Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
Vom Netzwerk:
den Hauptmann von Dourdan anweist, dich in allem zu unterstürzen. Man wird es dir morgen zustellen. Danach steht es dir frei, jederzeit aufzubrechen.«
    Erst als er sich im Vorzimmer mechanisch den Gürtel über dem Samtwams zurechtrückte und sich die Stirn trocknete, bemerkte Philippe, dass er vergessen hatte, dem König Jeannes Börse zu geben.
    Mahaut fiel sie auf der Stelle ins Auge, als sie ihm wenig später begegnete. Der
Salle des gardes
war wie immer ein quirliger Marktplatz der Gerüchte und Intrigen, unter Jochbogen- und Spitzbogengewölben. Mit ausgestrecktem Finger deutete Mahaut auf Philippes Leibesmitte.
    »Gebt das Ding einem Lombarden zum Pfand und bewaffnet mit dem Erlös die burgundischen Krieger, die Euer Bruder für die Fortsetzung des flandrischen Abenteuers von Burgund fordert.«
    »Es ist mir neu, dass Ihr Louis’ Kriegsplänen dermaßen gewogen seid, Mutter. Sagtet Ihr nicht, der flandrische Feldzug sei in Euren Augen ein sinnloses Abenteuer?«
    »Inzwischen ist mir alles recht, was den Zänker von Paris und aus der Nähe des Königs fernhält. Er sät Zwietracht. Er hetzt ihn gegen meinen Sohn und gegen meinen Adel auf. Als wäre es nicht schon genug, dass der König meine Töchter verbannt hat. Weiß der Himmel, wie es den armen Dingern geht. Wisst Ihr Neues von Jeanne und Blanche?«
    »Nichts, Mutter«, log er, die Mahnung befolgend, die sein Vater ihm erteilt hatte.
    Da Mahaut die Fähigkeit besaß, auf Befehl in Tränen ausbrechen zu können, zögerte sie keinen Augenblick, ihr mütterliches Elend in aller Öffentlichkeit zu demonstrieren. Schon drehte man sich nach ihnen um.
    »Die Ärmsten«, schluchzte sie betont dramatisch. »Seit Monaten bin ich nun ohne jede Nachricht von ihnen. Meine armen Lämmchen. Vielleicht sind sie schon gar nicht mehr am Leben.«
    Peinlich berührt von dieser Szene, lotste Philippe sie in eine stille Nische, wo Tränen und Heulen mangels Publikum auf der Stelle versiegten.
    »Was gibt es?«, fragte sie stattdessen scharf.
    »Euren Töchtern könnt Ihr im Moment nicht helfen, aber Eurem Sohn. Er erregt das Missfallen meines Vaters. Ihr kennt das Netz der königlichen Spitzel. Achtet darauf, dass Robert seine aufrührerischen Edelleute im Zaum hält. Der König ist verstimmt über die Nachrichten, die ihn aus der Pfalzgrafschaft erreichen. Es heißt, Euer Adel weigere sich, die Steuern zu erbringen.«
    »Das ist auch anderswo so«, winkte Mahaut unbeeindruckt ab. »In der Champagne, im Vermandois. Alle jagen sie die Steuereintreiber zum Teufel.«
    »Aber Ihr habt einen Feind, der nicht müde wird, zu unterstellen, dass Ihr mit den rebellischen Edelleuten gemeinsame Sache macht.«
    »Artois.« Mahaut konnte den Feind auf Anhieb benennen. Ihr rachsüchtiger Neffe war ein ständiger Dorn in ihrem Fleisch. »Es ist jammerschade, dass er nicht zur Hölle gefahren ist beim letzten Flandernfeldzug.«
    »Ihr wisst, dass er um die Freundschaft des Thronfolgers buhlt?«
    »Das bleibt wohl keinem verborgen, der Augen im Kopf hat. Er kriecht um ihn herum wie eine dicke Schnecke in einer Weinpfütze. Seine Schmeicheleien behagen Eurem misslaunigen Bruder sichtlich.«
    Philippe hatte es zur Meisterschaft darin gebracht, spitze Bemerkungen über Louis’ Charakterfehler zu überhören. Es gab keine Möglichkeit, ihn zu ändern, also musste man mit seinen Schwächen leben. Außerdem hatte nicht er das letzte Wort, sondern ihr Vater.
    »Ihr solltet den Unmut des Königs nicht auf die leichte Schulter nehmen«, warnte er Mahaut aus diesem Grunde ausdrücklich.
    »Unser König sollte weniger beten und energischer regieren. Allein im Gespräch mit Gott wird er die Probleme unseres Landes nicht lösen können.«
    Philippe schwieg. Mahaut mochte eine entsetzliche Frau sein, aber sie verfügte über Verstand und Weitblick. Er musste ihr beipflichten.

[home]
Dreizehntes Kapitel
    H at sich Bellas Zustand verschlechtert, dass Ihr sie auf dem Arm tragt?«
    Philippe war in die Kinderstube gekommen. Nach einer Reverenz, die etwas ungeschickt ausfiel, hielt Séverine Philippe das Kind entgegen, das seinen Vater fröhlich glucksend anstrahlte.
    »Es gefällt Eurer Tochter so, Monseigneur«, erwiderte sie und befreite ihre Haare aus Bellas Griff. »Sie ist auch lebhafter und hungriger, wenn sie nicht stundenlang fest gewickelt auf dem Rücken liegen muss. Ihre Entwicklung macht erfreuliche Fortschritte.«
    Bella bestätigte diese Aussage mit vergnügtem Quietschen. Wenige Tage mit

Weitere Kostenlose Bücher