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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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wieder mit dem Besen hinter ihm her.
    »Das ist doch unmöglich!« rief Grundy. »Du siehst keinen Tag älter aus als hundert Jahre!«
    »Dieser Körper ist nur sechzig Jahre alt«, sagte die Vettel und schwang dabei den Besen. »Den habe ich vor vierzig Jahren von dem letzten Mädchen übernommen, das ich in diesem Turm aufgezogen habe.«
    »Genau wie du es mit Rapunzels Körper tun wirst«, sagte Grundy verächtlich, während er dem Besen auswich. »Aber natürlich glaubt niemand so einen Quatsch.«
    »Quatsch?« kreischte sie. »Ich bin eine Zauberin, du Lumpenvogelscheuche!«
    »Soll das heißen, daß du dir nie wirklich was aus Rapunzel gemacht hast, alte Schmierschnalle?«
    Die Vettel war so sehr damit beschäftigt, hinter ihm herzujagen, daß sie überhaupt nicht mehr an das Mädchen dachte. »Natürlich nicht, Golem! Genauso wenig wie die fünfzig anderen Jungfrauen, die ich davor benutzt habe. Die sind doch alle nur das Futter für meine Unsterblichkeit.«
    Grundy bemerkte, wie Rapunzel sich an die Wand lehnte, als sei sie kurz vor einer Ohnmacht. Sie hatte mehr als genug gehört. »Snorty!« rief er in Monstersprache. »Wenn ich das Licht lösche, bindest du das Haar der Damsell an den Stuhl, bringst sie aus dem Fenster und hilfst ihr beim Hinunterklettern. Ich lenke solange die Seevettel ab.«
    Hinter dem Bett schnaubte Snorty zustimmend. Sodann stieß Grundy mit seiner Waffe nach der Lampe, das Glas zerbarst, die Flamme loderte kurz auf, dann verpuffte sie. Nun lag der Raum im Dunkeln.
    »Meinst du etwa, daß dich das retten wird, Golem?« rief die Vettel und hieb mit dem Besen nach der Stelle, wo Grundy sich soeben befunden hatte.
    »Nein, aber das hier vielleicht«, rief er. Er trat vor und rammte die Hutnadel dorthin, wo er einen ihrer großen Füße vermutete.
    Grundy traf sein Ziel: Die Nadel bohrte sich in ausgemergeltes Fleisch. Die Vettel stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus und sprang zurück. Sie hatte sich nicht ernsthaft verletzt, denn das Leder ihres Stiefels schützte ihren Fuß, doch nun war sie doppelt so wütend wie zuvor.
    Grundy hörte Rapunzel rufen. »Geh mit Snorty«, schrie er sie an. »Mach dich klein und steig auf seinen Rücken; er wird dich sicher nach unten bringen!«
    »Aber du…« Sie zögerte.
    Grundy stieß nach dem Knöchel der Vettel und streifte ihn mit seinem Hieb. »Ich komme nach, sobald du in Sicherheit bist!« Dann sprang er zurück, als er den Besen wieder auf sich zukommen hörte.
    »Du kleines Miststück!« schrie die Hexe. »Wenn ich mit dir fertig bin, bist du nur noch ein Fettfleck an der Wand!« Und der Besen knallte mit solcher Wucht zu Boden, daß der Luftzug ihn beinahe von den Beinen riß.
    »Du kannst mich ja nicht einmal fangen, du großes Miststück!« konterte Grundy.
    »Ach, ich brauche nur ein neues Licht anzuzünden«, sagte die Vettel. Sie tastete sich in Richtung Küche davon, offensichtlich gab es dort eine weitere Lampe.
    »Sind beim Abstieg!« rief Snorty.
    »Los denn!« erwiderte Grundy. »Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch aufhalten kann.«
    Die Vettel kam zurück, eine neue Lampe haltend. Plötzlich durchflutete Licht den Raum. »Wo ist die Damsell?« kreischte sie, als sie plötzlich merkte, was hier geschah.
    »Die ist weg, alter Giftzahn«, teilte Grundy ihr mit. »Endlich ist sie deinen Klauen entronnen.«
    Die Vettel rannte zum Fenster. »Sie steigt an ihrem eigenen Haar herab!« rief sie. »Ich werde es abschneiden!« Sie zückte ein gewaltiges Tranchiermesser, das sie offensichtlich aus der Küche mitgebracht hatte.
    Hoppla! Damit hatte Grundy nicht gerechnet! Ein Hieb mit diesem Messer, und Rapunzel und Snorty würden zusammen unten auf die Felsen stürzen.
    Er rannte vor, doch nun konnte die Vettel ihn erkennen. Sie richtete, die schreckliche Klinge auf ihn. »Komm nur in Reichweite, Golem, dann spieß ich dich gleich durch dein großes Maul auf!«
    Grundy zögerte. Sie bluffte nicht. Wenn sie ihn auslöschte, würde er niemandem mehr viel nutzen. Merkwürdigerweise empfand er inzwischen gar keine Frucht mehr, allenfalls eine vorsichtige Wut; wie konnte er nur die Vettel lange genug ablenken, bis Rapunzel und Snorty am Fuß des Turms angekommen waren?
    Die Vettel griff hinter sich und packte den dicken Haarstrang, der aus dem Fenster hing. Er war fest an den Stuhl geknotet, und der wiederum war zu groß, um durch das Fenster zu passen, es war also eine ausgezeichnete Befestigung. Doch nun legte die Hexe das Messer

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