Turm der Hexer
anscheinend endlosen Verhandlungen über den Verlobungsvertrag endlich abgeschlossen waren, traf er aus Val Alorn ein. Begleitet wurde er von einem Gefolge aus zwei Dutzend grimmigen Kriegern, die in Bärenfelle gekleidet waren.
»Bärenkultisten«, bemerkte Barak mürrisch zu Garion und Silk, die mit ihm auf der Mauer der Festung standen und den Hohepriester und sein Gefolge dabei beobachteten, wie sie in strahlendem Sonnenschein die Treppen vom Hafen heraufkletterten.
»Ich habe nichts davon gesagt, daß er Soldaten mitbringen soll«, meinte Garion indigniert.
»Das hat er wohl selbst übernommen«, sagte Silk. »Grodeg ist groß darin, Dinge selbst in die Hand zu nehmen.«
»Ich frage mich, wie es ihm wohl gefallen würde, wenn ich ihn in ein Verlies werfe«, sagte Garion hitzig. »Haben wir eigentlich Verliese?«
»Wir können sicherlich eins improvisieren.« Barak grinste ihn an.
»Irgendeinen schönen, feuchten Keller. Ratten müßtest du allerdings importieren. Die Insel soll angeblich frei davon sein.«
»Du machst dich über mich lustig«, warf Garion seinem Freund errötend vor.
»Du weißt doch, daß ich das nie tun würde, Garion«, antwortete Barak und zupfte an seinem Bart.
»Ich würde mit Belgarath sprechen, ehe ich Grodeg in Eisen legen ließe«, riet Silk. »Die politischen Folgen könnten weiter reichen, als du denkst. Was du auch tust, laß dir von Grodeg nicht die Zustimmung abschwatzen, daß er einige seiner Leute hier lassen darf. Er versucht schon seit zwanzig Jahren, auf der Insel der Stürme Fuß zu fassen. Nicht einmal Brand besaß den Nerv, so weit zu gehen.«
»Brand?«
»Ist das nicht offensichtlich? Ich will nicht behaupten, daß Brand ein Mitglied des Kultes ist, aber seine Sympathien gehen sicherlich in die Richtung.«
Garion war entsetzt und fühlte sich elend. »Was soll ich tun?«
»Versuche nicht, mit diesen Leuten ein politisches Spiel zu treiben«, antwortete Barak. »Grodeg ist hier, um die offizielle Verlobungszeremonie durchzuführen. Belasse es dabei.«
»Aber er wird mit mir reden wollen«, meinte Garion. »Er wird mich dazu überreden wollen, eine Invasion in die südlichen Königreiche anzuführen, damit er die Arendier und Tolnedrer und Nyissaner zu Belar bekehren kann.«
»Wo hast du das gehört?« fragte Silk neugierig.
»Das möchte ich lieber nicht sagen«, erwiderte Garion.
»Weiß Belgarath davon?«
Garion nickte. »Tante Pol hat es ihm gesagt.«
Silk kaute nachdenklich an seinen Fingernägeln. »Stell dich einfach dumm«, meinte er schließlich.
»Wie bitte?«
»Gib vor, nur ein einfacher Bauernlümmel zu sein, der keine Ahnung hat, was vor sich geht. Grodeg wird tun, was er kann, um allein mit dir zu sprechen, damit er dir Zugeständnisse abringen kann. Du mußt einfach nur lächeln und idiotisch nicken, und jedesmal, wenn er einen Vorschlag macht, schickst du nach Belgarath. Laß ihn in dem Glauben, du könntest keine Entscheidung allein treffen.«
»Läßt mich das nicht ziemlich, na ja, dämlich aussehen?«
»Interessiert es dich wirklich, was er denkt?«
»Nein, ich glaube nicht, aber…«
»Es wird ihn wahnsinnig machen«, sagte Barak mit boshaftem Grinsen. »Er wird denken, daß du ein kompletter Idiot bist, eine reife Pflaume, gerade richtig, um sie zu pflücken. Aber er wird begreifen, daß er sich gegen Belgarath stellen muß, um an dich heranzukommen. Er wird sich vor seiner Abreise noch den Bart vor Verzweiflung ausreißen.« Er sah Silk bewundernd an. »So etwas einem Mann wie Grodeg anzutun ist wirklich gemein, weißt du das?«
Silk grinste. »Nicht wahr?«
Die drei grinsten einander an und brachen schließlich in Lachen aus. Die offizielle Verlobungszeremonie fand am folgenden Tag statt. Es hatte ein großes Getue darum gegeben, wer die Halle des Rivanischen Königs zuerst betreten sollte, aber dieses Problem war durch Belgaraths Vorschlag gelöst worden, daß Garion und Ce’Nedra Arm in Arm eintreten sollten. »Schließlich ist das alles Vorbereitung auf eine Hochzeit«, harte er erklärt. »Wir können zumindest mit dem Anschein von Freundschaftlichkeit beginnen.«
Garion war sehr nervös, als sich die Stunde näherte. Seine Prinzessin hatte seit dem Zwischenfall mit dem Amulett geschmollt, und er war fast sicher, daß es Schwierigkeiten geben würde. Aber zu seiner Überraschung strahlte Ce’Nedra, als sie beide allein in einem kleinen Vorzimmer warteten, während die offiziellen Gäste sich im Saal versammelten.
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