weiterhin lügen, betrügen und sich die Kontrollinstanzen seines Volkes vom Leibe halten, wollte er verhindern, für seine Eigenmächtigkeiten bestraft und von der GELFAR abgezogen zu werden. So sehr er die Schiffssphäre auch verachtete - die Arbeit mit ihr war das weitaus kleinere Übel im Vergleich zum Leben in einem der drei Totenhöfe.
    Turil sammelte sich. Es blieb ihm nicht mehr allzu viel Zeit, wollte er rechtzeitig zu dem mit Karkarkar vereinbarten Treffpunkt gelangen. Hochkonzentriert vermaß er den Kitar, zerlegte seinen Leib Schicht für Schicht, speicherte die Erkenntnisse seiner pathologischen Untersuchungsarbeit im mitgeführten Aufzeichnungsgerät und ließ die körperlichen Überreste auf den Boden des Vorgartens gleiten. Der Kitar hatte mit seinem Tod all seine Schrecken verloren.
    Es begann zu brodeln und zu kochen, das Brackwasser färbte sich schwarzrot, als sich die hiesigen Kleinlebewesen auf das gärende Fleisch stürzten. Für eine Weile sah Turil zu, wie die Reste des Kitar im Bio-Teppich versanken. Er bedauerte es, nur ein Notbesteck mit sich geführt zu haben und nicht den heißgeliebten Satz der Denk-Skalpelle, die mit Hilfe einer mechanischen Untersetzung betrieben wurden und wesentlich bessere Untersuchungsresultate geliefert hätten. Seine Ergebnisse mussten mangelhaft bleiben. Turil hätte den Leichnam liebend gern zur GELFAR mitgenommen. Doch Licht und Schatten hätten ihn dann gewiss wegen seines unerlaubten Ausflugs in die Kavernen von Atarakt zur Rechenschaft gezogen.
    Er verließ das Haus auf demselben Weg, den er gekommen war. Auf dem Platz davor ruhten Dirdar und seine Kinder nach wie vor in todesähnlichem Schlaf. Turil betrachtete die armseligen Geschöpfe, und einmal mehr verfluchte er dieses Gefühl in seinem Kopf, das man gemeinhin »Gewissen« nannte. Für dieses eine Mal bedauerte er es, nicht so zu sein wie andere Thanatologen. Er hätte die oroptikische Familie töten müssen - doch er brachte es nicht übers Herz. Nicht so. Nicht ohne Grund.
    Oder war er bloß zu feige?
    Turil weckte den verkümmerten Oroptiker und fragte ihn: »Wurde mein Eindringen in die Kavernen aufgezeichnet?«
    Dirdar war augenblicklich bei der Sache. »Selbstverständlich. Aber was ist mit dir geschehen? Du siehst schrecklich aus! Wie geht es dem Kitar …?«
    »Das geht dich nichts an! Konzentrier dich auf mich und beantworte meine Fragen.«
    »Ja, Herr.«

    »Wo werden die Aufzeichnungen aufbewahrt?«
    »In meiner Zentrale.«
    »Und wo sonst noch?«
    »Es gibt ein Backup-System in Lager Dreidreivier.«
    »Werden die Daten bei einem Alarm, wie ich ihn ausgelöst habe, automatisch an eine übergeordnete Instanz weitergeleitet?«
    »Ja.«
    »Wie lange wird es dauern, bis Verstärkung eintrifft?« Er hätte diese Frage schon viel früher stellen müssen; doch eigentlich kümmerte es ihn nicht, ob Kix Karambui von seiner Anwesenheit erfuhr. Die Thanatologen galten als unangreifbar. Selbst wenn er ganz Faurum zerstörte - es würde niemals öffentliches Aufsehen darum gemacht werden. Zu wichtig waren sie für das Gefüge des Kahlsacks, zu mächtig waren sie aufgrund ihrer Verbindungen zu den höchsten Gremien auf fast allen bewohnten Planeten.
    »Es wird keine Verstärkung geben«, sagte Dirdar mit einem kaum hörbaren Aneinanderreiben seiner Lamellen. »Ich arbeite autark.

Weitere Kostenlose Bücher